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Androidenträume

Titel: Androidenträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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Erfolglosigkeit verdammt.
    Für Brian bestand keine Möglichkeit, direkt auf das Computernetzwerk der Nidu zuzugreifen. Von der Erde aus gab es nur zwei Zugänge. Der eine war die Botschaft der Nidu, wo sämtliche netzwerkfähigen Computer und Geräte bewusst mit irdischen Standards inkompatibel waren und ohne drahtlose Verbindungen arbeiteten. Brian hätte schon physisch in die Botschaft einbrechen und niduanische Eingabegeräte benutzen müssen, um Zugang zum Netzwerk zu erhalten. Doch leider mangelte es Brian derzeit in beträchtlichem Umfang an physischen Aktionsmöglichkeiten.
    Aber auch die Firma LegaCen unterhielt eine Verbindung zum niduanischen Netzwerk, um den weiterbestehenden Wartungsvertrag mit der niduanischen Regierung erfüllen zu können. LegaCen, eine Tochterfirma des Hayter-Ross-Konzerns, der wiederum unter der Kontrolle der Kirche des Höheren Lamms stand. Umso mehr verspürte Brian die Notwendigkeit, sich in das Netzwerk der Kirche einzuklinken.
    Brian war inzwischen voller Bewunderung für die Sekte. Er hatte Dwellins Prophezeiungen gelesen, und im Gegensatz zu den Regierungen der UNE und der Nidu, die dahinter offenbar nur das Firmenkonglomerat von Hayter-Ross und nicht die religiöse Organisation sahen, war Brian zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Kirche auf das Zeitenende hinarbeitete, von dem in ihren eigenen Prophezeiungen die Rede war, und es geschafft hatte, die Regierungen zweier Planeten zu beeinflussen, diesem Ziel entgegenzusteuern. Brian fragte sich müßig, was wohl geschah, wenn es der Kirche tatsächlich gelang, das Höhere Lamm hervorzubringen. Er bezweifelte ernsthaft, dass sich die Kirche dann auflösen würde.
    All das war jedoch völlig irrelevant für seine aktuellen Versuche, in das Netzwerk einzudringen und zu sehen, was er über die Pläne der Nidu hinsichtlich Robin und Harry finden konnte. Also verlor Brian keine weitere Zeit und tastete das Netzwerk der Kirche von allen Seiten ab, um nach einem Schlupfloch zu suchen.
    Brian wusste, dass es nicht die klügste Vorgehensweise war. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, mit einer nichtinvasiven Erkundung des Systems zu beginnen, indem er sich in den öffentlich zugänglichen Bereichen umsah und vielleicht eine Vorstellung bekam, wo er etwas ausrichten konnte, ohne das Netzwerk zu alarmieren.
    Brian fand jedoch, dass eine derart gemütliche Erkundung ein Luxus war, den sich Robin und Harry im Moment nicht leisten konnten. Außerdem hielt er sich eher für den Alexander-Typ, der den Gordischen Knoten einfach zerschlug, während vorsichtigere Zeitgenossen an den Stricken herumfummelten und erfolglos herauszufinden versuchten, wo sie mit dem Entknoten anfangen sollten.
    Brian hegte keinen Zweifel, dass er mit seinem Tun die Alarmanlagen im gesamten Netzwerk der Kirche auslöste. Aber war er nicht der erste wahrlich intelligente Agent der Welt? Entweder wäre er in wenigen Augenblicken im System, oder er würde die Sicherheitsvorkehrungen einfach austricksen oder aushebeln.
    Aha. Da war es. Jemand hatte eine leicht zu knackende Hintertür im Netzwerk von Royvo eingerichtet, einer kleinen Tochterfirma von Hayter-Ross, die Ersatzteile für altersschwache Abwasserleitungen herstellte. Kein ausgesprochen romantischer Winkel der Kirche. Brian setzte einen Passwortknacker an die Tür und ließ ihn alle Möglichkeiten abarbeiten. Drei Sekunden und lediglich 354.229 Versuche später war er drinnen. Ein Kinderspiel.
    Dann ging das Licht aus.
    Natürlich nur im übertragenen Sinne. Brian, der zuvor ein Mensch gewesen war und sich immer noch als solchen betrachtete, hatte sich bewusst ein Wahrnehmungssystem zugelegt, das ihm bei der Verarbeitung virtueller Daten behilflich war. Doch nun, nachdem er noch vor zwei Augenblicken seine Umgebung im gesamten Sinnesspektrum wahrgenommen hatte und sich frei bewegen konnte, war es schlagartig anders. Jetzt nahm er außer seinen eigenen Gedanken nichts mehr wahr.
    Und diese Gedanken dachten: Was ist los, verdammte Scheiße?
    »Hallo«, sagte eine Frauenstimme. Sie klang warm, aber gleichzeitig schneidend. »Was haben wir denn da?« Dann verschwand sie für eine unbestimmbare Zeitspanne.
    Schließlich war sie wieder da. »Du bist ja wirklich hochinteressant!«, sagte sie. »Ich werde dich jetzt auseinandernehmen, um zu sehen, wie du tickst. Ich hoffe, es macht dir nichts aus. Ich denke, dass ich dich anschließend wieder zusammenbauen kann. Aber ich will nichts versprechen. Also, wenn ich mir

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