Androidenträume
übernahmen sie das Oberkommando. Dann gab es ein Problem.«
Robin wartete fast eine Minute lang, dass Gracie fortfuhr, aber er genoss sichtlich die dramatische Pause. Schließlich fragte Robin: »Und welches Problem war das?«
Gracie öffnete den Mund, um zu antworten, doch dann kam Leff ihm zuvor. »Das Problem war, dass die Rebellen von Chagfun gar nicht vollständig vom Netzwerk abgekoppelt waren. Sie hatten die niduanische Führung daran gehindert, auf ihre Ausrüstung zuzugreifen, aber sie konnten die andere Seite immer noch über das Netzwerk belauschen.«
»Also wussten sie von jedem Manöver, das die Nidu uns befahlen«, sagte Gracie und stopfte sich eine Gabel Salat in den Mund.
»Das ist schlecht«, sagte Robin.
»Das war sehr schlecht«, betonte Lopez. »Wir landeten mit einhunderttausend Soldaten auf der Ebene von Pajmhi, weil der niduanische Geheimdienst fand, dass es ein ideales Aufmarschgebiet war. Angeblich war die Stelle weit genug von der Hauptmasse der Rebellentruppen entfernt, und die Bewohner der Umgebung waren uns wohlgesinnt und würden uns keine Schwierigkeiten machen. Aber die Rebellen wussten, wo wir aufmarschieren würden und warteten auf uns. Sie schlugen zu, während wir noch damit beschäftigt waren, uns zu formieren. Wir hatten keine Zeit mehr, eine wirksame Verteidigung aufzubauen.«
»Es war ein Riesenscheißdesaster«, kommentierte Gracie.
»Chuck!«, sagte Evelyn Gracie.
»Ihr Gatte hat recht, Mrs. Gracie«, sagte Lopez. »Es gab dreiundzwanzigtausend Tote und etwa genauso viele Verletzte. Wenn die Hälfte einer Armee zusammengeschossen wird, ist Riesenscheißdesaster genau die richtige Bezeichnung.«
»Vielen Dank, Lopez«, sagte Gracie und zeigte mit seiner Salatgabel auf eine Bandschnalle an seiner Uniform. »Ich wurde auf Pajmhi verletzt. Hatte eine Kugel im Bein. Hätte mir fast das ganze Bein abgesäbelt. Ich finde, ich kann das Wort Riesenscheißdesaster so oft benutzen, wie ich möchte.«
»Was ist also passiert?«, fragte Robin.
»Nach ein paar Chagfun-Tagen, die… wie lang waren sie noch gleich? Dreißig Stunden?« Gracie blickte hilfesuchend zu Leff.
»Einunddreißig Stunden und sieben Minuten«, sagte Leff.
»Also, nach einigen so langen Tagen«, fuhr Gracie fort, »hatten wir es endlich geschafft, unsere Truppen von dort wegzubringen, und den Nidu gesagt, dass sie sich selber um ihren Kram kümmern sollen. Und das haben sie getan.«
»Sie haben die Bombe auf Pajmhi geworfen«, sagte Crower. »Einen Planetenknacker. Eine solche Bombe sprengt sich durch die Oberfläche eines Planeten. Sie schwächt die Kruste und lässt das geschmolzene Gestein austreten.«
»Ein künstlich angeregter Vulkanausbruch«, sagte Gracie. »Die Nidu haben die Bombe mitten auf die Ebene von Pajmhi geworfen. Im Umkreis von ein paar hundert Kilometern wurde jedes Lebewesen ausgelöscht, einschließlich aller Städte und Dörfer, die es dort gab.«
»Das war, bevor die Eruptionen so viel Staub in die Atmosphäre schleuderten, dass sich der Planet abkühlte«, fuhr Neff fort. »In jenem Winter erlebte Chagfun eine kleine Eiszeit. Kolonisten erfroren und verhungerten. Die Nidu verhängten eine Blockade über den Planeten. Niemand wollte mehr etwas damit zu tun haben.«
»Warum hat die GK nichts unternommen?«, fragte Robin.
»Weil es eine innere Angelegenheit war«, sagte Lopez. »Die GK greift nur ein, wenn eine ihrer Mitgliedsnationen gegen eine andere Krieg führt. Aus Bürgerkriegen hält sie sich heraus.«
»Also hat die GK all diese Todesopfer in Kauf genommen«, sagte Robin.
»Im Prinzip ja«, antwortete Lopez und stocherte im Rest ihres Salats herum.
»Aber es hat funktioniert«, sagte Gracie und riss das Gespräch wieder an sich. »Die Rebellen von Chagfun kapitulierten, um ihren Familien weitere Entbehrungen zu ersparen. Die Nidu besetzten die Welt, übernahmen die Herrschaft und exekutierten jeden einzelnen Kämpfer der Rebellen, soweit ich mich erinnern kann. Also haben die Nidu durch Inkompetenz und Rücksichtslosigkeit letztlich mehrere zehntausend Menschen getötet, mehrere zehntausend Kriegsgefangene hingerichtet und mehrere hunderttausend Angehörige ihres eigenen Volkes verhungern und erfrieren lassen. Und nun wissen Sie, warum ich sie als ›gottverdammte Nidu‹ bezeichne.«
Diesmal wies Evelyn Gracie ihren Mann nicht in die Schranken.
Die Kellner kamen, um das Salatgeschirr abzuräumen.
»Aber jetzt genug von diesem deprimierenden Thema«, sagte Gracie.
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