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Anderer Welten Kind (German Edition)

Anderer Welten Kind (German Edition)

Titel: Anderer Welten Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ehmer
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dass er noch nicht einmal den ersten Abend überstand, ohne Neugierde und Misstrauen zu erwecken? Dann hätte er es ja gleich hinausposaunen können. Verhielt er sich denn nur dämlich? Damit war er wieder im Deepenmoor und seinem peinlichen Auftritt angelangt. Von oder van Dülmen, jedenfalls Ricky, wenn er seinen Namen in seiner Aufregung richtig verstanden hatte, war ganz freundlich gewesen und auf eine bestimmte Art ein bisschen ironisch, wenn er das Lächeln, das seinen Mund umspielte, richtig deutete. Trotz des schockierenden Endes des Nachmittags. Der dünne Schnurrbart verstärkte den Eindruck. Und er hatte rumgestottert von Spaziergängen und Natur und vielen Ähs, Ähms und Nichts und unvollendeten Sätzen, bis sie aus ihm herausgeplatzt war, die eigentliche Frage: „Dort auf der Insel wohnt doch der Maler, nicht?“
    Von Dülmen hatte ihn eine Ewigkeit, wie ihm schien, gemustert und sagte dann: „Ach, deshalb glotzt du immer auf das Haus.“
    Christian hätte in diesem Moment in den Boden versinken mögen. Er wusste gar nicht, wohin er schauen sollte, so unangenehm war ihm die plötzliche Erkenntnis, dass seine Nachmittage am Ufer nicht unbemerkt geblieben waren. Ihm fiel nichts anderes ein, als seine Geschichte zuzugeben, dass er von Malskat in der Zeitung gelesen hätte, dass er neugierig geworden sei, dass er die Sache mit dem Haus auf der Insel aufregend fände und dass er den Maler kennenlernen wollte.
    „Daraus wird vorerst nichts“, bescheinigte ihm Ricky, „der ist in Schweden. Musst du mit mir vorliebnehmen“, fügte er mit diesem Lächeln hinzu, das Christian nicht einzuordnen vermochte.
    „Ich muss kurz auf die Insel, willste mitkommen?“
    Die Frage kam vollkommen überraschend, und obwohl Christians Anorak schon durchnässt war und das Hemd klamm, konnte er nicht Nein sagen. Er nickte stumm trotz eines Anflugs von Panik, der ihn zögern ließ, als er daran dachte, mit dem Fremden allein überzusetzen. Aber er wollte nicht schon wieder dümmlich erscheinen.
    Ein paar Minuten später saßen sie in dem Ruderboot, von Dülmen an den Pollen und Christian in der Bugspriet. Von Dülmen hatte den Kahn mit einem kleinen Schwung ins Wasser geschoben und es wackelte heftig, als er hineinsprang. Christian stieß ein kleines, nervöses Lachen aus. Es schaukelte leise und mit jedem Ruderschlag bildete sich eine kleine Bugwelle. Die kurze Fahrt verlief schweigend; Christians Blicke blieben starr auf die Bugwelle gerichtet. Er sprang als Erster auf den Steg und hielt die Leine, als von Dülmen beikam.
    Das Haus hatte kein elektrisches Licht und von Dülmen entzündete eine Petroleumlampe, die im Rahmen der Eingangstür an einem Nagel hing. Er benutzte hierfür ein Sturmfeuerzeug, das eine gewaltige Flamme ausstieß, die sein Gesicht orangefarben aufleuchten ließ. Er schob sich seinen Hut bis zum Haaransatz hinauf und Christian wartete, bis sich das schmale, unrasierte Gesicht mit dem dünnen Schnurrbart, der geraden Nase und der hohen Stirn ihm zuwandte und ihn aufforderte einzutreten. Etwas war in dem Blick von Ricky von Dülmen, was er nicht deuten konnte, was ihn verunsicherte. Nicht dass er es mit der Angst zu tun bekam, aber etwas mulmig war ihm schon. Um das Haus zu betreten, musste sich Christian an von Dülmen vorbeidrücken und er konnte nicht verhindern, dass er ihn mit der Schulter berührte. Dabei kamen sich ihre Gesichter sehr nahe und Christian schaute weg, der Atem roch nach Zigarettenrauch. Von Dülmen schien das gar nicht zu bemerken und er überholte Christian und machte sich an zwei anderen Petroleumlampen zu schaffen. Die eine rußte stark und von Dülmen fluchte leise vor sich hin, weil der niedrige Raum sich schnell mit einer schwarzen Rauchwolke füllte.
    Nachdem er den Docht reguliert hatte, richtete er sich auf und sagte: „Warte einen Augenblick, ich bin gleich wieder da. Du kannst dich schon mal umschauen.“
    Er verließ das Haus ohne ein weiteres Wort mit einer Lampe in der Hand. Christian stand in einem dunklen, nur von der Petroleumlampe erhellten Raum, der kaum die Ecken und Winkel ausleuchtete, den Gegenständen lange, flackernde Schatten anheftete und ein trübes, unruhiges Licht verbreitete. Die andere Lampe hing im Türrahmen und sie setzte einen kleinen Lichtkreis ins Zimmer und einen größeren in den Eingangsbereich. Draußen war es jetzt fast dunkel und der Nieselregen ließ die Konturen des Bootsstegs und des Jägerzaunes verschwimmen. Es war kalt geworden und

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