Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
davon.
Jesta versuchte so gut es ging an ihm dran zu bleiben und bewies erneut, dass weit mehr in seinem Esel steckte, als man es von einem solchen Tier erwarten würde.
Nach knapp zwei Stunden hatten sie das westliche Ufer des Lyrdas erreicht und befanden sich nun ein Stück weit südlich des Dorfes. Dort legten sie eine kurze Pause ein und Crydeol warf sich seinen dunklen Kapuzenmantel über, wobei er sich die Kapuze tief ins Gesicht zog. Anschließend vergewisserte er sich, dass die Scheide seines Zweihänders gut unter dem Mantel verborgen blieb, und wandte sich Jesta zu. „Jetzt hör mir gut zu“, sagte er angespannt, „ab jetzt verhalten wir uns so, wie ich es dir gestern erzählt habe. Sobald wir das Dorf erreicht haben, wirst du stets hinter mir bleiben und mir das Reden überlassen! Wenn uns jemand anspricht, bleibe stumm, und wenn dich jemand etwas fragt, so werde ich für dich antworten!“
Jesta nickte und sie ritten weiter hintereinander her am westlichen Ufers des Flusses entlang. Selten zuvor hatte Jesta solch klares Wasser gesehen. Das Flussbett des Lyrdas war nicht besonders tief und an einigen Stellen hätte man gefahrlos die andere Seite erreichen können, da einige große Steine wie ein grauer Pfad von dem einen zum anderen Ufer reichten.
Rauschend trieb die Strömung an ihnen vorbei und in weiter Ferne tauchten die kleinen Häuser des Dorfes vor den schneebedeckten Spitzen des Molgebirges auf. Jesta gefiel diese Gegend und er wünschte sich, dass sie aus einem anderen Grund durch diese Lande ziehen würden, und nicht um einen Mann zu jagen, den er weder richtig kannte noch jemals zuvor getroffen hatte. Wie würde das Zusammentreffen zwischen Renyan und Crydeol wohl verlaufen? Und würde er selbst etwas dazu beitragen können, um die Begegnung der beiden Männer zu einem glücklichen Ende zu führen? Tief im Inneren hoffte er, dass sie Renyan nicht in Talan antreffen würden, aber er wusste nur allzu gut, dass Crydeol die Reise bis zu ihrem bitteren Ende weiterführen würde. Er war hin und her gerissen von seinen Gedanken und Crydeol bemerkte Jestas Anspannung jedes Mal, wenn er sich nach ihm umdrehte, aber er sprach ihn nicht an und ritt weiter. Nur noch wenige Meilen trennten sie jetzt von Talan und je näher sie dem Dorf kamen, desto mehr verhärtete sich das Gesicht des Generals.
Weißer Rauch stieg aus einigen Häusern auf, als sie die Dorfgrenze erreichten. An einem Zaun, der vor dem Dorf an einer Wiese entlang führte, banden sie Lago und Nevur fest und verfolgten ihn weiter, bis sie an das südliche Tor des Dorfes stießen.
Die Häuser Talans waren viel kleiner als jene, die Jesta von den Städten und Dörfern der Menschen her kannte. Aber nicht nur die Häuser, auch alles andere in dem Dorf war kleiner geraten. Angefangen von den Wägen und Karren, die vor einigen Häusern standen, oder sich mitten auf dem Weg vor ihnen befanden, bis hin zu den kleinen Schaufeln und Heugabeln, die an einigen der Häuserwände lehnten. An jeder Straßengabelung standen Wegweiser, die Jesta gerade mal bis zu seinem Kinn reichten. Auf ihnen war in feinen geschwungenen Buchstaben der Name der jeweiligen Straße geschrieben. „Knotterweg“ oder „große Gebirgsstraße“ war da zu lesen. Und auf der großen Gebirgstrasse befanden sie sich in diesem Moment und diese zog sich geradewegs durch das Dorf, bis zum nördlichen Tor und darüber hinaus. Auf den Straßen und Wegen herrschte reges Treiben, dennoch blieben einige der kleinen Wesen stehen, als Jesta und Crydeol an ihnen vorbei gingen, und beobachteten sie misstrauisch. Andere wiederum schienen von den Neuankömmlingen gar keine Notiz zu nehmen und liefen einfach an ihnen vorüber oder gingen weiter ihrer momentanen Arbeit nach. Jesta war fasziniert von diesen kleinen Wesen, und staunend musterte er jeden der ihren Weg kreuzte. Häufig konnte er gar nicht unterscheiden, ob es sich um Männlein oder Weiblein handelte, da ihn die langen, roten Haare verwirrten, die fast bis auf den Boden herab hingen und aus denen ihre großen runden Ohren hervorstanden. Was alle von ihnen, bis auf ihre üppige Haarpracht, gemeinsam hatten, war ihr rundes freundliches Gesicht, mit den knolligen Nasen und den dicken, rötlich leuchtenden Wangen. Rechts von Jesta, unter einem niedrigen Vordach, befand sich eine Schmiede, in der ein Talani - und offenbar war er ein männlicher Vertreter ihrer Art, da er einen roten langen Bart trug und zudem ein kleinwenig größer
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