Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
abermals zurück und holte noch einen, den er Jesta entgegen schob. „So!“, sagte er lachend, „jetzt können wir uns weiter unterhalten. Schließlich kann ich meinen großen Gästen nicht zumuten, auf einem unserer Stühle Platz zu nehmen.“
Crydeol und Jesta bedankten sich höflich für die Mühe des Wirtes, aber der winkte lächelnd ab. „Keine Ursache“, sagte er. „Die standen noch von gestern hier herum, als ein Anderer eurer Art sich hier aufhielt. Ich bin froh und stolz auch die anderen Völker Andulars bewirten zu dürfen, denn niemand soll sich in Schmausers Gasthaus unwohl fühlen!“
Crydeol warf Jesta einen scharfen Blick zu. Dann nahm er Platz und wandte sich wieder dem kleinen Kerl hinter dem Tresen zu.
„Ein anderer Mensch sagt ihr? Welch Zufall. Ein Händler nehme ich an?“
„Nein“, antwortete Hungo, „kein Händler. Einer von Panjans größten Kriegern und ein guter Freund unseres Dorfes. Wohlmöglich kennt ihr ihn ja. Ihr stammt auch aus Panjan, ja?“
Crydeol nickte, woraufhin ihn Jesta überrascht anstarrte.
„Sieht man mir das trotz meiner kurzen Haare an?“, fragte der General lachend. „Denn es stimmt! Ich stamme tatsächlich aus Panjan. Zusammen mit meinem treuen Diener hier, wollte ich mich in eurem Dorf nach ein paar ausgezeichneten Klingen umsehen, für die euer Volk ja auf ganz Andular bekannt ist. Und wenn ihr von Panjans größten Krieger sprecht, so kann es sich eigentlich nur um Renyan handeln, habe ich recht?“
Hungo stellte ihnen zwei Bierkrüge hin und nickte. „Ganz recht“, antwortete er und befüllte sich ebenfalls einen Krug. „Er war es.“
Crydeol nahm seinen Krug auf und prostete ihm zu. „Der alte Gauner“, lachte er und nahm einen großen Schluck. „Den hab ich ja seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Treibt sich ja auch immer in der Wildnis herum und kommt nur alle paar Wochen wieder in die Stadt. Wie geht es dem alten Haudegen? Treffen Noirils Pfeile immer noch ins Schwarze, oder sollte ihn bereits die Gicht gepackt haben?“ Er lachte übertrieben und stieß den Durandi neben sich in die Seite.
Hungo sah ihn skeptisch an. „Noirils Pfeile?“, wiederholte er misstrauisch. „Ihr als Panjaner solltet doch wissen, dass Renyan den singenden Bogen nicht mehr besitzt. Und das schon seit einigen Jahren.“
Fast hätte sich Crydeol verschluckt, als er die Worte des Talani vernahm, doch dann setzte er alsbald wieder ein Lächeln auf und sprach: „Natürlich weiß ich das. Aber Renyan schießt mit jedem Bogen vortrefflich und war schon immer ein beneidenswerter Schütze, selbst bevor ihm sein Vater Noiril überließ! Ein tragischer Schicksalsschlag, dass er ihn nicht mehr besitzt. Wie konnte es nur dazu kommen?“
„Davon hat er nichts erzählt“, erwiderte Hungo, und der zweifelhafte Ausdruck verschwand wieder von seinem Gesicht. „Er hat überhaupt nicht viel gesprochen, aber das hat er in den letzten Jahren nie getan, wenn ich mich mit ihm unterhalten habe.“
Das wunderte Crydeol nicht, da Hungo auf ganz Talint für seine lose Zunge bekannt war, und niemand hätte ihm ein Geheimnis anvertraut, dessen er sich sicher sein konnte, das der geschwätzige Wirt es für sich behalten würde.
„Würde ihn gern mal wieder zu Gesicht bekommen“, seufzte Crydeol. „Hält er sich noch in eurem Dorf auf?“
Hungo schüttelte den Kopf. „Leider nicht. Habe ihn heute Morgen gesehen, wie er das Dorf auf der großen Gebirgsstraße in Richtung Norden verlassen hat. Leeni, die Tochter des alten Schmieds Ybbon, hat ihn begleitet. Soviel ich weiß, ist ihr Molbar erkrankt und sie hat Renyan gebeten, sie zum Molgebirge zu begleiten.“
Crydeol trank seinen Krug aus und überreichte ihm den Wirt.
„Na ja“, sagte er enttäuscht, „da kann man nichts machen.“ Er kramte einige Dukaten aus der Manteltasche und legte sie auf den Tresen. „Dann wollen wir uns mal in der Schmiede umsehen“, sagte er und stand auf. Jesta tat es ihm gleich und verbeugte sich vor dem Wirt.
„Auf ein baldiges Wiedersehen!“, rief der ihnen nach. „Würde mich interessieren, was Renyan zu berichten hat, falls ihr ihn noch begegnen solltet!“
„Das glaube ich gern“, murmelte Crydeol leise und verschwand nach draußen.
Zurück auf der großen Gebirgstrasse ging der General unruhig auf und ab. „Verflucht!“, zischte er leise. „Ausgerechnet das Molgebirge.“
Jesta sah ihn unwissend an. „Was ist denn so schlimm an diesem Gebirge? Immerhin wisst ihr jetzt, wo
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