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Andreas Steinhofel

Andreas Steinhofel

Titel: Andreas Steinhofel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Mitte der Welt
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Techtelmechtel?«
»Vom Sex. Wenn du es so genau wissen musst.«
»Ach… Geht’s so laut bei euch zu?«
»Weniger laut, als wenn eine brünstige Kuh auf der Weide
herumbrüllt. Wahlweise natürlich auch auf der Heide.«
Pascals Lachen klingt wie ein Fanfarenstoß.
Ich sollte mich darüber freuen, dass Tereza mir den Schlüssel
zum Haus und damit dem Läufer und mir Gelegenheit gibt, uns
zu treffen, wann immer uns danach ist, unbeobachtet, allein.
Dennoch ist alles so verdammt… unbefriedigend. Nach einem
ersten, kurzen Zögern haben unsere Körper aufeinander reagiert
wie gut aufeinander abgestimmte Maschinen. Ich habe Nicholas
keine Sekunde aus dem Blick gelassen, habe in seinem fast
unbewegten Gesicht geforscht, in seinen Augen, die sich nur
kurz zusammenzogen, als er sich in meine Hand ergoss. Ich
weiß nicht, was genau ich erwartet habe. Bestimmt keine
Liebesschwüre, bestimmt nicht, dass der Himmel sich öffnen
und es rosarote Blüten regnen würde. Doch genauso wenig habe
ich damit gerechnet, dass Nicholas sich so plötzlich von mir
abwenden würde, wie er es dann getan hat; als sei der Sex für
ihn nur ein Pausenfüller gewesen, irgendwo zwischen Laufen
und Duschen und Umziehen angesiedelt; ein chemisches
Experiment, bei dem eine Säure und eine Base in Wasser
zusammengeschüttet wurden, um irgendein Salz auszufällen.
Obwohl er versichert hat, dass er sich weiterhin mit mir treffen
will, habe ich, von plötzlicher Panik überfallen, den nächsten
Bus genommen und bin zu Tereza gefahren, eine Kälte in den
Gliedern, die sich seit der Begegnung mit Nicholas nicht
abschütteln lässt.
Jetzt greife ich doch nach einem Keks, knabbere lustlos daran
herum und trinke eine halbe Tasse Tee, die mich nicht
aufzuwärmen vermag. Tereza und Pascal schweigen. Ich fühle
mich von ihnen angestarrt, beobachtet, deshalb stehe ich auf,
gehe ans Fenster und schaue hinaus. Terezas Appartement
befindet sich im vierten Stock eines aufwendig renovierten
Altbaus mit stuckverkleideter Fassade, in einer Straße voller
aufwendig renovierter Altbauten mit stuckverkleideten
Fassaden. Unten auf dem Gehsteig, zwischen teuren Autos und
sorgfältig gestutzten, den Straßenrand zierenden Bäumen, toben
ein paar ballspielende Kinder, ungeachtet der überall
glänzenden Regenpfützen.
»Was ist, bist du nur zum Trübsal blasen hergekommen?«,
tönt Pascal hinter mir.
»Ach, halt die Klappe.«
»Weißt du, es hat keinen Zweck, die beleidigte Leberwurst zu
spielen, nur weil der erstbeste Typ, mit dem du es treibst, sich
nicht als der Märchenprinz auf dem weißen Pferd entpuppt.«
»Wie herrlich romantisch du die Dinge ausdrückst!« Tereza
ist hinter mich getreten. Sie legt mir eine Hand auf die Schulter.
»Also«, sagt sie, »wo ist das Problem?«
»Weiß nicht.«
Ich spüre ihren warmen Atem in meiner Schulterbeuge und
wünsche mir, ewig so stehen zu bleiben, den vertrauten
Mandelduft ihrer Haare zu riechen, den Kindern auf der Straße
beim Spielen zuschauen zu können.
»Warum gibst du ihm nicht einfach mehr Zeit, Phil?«
»Er hatte doch genug, oder?«, murmele ich.
Ich höre Pascal leise auflachen. »Ich glaube, unser Kleiner hat
dasselbe Problem wie Glass. Er hat Angst davor, die Sache
könnte aufhören, bevor sie richtig angefangen hat.«
Die Wut schießt schneller in mir empor als die
Quecksilbersäule eines plötzlich erhitzten Fieberthermometers.
Ich löse mich aus Terezas Umarmung und drehe mich um.
»Wenn ich eine Analytikerin brauche, melde ich mich bei dir,
Pascal. Bis dahin tu mir einen Gefallen und lass mich in Ruhe!«
Pascal greift unbeeindruckt nach dem nächsten Keks.
Wahrscheinlich könnte selbst ein Erdbeben ihre stoische
Gleichgültigkeit nicht erschüttern. »Du bist genauso eine
Zimperliese wie Glass. Hat sie prima hingekriegt.«
Plötzlich hasse ich sie, sie und ihren schleppenden
niederländischen Akzent, der jedem ihrer Worte ein besonderes
Gewicht verleiht und sie damit, ich weiß nicht, warum,
unangreifbar macht. »Wer gibt dir eigentlich das Recht, solche
Reden zu schwingen?«
Pascal zuckt die Achseln und zeigt auf den Tisch. »Wer von
meinen Keksen isst, den darf ich auch kritisieren.«
»Deine Kekse schmecken scheiße! Und deine Eifersucht
kannst du stecken lassen. Glass hat eine Menge durchgemacht.«
Sie hebt einen Finger. »Ach ja, was denn? Ich dachte, darüber
redet sie nicht.« Mit einem Seitenblick auf Tereza fügt sie
sarkastisch hinzu: »Außer

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