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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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legte meine Lampe wieder frei und schaute mich weiter um. Es blieb dabei: Bis auf die Leitungen oben und das gläserne Rohr darunter befand ich mich in einem völlig leeren, schnurgerade verlaufenden Gang von etwa vier Meter Breite und sicherlich zwanzig Meter Höhe.
    Ich muß an dieser Stelle ein Wort zu all meinen Maßangaben sagen. Ich besaß ja weder eine Uhr noch ein Gravimeter, noch eines jener handlichen Ultraschallreflektometer, die wir auf Tantalus zur Ausmessung kurzer Distanzen benutzt hatten. Ich wußte auch nicht genau Bescheid über die Länge des Tages auf diesem Planeten hier und seine Schwerebeschleunigung. Ich war also gezwungen, mich auf Schätzungen zu verlassen. Die Schwerkraft schien mir ein wenig geringer zu sein als auf Tantalus, aber doch nicht so sehr, daß es eine wesentliche Erleichterung bedeutet hätte. Was den Tagesrhythmus anging, so glaubte ich bestimmt, daß er sich nicht wesentlich von der Länge eines Erdentages unterschied. Ich merkte es an meinem Schlafbedürfnis, das ziemlich gut übereinstimmte mit der jeweils herabsinkenden Nacht draußen über der Stadt. Dennoch war und blieb es ein Problem, vor allem wenn man hier unten, in den Eingeweiden des Planeten, umherirrte, exakte Schätzungen über Zeit und Entfernungen zu treffen. Draußen, im AMÖBEN-Saal, hatte ich wirklich stundenlang herumgesucht, bis ich jene Tür gefunden hatte. Aber ich wußte, wie lang einem die Zeit vorkommen konnte, gerade wenn man blindlings hin und her tappte.
    Es war wie mit einem Schnee- oder Sandsturm, der einem endlos vorkommen konnte und dennoch nur Minuten dauerte. Der zuverlässige Zeitmesser blieb daher mein eigener Körper. Wenn ich müde würde, konnte ich ziemlich sicher sein, daß seit dem Erwachen etwa achtzehn Stunden vergangen waren. Mit den Entfernungen war es nicht ganz so schwierig. Es war auch sicher nicht so wichtig damit. Notfalls, wenn ich gar zu neugierig war, maß ich sie mit Schritten aus, und einige Male hatte ich auch schon meine Kletterleine entrollt und als zuverlässigen Längenmesser benutzt. Sie war eben genau hundert Meter lang – daran war nicht zu rütteln. Doch ob hundert Meter oder tausend – was machte das schon? Ob ein Tag oder zwei – auch das war gleich. Ich mußte meine Strecken durchwandern und meine Zeit durchleben, und niemand nahm mir das ab.
    Ja, da stand ich nun also in diesem Gang und wandte mich der hinter mir zugefallenen Tür zu. Auch auf dieser Seite fand ich drei kopfgroße Vertiefungen.
    Merkwürdigerweise hatte ich keinerlei Angst, hier eingesperrt bleiben zu müssen. Türen waren zum Öffnen da, und ich würde sie öffnen können, auch ohne den Spektakel von vorhin.
    Die Lösung war dann wieder sehr einfach. Man mußte die beiden oberen Vertiefungen gleichzeitig berühren, dann glitt das Mauerwerk langsam und geräuschlos zur Seite. Die untere Vertiefung dazugenommen, löste den Alarm aus.
    Ich trat hinaus, und im Saal war alles wie vorher. Keine Sirene mehr, kein flackerndes Licht, wohl aber die Zerr- und Trugbilder der tausendfachen Spiegelung. Ich sah mein eigenes ein wenig erschöpftes Gesicht mir hundertfach entgegenblicken.
    Ich vermochte jetzt zu lächeln. Ich wußte zwar nicht, wie die Tantaliden inmitten dieser Geisterwelt von Eigenbildnissen auf Anhieb diese Tür zu finden vermochten, ich aber hatte Zeit und löste das Problem auf meine Weise. Ich tastete mich noch einmal zur Treppe hin, holte meine Brechstange, orientierte mich dann an den Leitungssträngen wieder zurück, öffnete die Tür – auch jetzt kein Alarm, kein Sog und Tumult –, schritt vorsichtig hindurch und arretierte den zurückgleitenden Wandteil mit meinem Rohr. Und nichts geschah. Wo die Türe offenstand, war die Spiegelung verschwunden. Ich vermochte nun sehr sicher an der Wand entlang hin und her zu gehen und fand jedesmal ohne Mühe die sich dunkel abhebende Öffnung des Ganges.
    Da legte ich dann die zweite Verschnaufpause ein. Ich holte meine Vorräte, setzte mich mitten in die Türöffnung – vor mir die Spiegelbilder und hinter mir die gähnende Schwärze des Tunnels –, und ich nahm ein wahrhaft opulentes Mahl zu mir. Und dann merkte ich, daß ich sehr müde war. Der Boden war zwar hart, jedoch nicht kalt. Es wurde ein guter und langer Schlaf.
    Als ich erwachte, vermochte ich zwar nicht zu sagen, ob es draußen Tag oder Nacht war, doch das war ja auch ziemlich gleichgültig. Die Luft hier drinnen schien mir noch trockener zu sein als im Tonnengewölbe,

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