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Anderer Welten Kind (German Edition)

Anderer Welten Kind (German Edition)

Titel: Anderer Welten Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ehmer
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also ein Eis.“ Er ließ das Thema sofort fallen, als wenn er dem Jungen keine Brücke bauen wollte, und nachdem die Kellnerin eine mittlere Portion Himbeer- und Zitroneneis gebracht hatte, sagte er, dass er nicht viel Zeit hätte, und wenn Christian Lust hätte, würden sie jetzt in die Marienkirche gehen, dort könne er ihm zeigen, wo Malskat die Fresken restauriert hätte, denn deswegen sei er ja schließlich gekommen.
    Als sie eine halbe Stunde später durch die Arkaden des Rathauses gingen, war noch kein weiteres Wort zwischen ihnen gefallen. Christian war von dem spröden Ton eingeschüchtert und fühlte sich sofort unerwünscht, von Dülmen blieb distanziert und seine Blicke suchten nach Anzeichen, die auf den gestrigen Nachmittag und den Schock hinwiesen, aber er konnte in Christians Miene nichts entdecken.
    Der Junge, dachte er, ist einfach nur unsicher.
    Schweigend überquerten sie den Marktplatz und betraten die Marienkirche durch einen Seiteneingang. An diesem frühen Novembernachmittag waren sie allein in dem riesigen, von mächtigen Säulen eingefassten Kirchenschiff und Christian fühlte sich winzig, als er zu den Kreuzgewölben hinaufblickte. Er stellte sich vor, aus der schwindelerregenden Höhe fielen ankergleiche Ketten herab, die schwere, gusseiserne Leuchter hielten. Dann brächte er einen dieser eisernen Kränze zum Pendeln und er sähe sie zuerst im Zeitlupentempo durch das Gewölbe schwingen und dann malte er sich aus, er stünde genau unter einem der Leuchter und er nähme sich vor, sich nicht wegzuducken, wenn er aus der Höhe, Geschwindigkeit aufnehmend, auf ihn zuraste, um nur wenige Zentimeter über ihn hinwegzusausen. Aber selbst in seiner Fantasie musste er den Kopf einziehen, es wäre sonst nicht auszuhalten gewesen. Tatsächlich schwebten filigrane Lämpchen, an quer gespannten Seilen hängend und in einem geradezu lächerlichen Verhältnis zur Mächtigkeit des Ortes, in sicherer Höhe über ihren Köpfen.
    Er war noch nicht oft hier gewesen. Kirchgänge vermied er, soweit es ging. Die obligatorischen Andachten in der Katharinenkirche am Montagmorgen vor Schulbeginn, die in Klassenverbänden in Zweierreihen absolvierten Auf- und Abmärsche, die scharfen Kontrollblicke der Lehrer auf den Plätzen zum Gang, das mächtige Orgelgetöse, das gegen ihn anbrandete, und die ermahnenden Ergüsse Pastor Webers reichten ihm gewöhnlich als Wochendosis an religiöser Erbauung. Dem seltenen sonntäglichen Kirchenbesuch in der Kirche in Brandenbaum entzog er sich mit dem entwaffnenden Hinweis, er sei in keiner Kirche Mitglied, auch wenn er sich damit den Zorn seiner Familie zuzog. Hingegen widersetzte er sich dem schulischen Kirchgang nie. Auch das unausgesprochene Übereinkunft.
    Sie blieben vor einer Säule in der Nähe des Seiteneingangs stehen. Ricky wies in die Höhe. Es war die Christopherussäule.
    „Dort oben hatte Malskat den heiligen Christopherus gemalt, der ist aber schon wieder abgewaschen. Ist noch gar nicht lange her, ich glaube, im September war das“, sagte er.
    Die Kalktünche unterschied sich kaum von der der anderen Säulen, sie war vielleicht ein bisschen heller, nicht so durchdrungen von dunklen Streifen feuchten Schimmels, abgeplatzten Placken und Brandspuren, frischer und gleichmäßiger aufgetragen.
    Christian versuchte, Spuren zu entdecken, fand jedoch keine und auch hier reichte seine Fantasie nicht aus, sich irgendetwas auszudenken, was einem Bild vom heiligen Christopherus auch nur entfernt hätte gerecht werden können und anders ausgesehen hätte als die Heiligen von der Briefmarke oder die in den Obergaden, die kaum auszumachen waren. Gleichzeitig wollte er nicht schon wieder von Dülmen durch sein Verhalten brüskieren. Also strengte er sich sehr an, etwas Passendes zu sagen, als von Dülmen seinen Gedankenfluss unterbrach und ihn plötzlich fragte:
    „Wusstest du, dass Malskat bei den Jarys gewohnt hat?“
    Zuerst verstand er nicht und suchte krampfhaft in seinem Gedächtnis, was er mit dem genannten Namen assoziieren konnte und warum Ricky ihn das fragte.
    „Jary, Michael Jary“, half ihm von Dülmen auf die Sprünge. Mit nach oben gedrehten Augen summte er leise Das sind die Beine von Dolores, lächelte sein ironisches Lächeln und nickte schnell mit dem Kopf, riss dabei die Augen auf, als wenn er sagen wollte: Na, na, hast du’s?
    Da dämmerte es Christian, Ach, der Komponist, dessen Schlager die Radiosender bevölkerten. Er mochte sie nicht, obwohl er

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