Andalusisches Feuer
„Das ist eine Lüge!“
„Tatsächlich? Ich kann nicht glauben, dass ich der Einzige war, mit dem du so etwas erlebt hast.“
Zum ersten Mal sah sie ihn jetzt offen an. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt, die Wangenpartie versteinert. Nur mit Mühe gelang es ihm, seine Rage zu zügeln.
Sarah blinzelte kurz. Sie verstand den Grund für seinen Zorn nicht. „Was meinst du damit?“ So viel Spannung lag in der Luft, dass Sarah meinte, Funken fliegen zu sehen.
„Ich bin nicht der einzige Mann, mit dem du in den letzten Jahren das Bett geteilt hast. Das … das war offensichtlich … so deutlich, dass es einer Beleidigung gleichkam.“
„Einer Beleidigung?“, wiederholte sie wie ein Papagei.
„Du konntest es kaum erwarten, mir deine neue Hemmungslosigkeit vorzuführen. Ich sollte wissen, dass du andere Liebhaber hattest!“
Der Boden unter ihren Füßen schwankte. Rafael war ein von Natur aus misstrauischer Mensch. Er dachte um die Ecke, interpretierte unentwegt und fand Doppeldeutigkeiten, die nicht existierten. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Vielleicht doch lachen, es war ja wirklich zum Schreien komisch. Er glaubte tatsächlich, sie hätte ihn verlassen, um anderen Männern hinterherzulaufen.
„Wir sind noch … verheiratet“, stammelte sie, „und es gab keine anderen …“
„Du hast mich diesbezüglich schnell eines Besseren belehrt“, entgegnete er. „Was wir vorhin erlebt haben, war nur zufälliger Sex, und das bedeckt keinen von uns mit Ruhm.“
Sarah zitterte. Zufällig? Zufällig? Rafael hatte ihr praktisch die Kleider vom Leib gerissen. Begriffe wie „ungebührliche Hast“ oder „extremer Mangel an Selbstbeherr schung“ wären hier angebracht gewesen. Aber was wusste sie schon von solchen Dingen? Sie hatte keine Vergleichsmöglichkeiten. Während ihrer Ehe hatte Rafael sich nie so verhalten – nur in der Nacht, in der die Zwillinge gegen ihren Willen gezeugt worden waren. Danach hatte er sie nie mehr berührt. Zufällig? Dass Rafael sie aus einem grausamen, lüsternen Impuls heraus genommen hatte, widersprach ihrer Vorstellung von Moral.
„Du Bastard!“ Die Beschimpfung brannte in ihrer Kehle, aber schließlich schmerzte sowieso schon ihr ganzer Körper.
Er hob eine Augenbraue. „Zweifellos wirst du mir jetzt Doppelmoral vorwerfen. Ich schäme mich nicht für mein Verhalten. Aber für dich als Mutter meiner Kinder gelten andere Maßstäbe.“
Rafael war wieder auf dem geistigen Niveau eines Höhlenmenschen angelangt und würde sich nicht dafür entschuldigen. Langsam, aber sicher begann Sarah, vor Wut zu kochen, das Gefühl von Demütigung wurde durch rasenden Zorn verdrängt. Anscheinend hatte er von ihr erwartet, ein Leben auf Sparflamme zu führen, nachdem er sie im Stich gelassen hatte. Wenn sie ihn schon nicht wollte, durften andere Männer sie nicht interessieren?
Rafael zog Frauen an wie Fliegen, worauf er sich nichts einbildete, was ihm aber auch nicht entging. Die Klatschspalten waren voll mit Berichten über seine zahlreichen Eroberungen. Und dieser Mann steht in meinem Wohnzimmer und kocht vor Wut, nur weil er vermutet – nicht mit Sicherheit weiß, nur vermutet –, dass ich Trost in den Armen eines anderen gesucht habe, erkannte Sarah empört. Wie konnte er es nur wagen!
Er durchbohrte sie beinahe mit seinen Blicken. „Künftig wird dein Schlafzimmer nicht mehr so gut besucht sein!“
Sarah dachte nur noch an Rache. Aggressiv fuhr sie ihn an: „Ich würde zu gern wissen, wie du das verhindern willst. Keuschheitsgürtel sind aus der Mode, und ich fürchte, auch ein Embargo würde nicht viel Wirkung haben. Hat dieses Thema tatsächlich etwas mit unseren Kindern zu tun, oder missfällt dir lediglich die Vorstellung, dass ein anderer Erfolg hatte, wo du versagt hast?“
Ihr Hohn traf ihn mitten ins Herz. Er erstarrte und trat einen Schritt zurück, als wolle er eine Verteidigungslinie zwischen sie bringen. Sobald er die Linie überträte, würde er sie umbringen – oder wieder lieben, erkannte sie erregt. Als sich ihre Blicke trafen, wusste sie, dass er ihre Gedanken gelesen hatte, und ihr Mund trocknete schlagartig aus.
„Nein … so leicht wickelst du mich nicht ein.“
„Wer will dich schon einwickeln?“, fauchte Sarah ihn an. Doch schnell beherrschte sie sich wieder und rieb ihre schmerzende Stirn. „Verzeihung“
„Ich will keine Entschuldigung!“
In einer Geste der Frustration warf er die Hände in die Luft, und sie empfand
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