anderbookz Short Story Compilation II
neben dem Kopf des Mädchens aufstützte und sich langsam herabließ. Sie schloß die Augen. Er rieb seinen Körper an ihrer braunen Haut, während ihre geschlossenen Augen bei ihm die Vorstellung von Macht und Hingabe bewirkten. Er machte sich daran, in sie einzudringen, doch bevor seine Hand ihr die letzten Kleidungsstücke wegreißen konnte und seinem Glied den Weg in ihr weiches Inneres bahnen konnte, drang sie in ihn ein, spießte sie ihn auf - mit ihrem Herzen, das die Gestalt eines Messer mit hölzernem Griff angenommen hatte.
Ächzend tat er seinen letzten, stillen Atemzug. Sackte sanft in sich zusammen. Wärme verbreitend vom Bauch zur Brust, strömte das Blut aus seinem Körper. Das Mädchen verharrte regungslos unter ihm, bis nur noch ihr Atmen von Leben zeugte. Sie spürte sein Blut verströmen und ihre eiskalte Haut angenehm wärmen.
So wie damals an jenem Abend, als die Mutter ihr das erste heiße Bad bereitete. Die Herrschaft war fort, und sie setzte im Kessel Wasser auf, was Stunden zu dauern schien, um es anschließend in ein mit Wachs abgedichtetes Holzfaß zu gießen. Sie ließ den kleinen, schmalen Mädchenkörper ins üppigwarme Wasser gleiten, seifte ihn ein und sang ein unbekanntes Lied dazu.
Das schmeichelnd warme Wasser und die zärtlichen Mutterhände versetzten das Mädchen in eine traumhaft sinnliche Verzückung, die sie nie vergaß. Das reinigende Blut, das über ihr Brustbein zu Boden floß, erinnerte sie an jenes Bad: eine Läuterung. Ohne sich zu rühren, ließ sie den Lebenssaft über sich verströmen, bevor sie fast zärtlich unter dem nun totenbleichen Mann hervorglitt. Die Bewegungen des Mädchens waren so ruhig, als sei er ein Liebhaber, den sie nicht wecken wollte.
Sie verspürte keinen Ekel beim Anblick ihrer blutgetränkten Kleidung. Das Blut war ein Zeichen: Eine Bestie war tot und sie selbst lebte. In tagträumerischer Erinnerung begann das Mädchen zu zittern, den blutverschmierten Messergriff immer noch fest umklammert. Sie schluchzte; hilflos, was sie tun sollte. Wie das Blut verbergen und dennoch weiterkommen. Sie war jung, und sie hatte noch nie jemanden getötet.
Sie zitterte, unfähig, Traum und Erinnerung zu unterscheiden. War es wirklich wieder einmal geschehen, oder war es nur ein Traum - wie schon so oft? Zitternd preßte sie die schmutzige Hand gegen das flächige braune Gesicht und weinte bitterlich.
Und so fand sie Gilda, man schrieb das Jahr 1850, im Kartoffelkeller ihrer kleinen Farm in der Nähe von New Orleans. Zusammengekauert, das Messer an die Brust gepreßt, versuchte das Mädchen , dem Traum zu entfliehen.
»Wach auf, Mädel!« Behutsam, als fürchtete sie, der zitternde Arm könnte sich aus dem Gelenk lösen, packte Gilda die dünne knochige Schulter. Whiskeyrauh war ihre Stimme und jung das geschminkte Gesicht im Schein der blakenden Laterne.
Von wilder Angst gepackt, erwachte das Mädchen , mit pochendem Herzen, doch froh, daß der Traum ein Ende hatte. Das bleiche Gesicht über ihr gehörte einer Frau. Aber Frauen konnten so gefährlich sein wie Männer.
Gilda schüttelte das Mädchen , dessen Augen blicklos schauten. Die Nacht war noch lang, und sie hatte keine Zeit für ein hysterisches Kind. Ungeduld stand in ihren braunen Augen.
»Was machst du in meinem Rübenkeller?« Das Mädchen schwieg. Gilda betrachtete das zerrissene, fleckige Hemd, die zu großen, eng um die Taille geschnürten Hosen, das fest umklammerte Messer und in den Augen die Bereitschaft, es zu benutzen.
»Das ist unnötig. Ich tue dir nichts. Komm.« Mit diesen Worten zog Gilda das Mädchen behutsam auf die Füße; sie war schwach vor Hunger und starr vor Angst. Erst ein einziges Mal hatte Gilda einen entlaufenen Sklaven gesehen. Doch der wurde geschnappt und fortgebracht, bevor sie seine Todesangst sehen und riechen konnte. Die Präsenz des Mädchens machte sie unsicher, und unter ihrem Blick, der von der niedrigen Kellerdecke abzuprallen schien, spürte Gilda fast den Impuls, sich zu ducken. Sie fixierte die dunklen Augen des Mädchens und wiederholte ohne Worte: Du mußt dich nicht fürchten. Ich werde für dich sorgen. Die Nacht deckt vieles zu.
Gildas sprachlose Überredungskraft lockerte den Griff der Mädchenfinger um das Messer. Das Mädchen hatte von Menschen gehört, die ohne Worte sprechen konnten, aber von einer Weißen hätte sie es niemals erwartet. Diese Frau verwirrte sie: dunkle Augen, weiße Haut, das Gesicht farbig bemalt wie eine Maske. Aber sie
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