Andalusisches Feuer
Kerzenlicht. Sarah wählte nach einem kurzen Blick auf die Speisekarte einen Salat. Obwohl ihr Frühstück wegen der morgendlichen Eile ausgefallen war, spürte sie keinen Hunger. Rafaels Erscheinen und der Stress hatten ihn vertrieben. Sie ließ sich von dem Wein einschenken, den der Kellner eben auf Rafaels Anweisung gebracht hatte.
Der Wein war sehr gut, sonst hätte Rafael ihn nicht gewählt. Mild und leicht, kühlte der Weißwein ihre ausgedörrte Kehle. In den letzten fünf Jahren hatte Rafael sich einen exquisiten Geschmack zugelegt. Den Lamborghini, ein elegantes Apartment in bester Lage. Beides vermutlich gemietet, da er sich nur selten in London aufhielt, überlegte sie.
„Ich gehe davon aus, dass wir beide das Wohl der Kinder über unsere eigenen Wünsche stellen“, begann er.
Dies war der Startschuss seiner Attacke, aber sie hatte noch keine Idee, in welche Richtung diese zielen würde. Zumindest war er viel ruhiger und gelassener als gestern. „Das habe ich schon immer so gehalten.“ Sarah war stolz auf ihre trockene Antwort.
„Ich will die Kinder heute Nachmittag kennenlernen, und morgen würde ich sie gerne ausführen.“
Sarahs Zufriedenheit wich einem Gefühl der Bestürzung. Er gab ihr keine Zeit, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass er künftig eine Rolle in ihrem Leben spielen würde. Aber warum auch? Vielleicht musste er London bald verlassen und wollte die verbleibende Zeit möglichst gut nutzen.
„Hast du Einwände?“
„Würden sie etwas ändern?“
„Nein!“ Lässig lehnte er sich zurück und schwenkte das Weinglas elegant in seiner Hand.
Er konnte sich entspannen, schließlich ging die erste Runde an ihn, erkannte sie bitter an. „Wenn du ihnen wehtust, werde ich dir nie verzeihen“, sagte sie gepresst.
„Warum sollte ich?“ „Du kannst nicht in ihr Leben treten und dann einfach wieder verschwinden, wenn es dir passt.“ Ruhig und nachdenklich nahm er einen Schluck Wein. „Das ist nicht meine Absicht.“
Sarah richtete sich auf. „Tut mir leid, aber ich urteile aus meiner Erfahrung mit dir.“
„Was genau meinst du?“
„Als ich nach England fuhr, um meine kranke Mutter zu besuchen, hast du mir ein Ultimatum von achtundvierzig Stunden gestellt, innerhalb derer ich dir nach New York folgen sollte. Ich habe nein gesagt. Damit war alles vorbei, ich sah dich nie wieder.“
„Ich kam nach England zurück und konnte dich nicht finden. Wo warst du?“
Sarah erstarrte, und als der Kellner ihr Glas aufgefüllt hatte, griff sie dankbar danach. Es war einfacher, die Hände ruhig zu halten, wenn sie beschäftigt waren.
„Dann meldete sich dein Anwalt“, fuhr er bitter fort. „Du hattest die Scheidung eingereicht. So viel Vertrauen hattest du zu mir, gatita!“
„Mein Vater hatte in New York einen Detektiv auf dich angesetzt.“
„Das dachte ich mir“, unterbrach er sie. „Vor fünf Jahren hätte ich dir alles erklärt, aber nicht jetzt.“
„Eine Erklärung hätte vermutlich sogar deinen Einfallsreichtum überstrapaziert, Rafael. Wenn du mit einer Frau die Nacht im Hotelzimmer verbringst, ist das ziemlich eindeutig.“
„Und doch hätte es vollkommen harmlos gewesen sein können.“
Sarah nahm einen weiteren Schluck Wein, der ihr neuen Mut verlieh. „Mit dir in der Hauptrolle? Machst du Witze?“ Sie täuschte ziemlich überzeugend Belustigung vor. „Heute kann ich ehrlich zugeben, dass ich nicht wirklich überrascht war. Ich habe dir nie vertraut und immer darauf gewartet, dass du mich betrügen würdest. Besser gesagt, dachte ich damals, es wäre schon längst passiert …“
Er beobachtete sie so konzentriert, dass es sie fast aus der Fassung brachte. „Und doch hast du mit mir nie über diesen Verdacht gesprochen.“ Er griff nach der Flasche und füllte ihr noch halb volles Glas auf. „Ich wusste nichts von deiner Vermutung“, murmelte er.
„Du warst so v…verdammt gefühllos!“ Sie errötete verlegen, als seine Mundwinkel zuckten.
„Das war ich anscheinend tatsächlich“, murmelte er. „Trink noch einen Schluck Wein. Er scheint dir zu schmecken.“
Sie schob lustlos ihren Teller zurück und griff wieder zum Weinglas. Auf einmal bemerkte sie, dass er sie beschwörend ansah. „Keine Frau wurde je so geliebt wie du!“ „Du hast mich geheiratet, um mich ins Bett zu bekommen.“
„Sarah.“ Er streichelte mit einem Finger zart über den Rücken ihrer geballten Faust, kalte Schauer rannen ihren Rücken herab, und in ihrem Körper
Weitere Kostenlose Bücher