Andalusisches Feuer
Sarah konnte beobachten, wie zwischen den dreien innige Liebe erblühte. Die Zwillinge waren hingerissen von Rafael, und er unterhielt sie ebenso gut, wie er sie bändigen konnte. Sie selbst war der Außenseiter, das überflüssige fünfte Rad am Wagen.
Ihre Gedanken schweiften zurück zum frühen Nachmittag. Rafael hatte sie nicht geliebt, er hatte lediglich Sex mit ihr gehabt, sie benutzt. Grausam hatte er ihre körperliche Begegnung jeder Bedeutung beraubt und ihre törichten Träume in Stücke geschlagen. Doch über eines war sie sich jetzt wenigstens im Klaren: Er würde nie wieder Gelegenheit dazu bekommen. Sie würde ihm eiskalt entgegentreten, so kalt, dass er Frostbeulen riskierte, sollte er versuchen, das Experiment zu wiederholen.
„Sarah.“ Träge strich er eine lose Haarsträhne hinter ihr Ohr zurück, und ihr Herz begann einen Trommelwirbel, als sie unvermittelt in seine Augen blickte. Ruhig zog er seine Hand zurück. „Wir gehen.“
6. KAPITEL
Zu Hause brachten sie die Kinder gemeinsam zu Bett. Die Zwillinge schliefen praktisch schon, ehe ihre Köpfe die Kissen berührten. Rafael zupfte noch ein paar Mal überflüssigerweise an Bens Bettdecke herum, hob Gillys Teddy vom Boden auf und legte ihn zu ihr ins Bett. Rasch löschte Sarah das Licht. Sie wollte sich nicht von der Zärtlichkeit entwaffnen lassen, die er durchaus zeigen konnte, wenn es ihm gefiel.
„Ich habe so viel verpasst“, murmelte er bedauernd.
„Ja“, stimmte Sarah widerwillig zu.
„Du hast ihnen nicht erzählt, dass ich tot bin. Für diese überraschende Zurückhaltung bin ich dir dankbar. Aber sie wissen überhaupt nichts von mir.“
„Was hast du erwartet? Einen kleinen Schrein im Wohnzimmer?“
Er sah sie durchdringend an. „Du willst sie nicht teilen. Das ist zwar nicht großzügig, aber vermutlich menschlich.“
„Danke für dein Verständnis.“
„Sie sind nicht meine Kinder oder deine, sondern unsere. Wir stehen in keinem Wettbewerb.“ Die Bemerkung war eindeutig als Rüge gemeint, so kühl und schneidend, wie nur Rafael sich ausdrücken konnte. „Beim Abendessen habe nicht ich dich ausgeschlossen, sondern du dich selbst.“
„Du machst es mir nicht leicht.“ Am liebsten hätte sie sich auf den Boden geworfen und aus körperlicher und seelischer Erschöpfung geweint, doch sie ging ihm voran ins Wohnzimmer.
„Heute hast du mir mehr über dich verraten, als ich in zwei Jahren Ehe erfahren habe. Nicht alles war erfreulich, aber es war lehrreich.“
Er verharrte auf der Schwelle, anmutig und energiegeladen, Herrscher über sein Reich. Ein Blick, und sie fühlte sich ganz schwach, weiblich und atemlos, obwohl in den Tagen der Emanzipation keine Frau mehr so wegen eines Mannes empfinden sollte.
Sie holte tief Luft und konzentrierte sich auf ein anderes Thema. „Ich bin bereit, für einige Wochen nach Spanien zu kommen …“
„Das ist nicht genug.“
„Du schlägst vor, dass ich meinen Job, mein Zuhause und meine Wurzeln aufgebe? Das ist entsetzlich selbstsüchtig von dir.“
„Ich will nicht mit dir streiten, Sarah.“ Sein Blick war dunkel und kalt, keine Spur von Wärme lag mehr darin. „Verleite mich nicht dazu, etwas zu tun, was wir beide bedauern würden. Ich will nur das Beste für Ben und Gilly. Weder will ich ihnen die Mutter wegnehmen noch dir die Kinder. Deshalb müssen wir … einen Kompromiss schließen.“
Sie spürte einen schmerzhaften Stich. „Ich mag keine Kompromisse!“
„Und ich habe noch nie einen geschlossen. Aber ich sehe keine Alternative.“
„Du hattest doch noch gar keine Zeit, über alles nachzudenken!“ In ihrer Stimme schwang ein verzweifelter Ton mit.
„Ich wusste es sofort“, widersprach er ihr ganz sanft. „Ich wusste, glaube ich, schon in der ersten Nacht nach unserer Begegnung, was ich tun würde, aber ich kämpfte dagegen an. Bis zum Morgengrauen lag ich wach, erinnerte mich, wie es zwischen uns gewesen war. Wir waren damals beide sehr jung, es verdad? Ich habe zu viel von dir erwartet und zu wenig gegeben. Außerdem …“, er machte eine lässige Geste mit der Hand, aber das Funkeln in seinen Augen verriet seine Gefühle, „bin ich nicht sehr gut darin, jemanden zu lieben, der mich nicht liebt.“
„Oh, um Himmels willen!“ Sarah verlor endgültig die Geduld. „Warum sonst bin ich wohl so lange bei dir geblieben? Was wolltest du? Eine mit Blut geschriebene Liebeserklärung? Frag mich nicht, warum ich so verrückt nach dir war! Als du aus meinem
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