Andalusisches Feuer
mit deutlichem amerikanischen Akzent: „Erlaubt mir, einen Toast auf die junge Braut auszubringen.“
„Sie ist bereits seit sieben Jahren meine Frau“, wies Rafael ihn kalt zurecht. „Sarah, darf ich vorstellen, das ist mein Cousin, Hernando Santovena y Alvarez.“
„ Bienvenido, Sarah“, grüßte Hernando. „Rafael hat mich falsch verstanden. Ich wollte nur andeuten, dass du in den Augen meiner Familie noch eine Braut bist. Wir haben erst letzte Woche von deiner Existenz erfahren. Dein Mann hat ja so ein kurzes Gedächtnis, was Frauen angeht. Erst letzten Monat …“
„Das reicht!“, unterbrach Rafael ihn wütend. „Du bist betrunken.“
Der Vetter hob abwehrend die Hand und trank aus. „Sag nichts mehr, ich gehe schon!“ Sein Durst nach Rache war gestillt. Hasserfüllt sah er Rafael an. „Auf Consuelos Festessen habe ich keinen Appetit. Ich habe nichts zu feiern!“
Sarah bemerkte erstaunt, dass Rafael amüsiert lächelte, als Hernando aus dem Raum stolzierte. „Der Erste wäre erledigt, zwei bleiben noch“, sagte er rätselhaft. „Was möchtest du trinken, gatita?“
„Gin und Bitter Lemon, bitte.“ Sie sah ihn fragend an. „Was war hier eigentlich gerade los?“
„Das ist schnell erklärt. Hernandos Vater wäre nach Felipes Tod der Erbe gewesen, hätte es mich nicht gegeben. Mein Cousin betrachtet mich daher als Erbschleicher und Eindringling. Die Nachricht, dass ich bereits einen männlichen Nachfolger habe, war der letzte tödliche Schlag für ihn. Nun besteht keine Hoffnung mehr, weder für ihn noch für seinen Vater, jemals das zu erhalten, was sie immer noch als ihr Eigentum ansehen.“
„Wie können sie das? Du bist doch schon als Kind hierhergekommen?“
„Meine bloße Existenz war eine Beleidigung für Felipe, schließlich bin ich der Sohn einer ‚Zigeunerin‘. Er hat mich nie akzeptiert. Mehr als zehn Jahre lang versuchte er zu beweisen, dass ich nichtehelich geboren wurde. Hernando und seine Eltern machten sich so lange falsche Hoffnungen.“
Wie abscheulich, dachte Sarah. „Aber du warst doch nur ein Kind!“
Rafael reichte ihr ein Glas aus herrlich geschliffenem Kristall. „Du musst bedenken, dass es um sehr viel ging. Wenn Felipes Bemühungen von Erfolg gekrönt worden wären, hätte er eine großzügige Abfindung an mich gezahlt. Er wäre bestimmt nicht kleinlich gewesen. Die Santovenas sind sehr reich, sehr konservativ und sehr stolz auf ihre gute Abstammung. Sie glauben an die Vererbungslehre.“ Er lächelte ironisch. „Was meinst du, was Felipe gedacht hat, als ich ihm als Enkel präsentiert wurde?“
„Immerhin warst du sein Enkel!“
„Er hatte sich schon vor meiner Geburt von meinem Vater losgesagt“, erklärte Rafael trocken. „Dieser war das schwarze Schaf der Familie, ein Trinker und Frauenheld, und das waren noch seine angenehmsten Seiten.“
Oh Gott, wie schrecklich musste seine Kindheit gewesen sein, dachte Sarah. Erst verlässt ihn seine Mutter, dann weist die Familie seines Vaters ihn zurück, die ihr Verhalten weder mit Armut noch Unwissenheit rechtfertigen kann. Unvermittelt wurden ihre Augen feucht, die Schönheit der Umgebung verlor an Reiz. In diesem geschmackvollen Haus hatte Rafael gelitten.
Er strich ihr eine Träne von den Wimpern. „So viel Herz, meine Liebe? Aber wo war es, als ich dir meines schenkte?“
Sie rang überrascht nach Atem und wagte nicht, zu antworten.
„Ich habe mich ganz romantisch auf den ersten Blick in dich verliebt. Dich wieder zu vergessen hat viel länger gedauert.“ Sein kaltes Lachen traf sie wie ein Peitschenhieb. „Doch das ist Vergangenheit, ich gräme mich nicht länger deswegen. Meine Seele gehörte damals nicht mehr mir. Aber ich muss frei sein, und solange du das berücksichtigst, sollten wir in der Lage sein, eine recht angenehme, wenn auch vielleicht etwas langweilige Ehe zu führen. Ich hege nicht mehr das brennende Verlangen, jeden deiner Gedanken zu teilen, falls dich das beruhigt.“
Sarah war ganz blass geworden. „Das tut es nicht, es hört sich eher an wie der Weg in eine Katastrophe. Ich bin nur wegen der Kinder hier …“
„Spiel nicht den Märtyrer, gatita, dafür habe ich kein Verständnis“, warnte Rafael.
„Du bist am Ziel deiner ehrgeizigen Pläne angelangt. Das Juwel hat die passende Fassung erhalten! Ich bin sicher, sogar Mama und Papa könnten überzeugt werden, ihre Vorurteile zu überwinden und dich hier zu besuchen. Sprich also bitte nicht von Unglück. Du hast
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