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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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ein Ort von beeindruckender Schönheit. Die ausgedehnte Bucht, die mit Segeln gefüllt war, die breiten Prachtstraßen, die schnurgerade in Nord-Süd-Richtung oder Ost-West-Richtung verliefen, die leuchtenden Wände der Königs- und Götterpaläste, die das Sonnenlicht beinahe vollständig reflektierten. Das haben sie sehr gut gemacht, dachte Phillips, wirklich gut. Auf dem Marktplatz stritten sich Händler in einem halben Dutzend Sprachen über den Preis von Elfenbein, arabischen Wohlgerüchen, Jade und Pantherfellen. Gioia kaufte ein wenig von einem blassen, nach Moschus riechenden Parfüm in einem zerbrechlichen, sich nach oben verjüngenden Glasflakon. Magier, Gaukler und Schreiber schrien kreischend hinter den Vorübergehenden her, baten um einen Moment der Aufmerksamkeit und eine Handvoll Münzen für ihre Mühe. Kräftige Sklaven, schwarze, gelbbraune und solche, die chinesischer Abstammung sein mochten, wurden zur Auktion geführt, dazu gebracht, ihre Muskeln anzuspannen, ihre Zähne zu zeigen und ihre Brust und ihre Schenkel vor möglichen Käufern zu entblößen.
    In der Arena schleuderten nackte Athleten Speere und Diskusse und quälten sich mit erschreckendem Eifer. Gioias Freund Stengard kam mit einem Geschenk für sie angerannt, einem goldenen Halsband, das selbst Cleopatra nicht beleidigt hätte. Eine Stunde später hatte sie es verloren oder vielleicht verschenkt, als Phillips gerade nicht hinsah. Sie kaufte ein anderes, noch feineres, am nächsten Tag. Jeder konnte so viel Geld haben, wie er nur wollte, er brauchte bloß danach zu fragen. Für diese Menschen war es so leicht erhältlich wie Luft.
    Hier zu sein war beinahe so, wie ins Kino zu gehen, dachte Phillips bei sich. Jeden Tag ein anderes Programm, nicht viel Handlung, aber die Spezialeffekte waren großartig, und die Ausarbeitung der Details war unübertrefflich. Ein gigantischer Film, ein gewaltiges Vergnügen, das endlos weiterlief und von der gesamten Bevölkerung der Erde aufgeführt wurde. Und all das geschah so mühelos, so spontan, und genausowenig, wie er sich im Kino die Mühe gemacht hatte, über all die Techniker hinter den Kulissen, die Kameraleute, die Kostümdesigner, die Bühnenbildner, die Elektriker, die Modellbauer und die Tontechniker nachzudenken, genauso beschloß er auch hier nicht zu fragen, mit welchen Mitteln Alexandrien vor ihm entstanden war. Er empfand es als real. Wenn er den starken, roten Wein trank, versetzte ihn das in Hochstimmung. Wenn er von der Leuchtfeuerkammer des Leuchtturms springen würde, würde er vermutlich sterben, obwohl sein Tod wahrscheinlich nicht von Dauer wäre. Ohne Zweifel kannten sie Mittel und Wege, ihn so oft wie nötig wiederzubeleben. Der Tod schien im Leben dieser Menschen keine Rolle zu spielen.
    Während des Tages besuchten sie die Sehenswürdigkeiten. Am Abend ging er mit Gioia auf Partys, die in ihrem Hotel veranstaltet wurden, in den Villen am Strand oder in den Palästen des Hochadels. Es waren immer die üblichen Leute anwesend: Hawk und Hekna, Aramayne, Stengard und Shelimir, Nissandra, Asola, Afonso und Protay. Bei den Partys kamen auf jeden Bürger fünf oder zehn Temporären, einige als bloße Diener, einige als Unterhalter, andere als zusätzliche Gäste, die sich frei und etwas kühn unter sie mischten. Aber die ganze Zeit über wußten alle genau, wer ein Bürger und wer nur ein Temporäre war. Phillips kam allmählich zu dem Schluß, daß sein eigener Status irgendwo dazwischen lag. Sie behandelten ihn zwar mit einer Höflichkeit, die sie keinem Temporären je entgegenbrachten, aber dennoch war eine gewisse Herablassung in ihrem Benehmen, die ihm nicht nur zeigte, daß er keiner von ihnen war, sondern, daß er einer völlig anderen Lebensform angehörte. Daß er Gioias Liebhaber war, mochte ihm in ihren Augen zu einem gewissen Rang verhelfen, stellte aber keine entscheidende Verbesserung dar. Offenbar würde er immer ein Außenseiter bleiben, ein Primitiver, überholt und etwas sonderbar. Das war der Grund, warum er bemerkte, daß Gioia selbst als eine Art Außenseiter galt, obwohl sie fraglos ein Mitglied dieser Gruppe war, etwa wie die Urenkelin eines Kaufmanns in einer Versammlung von Plantagenets. Sie fand nicht immer rechtzeitig die besten Partys heraus, ihre Freunde erwiderten ihre überschwengliche Begrüßung nicht immer mit der gleichen Wärme, manchmal bemerkte er, daß sie sich anstrengte, etwas von dem Klatsch mitzubekommen, der nicht ganz mit ihr geteilt

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