Androidenträume
abgerackert hatte, seine Schriften wahr werden zu lassen, war für Archie völlig ohne Belang. Urplötzlich hatte er durch die Eigentümlichkeiten seiner Konfession einen Schlag auf den Kopf erhalten und war dazu gedrängt worden, eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung zu spielen. Archie hatte sich bislang immer als Ironist klassifiziert, aber diese Sache hatte ihn innerhalb kürzester Zeit in einen Empathisten verwandelt.
Im Versammlungshaus vergeudeten Archie und Sam keine weitere Zeit. Sam nahm Archies Hand und führte ihn über eine zweite Treppe nach unten und in einen kleinen, hell erleuchteten, sterilen Raum, in dem ein Gebilde stand, das entfernt an einen Zahnarztstuhl erinnerte. In diesem Raum wartete bereits jemand auf sie: Francis Hamn, der Bischof der Gemeinde, der im Hauptberuf »Geschäftsführer« des Fitnessstudios zwei Stockwerke über ihnen war.
»Archie«, sagte er und streckte die Hand aus. »Du hast ein paar interessante Tage erlebt. Wie kommst du damit zurecht?«
Archie nahm seine Hand und schüttelte sie. »Um die Wahrheit zu sagen, ich fühle mich etwas überwältigt, Bischof.«
Bischof Hamn lächelte. »Ist das nicht ganz wie eine religiöse Offenbarung für dich, Archie? Eben noch war es eine angenehme Art, seine Freizeit zu gestalten, und plötzlich steckt man mitten in einem ausgewachsenen theologischen Dilemma. Jetzt wollen wir dich ausrüsten. Setz dich.«
»Ich mache mir deswegen Sorgen«, sagte Archie, aber er setzte sich trotzdem. »Der Typ, für den ich Aufträge erledige, hat einen ziemlich hohen Posten im Verteidigungsministerium. Wenn es auch nur den leisesten Hinweis gibt, dass ich spioniere, werde ich mächtigen Ärger bekommen. Ich glaube, ich könnte wegen Hochverrats angeklagt werden.«
»Unsinn«, sagte Bischof Hamn. »Hochverrat würde voraussetzen, dass du versuchst, die Regierung zu stürzen, und das würden wir niemals dulden. Du bist nicht mehr als ein Spion.«
»Was immer noch ein Kapitalverbrechen wäre«, entgegnete Sam und drückte Archies Hand.
»Oh«, sagte Archie.
»Und genau deshalb haben wir gewährleistet, dass niemand dich als Spion entlarven kann«, sagte Bischof Hamn und hielt Archie ein kleines Fläschchen hin.
Archie nahm es. »Was ist das?«
»Deine Verkabelung«, sagte Bishof Hamn. »In Form von Augentropfen. In dieser Flüssigkeit befinden sich Millionen Nanobots. Träufle sie dir in die Augen, dann wandern die Nanobots zu deinem Sehnerv, wo sie die Signale auslesen und speichern. Sie bestehen aus organischen Komponenten, so dass kein Scanner sie bemerken wird. Sie senden nicht, wenn sie sich nicht in der Nähe eines Lesegeräts befinden, also wirst du dich auch nicht durch elektromagnetische Signale verraten. Und als weiterer Bonus befindet sich in dieser Flasche tatsächlich ein Augenmedikament. Wenn also jemand auf die Idee kommt, die Flüssigkeit zu untersuchen, wird man genau das finden.«
»Wo gibt es diese Lesegeräte?«, fragte Archie. »Ich kann mich nicht einfach so davonschleichen.«
»In Verkaufsautomaten«, sagte Sam. »Hayter-Ross hat einen Vertrag mit dem Pentagon über den Betrieb von Verkaufsautomaten, und der Firma gehören etwa achtzig Prozent aller weiteren Automaten in Washington D.C. Geh einfach zu einer Maschine, steck deine Kreditkarte rein und drück die Taste ›B4‹. Damit wird der Scanner aktiviert, der die Informationen abruft.«
»Nur damit du es weißt«, sagte Bishof Hamn, »dieser Vorgang ist ein wenig schmerzhaft. Es fühlt sich wie ein elektrischer Schlag an, der durch deinen Sehnerv geht.«
»Deshalb packen wir immer richtige Leckerbissen in das B4-Fach. Als Entschädigung«, sagte Sam.
»Wie oft macht ihr so etwas?«, fragte Archie und blickte Sam an. Sie hatten seit vier Jahren eine Beziehung, aber nun erschien Sam ihm in einem völlig neuen Licht.
»Wir sind recht fleißig«, sagte Bischof Hamn. »Wir machen das schon sehr lange. Deshalb wissen wir, dass es funktioniert.«
»Was passiert, wenn ich Washington verlasse? Ich wurde gefragt, ob ich einen Reisepass habe.«
»Sorg einfach dafür, dass du vor der Abreise einen Verkaufsautomaten benutzt«, sagte Sam. »Und bring mir ein Souvenir mit.«
»Was auch immer du tust, werd auf keinen Fall nervös«, sagte Bishof Hamn. »Tu das, was du sonst auch tust. Erfülle deinen Auftrag, so gut du kannst. Du schadest uns nicht, wenn du ihnen hilfst, ihr Ding durchzuziehen. Je mehr du tust, desto mehr erfahren wir. Verstanden?«
»Verstanden«, sagte
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