Andalusisches Feuer
um ihre eigene Freiheit zu kämpfen.
Nur in einer Hinsicht hatte sie ihrem Mann die Stirn geboten. Er hatte sich ein Baby von ihr gewünscht, doch es war ihr gelungen, jedes Gespräch darüber abzuwenden. Bis ein eher geringfügiger Vorfall die Spannungen, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatten, zur Entladung brachte.
Eines seiner Modelle war immer wieder halb nackt durch die eheliche Wohnung gewandert, wogegen Sarah schon wiederholt protestiert hatte. Eines Tages hatte sich lang unterdrückte Wut die Bahn gebrochen, und Sarah hatte Rafael darüber informiert, dass sie diese Frau nie wieder in ihrer Wohnung sehen wollte. Als Rafael sie unvernünftig nannte, hatte sie gehandelt, ihren Koffer gepackt und mit Abreise gedroht.
„Du gehst nicht zu ihnen zurück!“, fuhr er sie heftig an.
„Das hat nichts mit meinen Eltern zu tun“, flüsterte sie, plötzlich verzweifelt. „Zur Abwechslung geht es hier um niemanden. Nur um … meine Gefühle.“
Aber er verstand sie nicht. Er erkannte nicht, dass sie am Ende ihrer Kräfte war und der Sturm im Wasserglas sich zu einem Hurrikan entwickelt hatte. In jener Nacht nahm er ihr die Antibabypille weg und liebte sie kalt und berechnend, ohne seine übliche Zärtlichkeit.
Sechs Wochen später erkannte sie, dass sie schwanger war. Eine hässliche Szene folgte, in der beide unverzeihliche Dinge sagten. Sarah nahm sich vor, dass er ihr nie wieder seinen Willen aufzwingen würde.
Wenige Wochen später rief ihr Vater an, um von der Krankheit der Mutter zu berichten.
„Was machst du da?“, fragte Rafael, als er aus dem Studio kam und Sarah beim Packen antraf.
„Meiner Mutter geht es nicht gut. Ich nehme den Abendflug.“
„Und davon erfahre ich nichts?“
Sie befürchtete neuen Streit und erbleichte.
„Was fehlt ihr?“
Sarah, die nervös auf das erste Zeichen eines Wutausbruchs wartete, erklärte kleinmütig: „Es könnte ihr Herz sein.“
„Oder ihre Einbildungskraft.“
„Wie kannst du so etwas Bösartiges sagen!“
„Meine Ausstellung in New York beginnt in zehn Tagen“, erinnerte er sie finster. Wir müssen hin …“
„Das weiß ich.“
„Ich will, dass du mit mir kommst.“ Sein Gesicht wurde hart. „Du kannst jetzt nicht nach England fahren. Dein Vater war voreilig. Wenn die Untersuchungsergebnisse vorliegen …“
„Nein“, unterbrach sie ihn fest. „Ich fahre jetzt.“
Seine Wangen röteten sich. „Ich will nicht, dass du fährst. Das sollte dir etwas bedeuten.“
Der Dompteur ließ die Peitsche sprechen, um ihr zu zeigen, wo die Grenzen lagen. Schweigend packte sie weiter, als hätte sie ihn nicht gehört – ihre übliche Verteidigungsstrategie.
Er protestierte mit Verweis auf ihre Schwangerschaft, und schließlich begleitete er sie, was für Sarah zusätzlichen Stress bedeutete. Ihr Mann und ihre Eltern unter einem Dach – das hätte selbst einen Heiligen innerhalb kürzester Zeit in den Wahnsinn getrieben.
Schon nach wenigen Stunden stand Rafaels Diagnose fest. „Sie spielt dir etwas vor. Du kannst mit mir nach New York kommen.“
Außer sich vor Wut über seine mangelnde Sensibilität, weigerte Sarah sich, plante aber, ihm im Lauf der Woche nachzureisen. Als die Abreise näherrückte, erlitt ihre Mutter einen Rückfall. Eine Woche später stellte Rafael seiner Frau ein Ultimatum.
Er schnitt ihre Versuche, am Telefon harmlose Konversation zu machen, rüde ab. „Deine Eltern zerstören unsere Ehe. Du musst jetzt eine Entscheidung treffen. Sie oder ich! Ich werde nicht ewig auf dich warten, ich bin kein Spielzeug, querida.“
„Du bist nicht …“
„Der Narr, für den du mich hältst? Ich bin mit meiner Geduld am Ende. Du hast achtundvierzig Stunden. Falls du dann nicht hier bist, gehe ich davon aus, dass du für immer bei Mama und Papa bleiben willst. Aber wenn du dein Eheversprechen einhältst, war dies der letzte Besuch bei deinen Eltern.“
„So kannst du mir nicht drohen.“
„Das ist ein Versprechen, keine Drohung. Du musst wählen. Ich dulde ihre Einmischung in unser Leben nicht länger. Dein Platz ist an meiner Seite, nicht bei ihnen. Wenn du das nicht akzeptieren kannst, bist du nicht länger meine Frau.“
„Du kannst mich nicht vor solche Alternativen stellen …“
„Nein? Ich denke, ich habe es soeben getan, und ich hätte es früher machen sollen.“
Er hatte das Unmögliche von ihr verlangt, und das zu einem Zeitpunkt, als sie davon ausgehen musste, dass ihre Mutter herzkrank war. Zu oft schon
Weitere Kostenlose Bücher