Andere tun es doch auch (German Edition)
wirklich genau bis drei Uhr warten, bis du ihn anrufst?«
»Na ja, ich bin wahrscheinlich ein Zeitfreak. Weißt ja, wenn ich eingeladen bin, versuche ich auch immer exakt zehn Minuten zu spät zu kommen. Zwanghaftes Timing. Ist bestimmt so eine Cutterinnen-Berufskrankheit.«
»Wobei ich ja finde, dass zwölf Minuten zu spät das ideale Timing ist.«
»Vielleicht wärst du auch eine gute Cutterin.«
»Jetzt ist es eine Minute vor drei. Wahrscheinlich kommt er zufällig genau um drei vorbei, hihi.«
»Eine gute Drehbuchschreiberin wärst du eher nicht.«
»Wieso?«
»Na ja, so ein Zufall wäre einfach zu … Oh!«
»Was ist passiert? Er ist gekommen. Los, sag es!«
»Nein.«
»Ja, die Lari! Ja da schau her!«
»Hallo Herr Rockerer.«
»Lassens Eana ned störn, i hol mir zerst amal an Kaffee.«
Sein etwas zu dickes Hinterteil wackelt mitsamt dem Kerl zum Tresen. Ich wünsche mir, dass er sich lange Zeit nimmt, mit der Bedienung zu flirten, auch wenn sie dieses harte Schicksal sicher nicht verdient hat.
»Wahnsinn, hat der gerade gejodelt, Lara?«
»Nein. Ja, die Lari ist Herrn Rockerers normale Begrüßung.«
» ER NENNT DICH LARI? «
»Erzähl es keinem. Er macht aus allen Frauennamen so ein I-am-Ende-Ding.«
»Falls du mich ihm irgendwann mal vorstellst, erzähl ihm bitte, ich heiße Fara. Dann begrüßt er uns immer mit Lari und F… «
»Uaaa! Er kommt schon zurück!«
»Sag einfach, dass du los musst.«
»Geht nicht. Mein Kaffee ist noch fast voll, wie sieht denn das aus?«
»Als ob du ihn nicht ausstehen kannst.«
»Genau.«
»So, Lari, i sitz mi nur do hi. Redens ruhig weida. Des stört mi ned.«
Ich könnte ihm schnell den Stuhl unter dem Hintern wegkicken, aber mein Verstand hat leider viel zu viele Ausreden parat, es nicht zu tun.
»Na gut, Lara, wir haben ja eh alles besprochen. Also, du entspannst dich, wirst den Rockerer los und wartest in aller Ruhe, bis Kai dich anruft. Hast du verstanden?«
»Okay.«
»Und danach sagst du mir sofort Bescheid.«
»Mach ich.«
»Na dann, servus .«
»Dir auch noch einen schönen Tag, Kersti .«
Ich stecke mein Handy weg. Herr Rockerer grinst mir ins Gesicht, als hätte ich gerade einen sehr, sehr unanständigen Witz gemacht.
»Ja, die Lari.«
»Tja, so siehts einfach mal aus.«
»Ja is des schee, dass wir uns auch amal quasi privat sehen, ha? Ham Sie sich a Buch kafft? Lassens amal sehen. Per Anhoiter durch de Galoxis ? Des kenn i ned. I kumm ja fast goarned zum Lesn, wissns … Oha! Wos suchens jetzat auf einmal do unterm Tisch? Is Eana wos nuntergfoin?«
»Ja, äh … meine Schlüsselbundhandykreditkarten.«
Es ist sowieso zu spät. Kai hat mich sofort gesehen. Na ja, macht nichts. Ich stehe die jetzt folgenden Minuten möglichst würdevoll durch, und danach suche ich mir in Ruhe einen Platz zum Sterben.
»Hallo Lara! Mensch, so ein Zufall! Du bist wohl öfter hier?«
»Hm, manchmal schon, ja.«
»Ich will jetzt aber nicht stören. Ich …«
»A wos, Sie störn goarned. Rockerer mein Name. Eduard Rockerer.«
Neuer Plan. Ich will doch lieber sofort sterben. Ich habe es meinem Körper auch schon mitgeteilt, aber die Sau zögert noch. Warum kann der nicht einfach sterben? Andere tun es doch auch.
»Ähm, ja, Findling. Kai Findling, sehr angenehm.«
»A schener Name.«
»Und Sie beide kennen sich von …?«
»Des is so: I hab a Hotel, und die La… Oha!«
Wenigstens den Befehl zum überlauten Hustenanfall-Simulieren hat mein Körper sofort befolgt. Vielleicht ist er doch gar nicht so übel.
»Hams Eana verschluckt, Lari?«
»Köff … köff … Geht schon wieder.«
»Oh mei, jetzt hat die Lari auf Eanane Bücher draufghustet, Herr Findling. Wartens, nehmens mei Servietten … Oha, wos is des? Das Abstandflächenrecht nach § 6 Bauordnung Berlin . Sogns amal, san Sie ebba Architekt?«
»Stimmt genau. Da haben Sie mich jetzt eiskalt erwischt.«
»Wos bauan Sie aso, wenn i frogn derf?«
»Im Moment macht mein Büro vor allem die Bauleitung für ein sehr großes Villenprojekt im Berliner Südwesten. Ein Entwurf von Amélie Bleudkinon, kennen Sie vielleicht … Oh, und wir planen auch noch einen Nachtclub in Mitte. Sehr interessantes Projekt. Äußerst aufwendige Damentoilette.«
Awww! Er hat mir zugezwinkert. Jetzt kann ich wirklich sterben. Dieser Moment reicht als Lebenszweck, oder? Dabei will ich doch gar nichts von ihm. Also nicht wi…
»Des hoaßt, Sie ham scho Erfahrung mit Planung für Gastronomie?«
»Oh
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