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Anderer Welten Kind (German Edition)

Anderer Welten Kind (German Edition)

Titel: Anderer Welten Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ehmer
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gewandt sagte er, er habe gearbeitet, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt, und schaute ihm direkt in die Augen. Christian konnte dem Blick nicht standhalten und drehte seinen Kopf zu Helga. Er sagte: „Herr von Dülmen ist Maler.“
    Ricky schaute irritiert. „So förmlich?“, fragte er, wandte sich zu Helga und sagte: „Ich heiße Ricky“ und Helga beeilte sich, ihren Namen zu nennen. Sie gaben sich die Hand. Rickys Hand war warm und trocken und Helga spürte die rauen Stellen an Zeigefinger und Handballen.
    Helga, die noch nie einem echten Maler begegnet war, musterte ihn von der Seite, sein Cordjackett und den Rollkragenpullover, seine langen Haare, und ihr Interesse war nicht zu übersehen. Sie sah Christian jetzt mit anderen Augen, als nähme sie ihn zum ersten Mal wahr. Das kann ja spannend werden, dachte sie, wenn er solche Leute zu seinen Bekannten zählt. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Ein bisschen Stolz schwang mit.
    „Darf ich Sie fragen, was Sie malen?“
    „Alles Mögliche, vor allem Landschaften“, beschied ihr von Dülmen kurz und bündig und hatte inzwischen wieder den Blick auf Christian gerichtet. Der interessierte sich plötzlich für die Getränkekarte, sodass Helga ihn fragte, ob sie denn noch blieben. Sie jedenfalls müsse langsam los, sie habe noch Hausaufgaben zu erledigen.
    Sie mochte es nicht, übergangen zu werden, sie hatte sich freundlich und offen gezeigt, aber dieser von Dülmen hatte nur Augen für Christian. Das fand sie schon etwas merkwürdig; die beiden schienen sich gut zu kennen, und sie kam sich deplatziert vor. Vielleicht würde sich ja eine andere Gelegenheit ergeben, mit von Dülmen ins Gespräch zu kommen. Christian schien mit von Dülmens Anwesenheit überfordert zu sein, seine Reaktionen machten auf Helga jedenfalls diesen Eindruck. Sie nahm sich vor, ihn auf dem Nachhauseweg genauer zu fragen.
    „Kommst du mit?“, forderte sie ihn auf und winkte die Kellnerin heran.
    Von Dülmen, der unbeteiligt schien, hielt Christian am Arm zurück und sagte: „Na, dann bis später mal“ und fügte nach einer kleinen Pause hinzu, er habe bei Gelegenheit ihm etwas zu zeigen.
    So entlassen, stolperte Christian aus dem Café hinter Helga her, die ihn draußen schon erwartete, die Stirn leicht gerunzelt und die Frage auf den Lippen.
    Zum zweiten Mal wäre Christian beinahe mit Wullenwever zusammengestoßen, der in diesem Augenblick das Café betrat und von Dülmen schon von Weitem mit einem dünnen Lächeln begrüßte, das einen Schuss Ironie mitschwingen ließ.
    „Woher kennst du Ricky?“, bestürmte Helga Christian, kaum dass sie sich ein paar Meter vom Café entfernt hatten.
    „Kennen … kennen … das ist übertrieben“, sagte Christian, aber Helga stieß ihn an und sagte: „So, wie der dich angeguckt hat, müsst ihr euch aber gut kennen! Also woher?“
    Sie ließ nicht locker und Christian suchte fieberhaft nach einer glaubhaften Erklärung. „Ricky von Dülmen ist ein Bekannter von Renates Freund“, sagte er kraftlos, beinahe schon resignativ, „wir waren mal alle zusammen in Travemünde am Strandkorb, da ist er an unserer Sandburg vorbeigelaufen und dann habe ich ihn ein paar Mal im Venezia gesehen. Er hatte mir mal ein Päckchen für Günter mitgeben wollen, so sind wir ins Gespräch gekommen. Na ja, wie das so ist.“
    Ob Tante Hermine Franz oder Rolf auch mit so fadenscheinigen Lügen abserviert hatte? Sie hatte ihre Beziehung zu zwei Männern über Monate durchgehalten, hatte gelogen, abgeschwächt, geschworen und falsche Fährten gelegt und jedem von beiden die Einzigartigkeit ihrer Liebe und vor allem ihrer bedingungslosen Treue ins Herz geträufelt und aufkeimendes Misstrauen und Eifersucht geschickt zu vertreiben gewusst. In diesem Moment hätte Christian gern mit seiner Tante Strategien ausgetauscht oder von ihr gelernt. Wie sollte er Helgas Neugierde befriedigen, wie den Unbedarften mimen, der nichts zu verheimlichen hatte, wie, verdammt noch mal, sein Geheimnis wahren, ohne dass die halbe Welt ihm schon bei den ersten Schritten auf die Schliche kam? Und da fiel ihm nichts Besseres ein als Günter, der Maurer, ausgerechnet Günter!
    Helga zögerte einen Moment und schien zu überlegen. Dabei verlangsamte sie ihren Schritt, sodass Christian einen halben Meter Abstand gewann. Sie schüttelte leicht den Kopf, als wenn sie einen Gedanken verscheuchen wollte oder aber ihn nicht fassen konnte.
    „Günter, der Maurer?“, fragte sie. Wie

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