Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
sich wenige Minuten später wieder auf Nevurs Rücken. “Dann wollen wir mal wieder“, sagte er, aber der Esel setzte sich nur schwerlich wieder in Bewegung. „Ein bisschen mehr Elan, wenn ich bitten darf! Wenn wir die Stadt erreicht haben, kannst du dich von mir aus bis morgen früh ausruhen, vorausgesetzt, es gibt dort einen passenden Unterschlupf für müde Esel.“
Ohne weitere Zwischenfälle ritten sie noch eine ganze Weile daher, bis Jesta auf einmal eine Stadt am Horizont erkennen konnte.
„Panjan! Endlich!“
Die Stadt war größer als er vermutet hatte. Zwar erreichte sie nicht die Ausmaße Vaskanias, war dafür aber nicht minder beeindruckend. Eine fast fünfzehn Meter hohe Mauer umringte die gesamte Stadt. Auf einem Hügel, der am südlichsten Ende lag, stand ein großes Gebäude, dessen acht große Türme, jeweils einer an jeder Ecke der Außenwände, hoch über die Stadtmauer hinaus in den Himmel ragten. Das Dach des Gebäudes schimmerte in einem silbernen, leicht grünlichen Ton und auf Jesta wirkte es wie trübes Glas, durch das die Strahlen der Sonne hindurch gelangen konnten. Als er durch das große offene Haupttor ritt, das ebenfalls in einem satten Grün gestrichen war, bemerkte er, dass jedes einzelne Dach der Häuser aus dem gleichen gläsernen, grün schimmernden Material bestand wie das des großen Gebäudes auf dem Hügel. Die Häuser selbst waren aus großen, grauen Steinen gebaut, von denen viele mit dickem Moos besetzt waren. Grün dominierte die gesamte Stadt. Die teils dicken Bäume, die hier und da zwischen den Häusern standen, trugen ihren Teil noch dazu bei. Als Jesta jedoch an einigen der ersten Häuser vorbei kam, fiel ihm auf, dass die Bäume sogar in die Häuser mit einbezogen worden waren. So brachen an einigen Stellen dicke Äste durch die Mauern hindurch und ab und zu verschob eine Wurzel gar ganze Häuserecken. So etwas hatte er noch nie zuvor gesehen. Die Menschen dieser Stadt mussten ein sehr inniges Verhältnis zur Natur haben, anders konnte er sich diesen ziemlich bizarren Anblick nicht erklären.
Die Einwohner selbst schienen von ihm kaum Notiz zu nehmen, und wenn er ab und zu mal jemanden ansah, der gerade an ihm vorübereilte, wurde er von ihm freundlich gegrüßt und ging weiter seiner Wege. Außer vor einer großen Rampe, die am Ende der langen Hauptstraße zu dem Hügel hinauf führte, sah er nirgendwo Wachen. Die zwei die rechts und links an den Seiten der Rampe standen hatten lange braune Kapuzenmäntel an, sodass ihre Gesichter im Verborgenen lagen, und trugen jeweils in der zur Rampe hin gewandten Hand einen langen Speer, an dessen oberen Teil, knapp unter der Speerspitze, ein grünes Banner im Wind wehte, auf dem ein großes, helles Ahornblatt abgebildet war, auf dem sich zwei Speere kreuzten.
Jesta saß nun von Nevur ab und führte ihn hinter sich her über die nasse und schlammige Straße. Nach einigen Metern wandte er sich einem Mann zu, der hinter sich einen hölzernen Karren zog, auf dem Unmengen von weißen Rüben lagen, und fragte ihn nach einer möglichen Unterkunft für seinen Esel. Der Mann grüßte ihn freundlich, nahm seine braune Mütze ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Eine Unterkunft sucht ihr?“, fragte er und rümpfte seine große rote Nase. „Hm, da fragt ihr Mal am besten im Gasthof „Zum purpurnen Eber“ nach. Ist nicht weit von hier. Gleich die nächste Straße rechts und am vierten Haus der linken Seite
könnt ihr schon das Schild sehen.“
Jesta bedankte sich bei ihm und der Mann setzte seinen Karren wieder stöhnend in Bewegung.
„Die Nächste rechts und dann das vierte Haus links“, wiederholte Jesta leise und ging weiter.
Die Häuser der schmalen Seitenstraßen waren leicht nach vorne geneigt, sodass sich ihre grünen Dächer bedrohlich über seinen Kopf hinweg wölbten, als er sich langsam dem Gasthaus näherte, dessen großes Schild ihm schon von Weitem ins Auge stach.
Die Stallungen für die Pferde waren direkt neben dem Gasthaus angebracht und so führte Jesta seinen Esel unter das lange Vordach, bis an einem großen Heuhaufen heran, bei dem zwei Männer mit großen Heugabeln standen und sich angeregt unterhielten.
„Einen guten Tag wünsche ich den Herren! Wäre es wohl möglich meinen Esel bis zum morgigen Tag hier unterzubringen?“, fragte Jesta und wandte sich an den hageren der beiden Männer, der daraufhin seine Heugabel in den Haufen stach. „Natürlich, vorausgesetzt ihr habt vor
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