Andular II (Die Erneuerung des Kreises) (German Edition)
benötigten. Ein gutes Dutzend Harken und Sensen stand ordentlich nebeneinander gereiht zwischen einigen übereinandergestapelten hölzernen Kisten, in denen die Feldarbeiter die Tagesernte bis zu ihrer Weiterverarbeitung aufbewahrten. Rechts neben einem der Kistentürme waren Narlo und Renyan gerade dabei eine doppelflügelige Falltür mittels zwei großen Messingringen zu öffnen. Staub wirbelte auf, als die schweren Flügel der Tür auf den steinernen Boden schlugen.
Narlo nahm nun eine kleine Öllampe von einem Regal zu seiner rechten und Candol schnippte mit seinen Fingern, worauf sich sogleich eine kleine Flamme im Inneren der Lampe entzündete.
„Folgt mir bitte nach unten“, rief Narlo und hielt die Lampe in die Dunkelheit hinein. Durch ihren hellen Schein wurden sogleich einige Stufen sichtbar, doch wie viele es waren und wohin sie führten, war nicht zu erkennen, da das schwache Licht ein Stück weit unten bereits wieder von der Dunkelheit verschluckt wurde.
Langsam stieg Narlo die ersten Stufen hinunter. „Bleibt dicht bei mir und haltet euch sicherheitshalber am Geländer fest, das nach der siebten Stufe an der linken Wand beginnt. Die Stufen hier sind sehr alt und abgenutzt, man kann leicht auf ihnen ausrutschen!“
Candol und Jindo folgten ihm als Erstes und hinter ihnen gingen Pelrin und Renyan, der Inoel an einer Hand hinter sich herführte. Den Abschluss machte Jesta, der sich bald darauf wünschte, er wäre nicht als Letzter hinuntergegangen, da der Schein der Lampe zwar immer noch die weiteren Stufen vor Narlo beleuchtete, ihn selbst aber schon bald wieder in der Dunkelheit zurückließ.
Immer weiter tanzte die Lampe auf und nieder und die Stufen hinab, und Jesta fragte sich insgeheim, wie tief sich der Laresius Raum wohl unter der Erde befinden mochte. Ein seltsamer Geruch lag nun in der Luft. Schwer und süßlich und Jesta hatte ihn nie zuvor gerochen. Er hatte gerade Stufe dreiundvierzig gezählt, als der Schein der Lampe plötzlich verschwand und nur noch die schwarzen Silhouetten von Candol und Jindo zurückließ. Jestas Tempo erhöhte sich schlagartig und fast hätte er Inoel die Stufen hinunter gestoßen, als ihm Stufe vierundsechzig schließlich auf unangenehme Weise das Ende der Treppe bekannt gab. Er hasste dieses Gefühl - zu denken es käme noch eine Stufe, dann jedoch plötzlich auf festen Boden zu treten, verwirrte nicht nur ihn, sondern auch seine Füße, von denen einer sogleich wegknickte, Jesta dadurch ins Straucheln kam und sich schließlich der Länge nach hinlegte.
„Ist dir etwas passiert?“, hörte er Inoels Stimme vor sich in der Dunkelheit, da sie sich nach ihm umgedreht hatte, gleich nachdem sie das laute Klatschen auf dem harten Steinboden vernommen hatte.
„Mir?“, antwortete Jesta und raffte sich wieder auf. „Nein, nein. Das ist ein alter Brauch von uns Durandi! Bringt Glück! Machen wir immer, wenn wir zum ersten Mal das Ende einer Treppe erreicht haben!“
Zu seinem Glück konnte er Inoels ungläubigen Gesichtsausdruck in der Dunkelheit nicht sehen, aber einen Augenblick später erleuchteten plötzlich zwanzig großen Kerzen den Raum, die in ihren Halterungen rings herum an der Wand angebracht waren. Candols Fingerschnippen hatte auch hier seine Wirkung nicht verfehlt, und nun sah Jesta auch, was den angenehmen Geruch verströmte: In dem runden Raum, der weit größer war als der zuvor, standen vielerlei Bänke und Werktische auf denen wiederum unzählige gläserne Behälter und Trichter standen. Sie alle waren durch dünne Röhren miteinander verbunden oder wurden von sich kringelnden Schläuchen getragen, die an einigen Ringen an den Deckenbalken befestigt waren. Überall tuckerte und zischte es und feiner Dampf stieß aus den gläsernen Kolben und Kegeln. Und dieser Dampf war es, der so süß und lieblich roch. Unter einem besonders großen Gefäß stand ein kleiner Kocher, dessen blaugelbe Flamme die Flüssigkeit im Inneren zum Brodeln brachte. Kleine Blasen stiegen aus der trüben Flüssigkeit auf und der so entstandene Dampf wich durch eine kleine Röhre in einen weiteren kugelförmigen Behälter, indem er kondensierte und zu klaren feinen Tropfen in eine kleine grüne Flasche rann.
„Laresius!“, rief Narlo und wechselte die volle Flasche gegen eine leere aus. Die Volle verschloss er sogleich und stellte sie zu unzähligen anderen auf ein hohes Regal. „Helft mir nun bitte, die drei leeren Bänke hier und einige der Fässer von dort hinten
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