Androidenträume
Gedichten des bedauernswerten Robbie entwickelte. Aber ich hätte das weitere Geschehen natürlich nicht verfolgen können, ohne es gleichzeitig zu beeinflussen. Auf diese Weise gelingt es mir viel besser.«
»Also warst du die ganze Zeit allein.«
»Ja«, sagte Andrea. »Obwohl das gar nicht so schlimm ist, wie es sich anhört. Schließlich sind wir keine menschlichen Wesen mehr. Das hier« – sie zeigte auf ihren Körper – »ist nur eine bequeme Metapher. Wir sind nicht nicht mehr daran gebunden, und wir sind auch nicht mehr dem üblichen Zeitablauf unterworfen. Wenn man weiß, was man tut, vergehen die Jahre wie im Fluge.«
Sie streckte sich, und Brian bemerkte, dass Andrea unter ihrem Sommerkleid völlig nackt war. »Natürlich hat diese Metapher durchaus ihre reizvollen Aspekte«, neckte sie. »Apropos – wärst du an einem Fick interessiert?«
»Wie bitte?«
»Ein Fick. So etwas hatte ich schon sehr lange nicht mehr. Ich hätte wirklich mal wieder Lust. Natürlich erschaffe ich mir gelegentlich ein Spielzeug, aber das ist doch letztlich nur Selbstbefriedigung. Du hattest selber ein menschliches Gehirn und weißt es zweifellos zu schätzen, Sex mit jemandem zu haben, der ebenfalls ein funktionsfähiges Gehirn besitzt.«
»Könnten wir das auf ein andermal verschieben?«, sagte Brian. »Im Moment stehe ich etwas unter Zeitdruck.«
»Ach, die Zeit!«, sagte Andrea. »Daran erkenne ich, dass du noch nicht lange als künstliche Intelligenz existierst. Na gut. Also später. Sag mir, warum du so in Eile bist.«
»Freunde von mir sind in Gefahr«, sagte Brian.
»Harry Creek und Robin Baker«, sagte Andrea, während sie nach einem Keks griff. »Und du hast natürlich recht. Sie sind wirklich in Gefahr. Die Kirche ist an das Computernetzwerk der Nidu angeschlossen, wie du dir sicher denken kannst. Der niduanische Botschafter auf der Erde hat seine Regierung in Kenntnis gesetzt, dass die beiden an Bord des Kreuzfahrtschiffs Neverland gegangen sind. Sobald es in der Nähe von Chagfun auftaucht, werden Truppen der Nidu das Schiff entern. Man wird sich Robin Baker schnappen und sie zum Planeten Nidu bringen. Nachdem man die Frau für die Krönungszeremonie benutzt hat, wird es wahrscheinlich zum Krieg zwischen Nidu und der Erde kommen – zumindest scheinen alle Beteiligten das zu glauben.« Andrea biss genüsslich in den Keks.
»Glaubst du etwas anderes?«, fragte Brian.
»Könnte sein«, sagte sie.
»Sag es mir. Ich muss Harry warnen.«
»Du kannst Harry nicht warnen«, sagte Andrea. »Ich habe dich mehrere Tage lang untersucht und erst vor wenigen Augenblicken wieder zusammengeflickt, Brian. Inzwischen ist die Neverland auf dem Sprung von Brjnn nach Chagfun. Ein Schiff im N-Raum kann man nicht kontaktieren. Und wenn die Neverland eingetroffen ist, werden die Nidu höchstwahrscheinlich ihre Kommunikationskanäle blockieren. Die Experten der Kirche glauben, dass die Nidu, wenn sie Robin Baker in ihrer Gewalt haben, das Schiff zerstören und behaupten werden, es wäre nie eingetroffen. Und wer könnte eine solche Behauptung anfechten? Schließlich reisen Robin und Harry unter falschen Namen. Wenn sie zur Krönungszeremonie anwesend ist, beweist das gar nichts. Natürlich wird sie ihren Auftritt bei der Zeremonie ohnehin nicht lange überleben.« Erneut biss Andrea von ihrem Keks ab.
»Und was ist mit Harry?«, fragte Brian.
»Wenn die Nidu ihn nicht töten, weil er Miss Baker zu schützen versucht, wird er voraussichtlich mit der Neverland untergehen.«
Brian erhob sich vom Tisch. »Lass mich hier raus!«
Andrea blickte mit einem amüsierten Lächeln zu ihm auf. »Warum sollte ich das tun?«
»Ich muss etwas unternehmen«, sagte Brian. »Irgendetwas.«
»Weißt du, wie du gestorben bist, Brian?«, fragte Hayter-Ross.
»Was meinst du damit?«
»Ich bin mir sicher, du weißt, dass du gestorben bist. Ich habe dich gefragt, ob du auch weißt, wie.«
»Harry erzählte mir, dass es in der Schlacht von Pajmhi geschehen ist«, sagte Brian. »Warum? Was hat das mit unseren Problemen zu tun?«
»Vielleicht hat es sehr viel mit allen möglichen Problemen zu tun«, sagte Andrea. »Ich habe dir erklärt, dass alle glauben, es würde zum Krieg zwischen den Nidu und der Erde kommen. Ein Krieg, der offensichtlich nicht gut für die Erde wäre. Aber wie gesagt, bin ich eine Beobachterin der menschlichen Natur – und in den letzten Jahrzehnten außerdem der niduanischen Natur. Ich weiß Dinge, die sonst niemand
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