Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
Kante der Anhöhe und blickte von dieser scharf auf ihn herab.
„Candol war seinerzeit weitaus höflicher und vor allem – geduldiger! Ihr hättet euch wenigstens vorstellen können, damit ich weiß, mit wem ich es zu tun habe und euch auch für das Betreten meines Reiches entschuldigen sollen!“ Dann beugte er sich bedrohlich nach vorne und fügte hinzu: „Ihr könnt vom Glück sagen, dass der weiße Rabe mit euch ist, ansonsten hätte ich euch schon längst den Kopf von den Schultern gerissen!“
Renyan trat einen Schritt zurück. Die Stimmgewaltigkeit des Wolfes hatte ihn eingeschüchtert und so stammelte er verlegen: „Renyan. Mein Name ist Renyan. Und Candol war es, der mich zu euch geschickt hat.“
„Ach, hat er das?“, erwiderte Ziron höhnisch. „Und glaubt ihr wirklich, das könnte meine Entscheidung bezüglich eures Anliegens beeinflussen? Warum sollte ich euch begleiten und meine Meute zurücklassen? Könnt ihr mir auch nur einen Grund nennen, der mich überzeugen könnte!“
Renyan kannte die Antwort auf seine Fragen bereits. Warum sollte Ziron mit ihm kommen und einem Menschen helfen, dessen weiteres Leben ihm nicht im Geringsten zu interessieren hatte?
„Nein“, antwortete Renyan niedergeschlagen, „kann ich nicht.“
Ziron wandte sich von ihm ab. „Dann sehe ich keinen Grund, euch weiterhin in meinem Reich zu dulden. Geht!“ Sogleich wichen die anderen Wölfe von Renyan zurück und gaben den Weg wieder frei.
„Ihr wart unsere einzige und letzte Hoffnung“, sagte Renyan gefasst und kehrte dem großen Wolf den Rücken zu. Letztendlich hatte er die Reise umsonst angetreten. Doch gerade als er den weißen Raben zu sich rufen wollte, kamen ihm wieder Candols Worte in den Sinn: Du wirst dich als würdig erweisen müssen, Renyan! Wenn es dir gelingt, dass Ziron dich achtet und respektiert, hast du vielleicht eine Chance.
„Als würdig erweisen?“, murmelte Renyan leise. „Mir seinen Respekt verdienen.“ Angestrengt dachte er über die Bedeutung der Worte nach und plötzlich, wie ein Schlag aus heiterem Himmel, schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf. Entschlossen kehrte er wieder um und zog sein Schwert hervor.
„Ziron!“, rief er dem Wolf mit fester Stimme zu. „Ich werde nicht ohne euch zu meinem Freund zurückkehren! Und wenn ihr auf meine Bitte nicht eingehen wollt, fordere ich euch zum Kampf auf! Für das Leben eines Freundes - ist das Grund genug?“
Ohne Vorwarnung schnellte der Wolf plötzlich herum und sprang von der Anhöhe auf Renyan zu. Für einen kurzen Moment erstarrte Renyan beim Anblick der riesigen Zähne und der auflodernden Augen, dann fing er sich wieder und hechtete zur Seite. Ziron war jetzt einige Meter hinter ihm, richtete sich auf und ließ sein Horn im grellen Licht erstrahlen. Gleich darauf bildete seine Meute einen dichten Ring um die beiden Kontrahenten und unterstützte ihren Anführer mit lautem Knurren und Geheule.
Renyans Ziel war es, den großen Wolf zu Fall zu bringen und ihn dann, mit einer Hand an der Kehle und dem Schwert in seiner anderen, dazu zu zwingen mit ihm zu kommen. Er wollte Ziron nicht töten, doch was wenn der Wolf selbst im Angesicht des Todes nicht aufgeben wollte? Er musste es riskieren, eine andere Möglichkeit bestand nun nicht mehr. Sein Schwert nach vorn gerichtet, stürmte er auf Ziron zu, und der erwartete ihn schon. Die mächtigen Pfoten des Wolfes gruben sich in das Gestein wie durch lockere Erde, dann schoss er auf den Menschen zu und ließ sein Horn in einem solch grellen Licht erstrahlen, das es Renyan blendete und in den Augen schmerzte. Die Hände schützend vor das Gesicht gehoben, taumelte er zur Seite. Dann spürte er den massigen Körper des Wolfes gegen seinen prallen und wurde von ihm zu Boden gerissen. Noch bevor er reagieren konnte, hatten sich die kräftigen Vorderpfoten auf seine Arme gelegt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht versuchte Renyan sein Schwert in der Hand zu halten, doch Zirons Druck war zu groß. Die zitternden Finger öffneten sich und gaben die Waffe frei. Darauf schnellte der Kopf des Wolfes hervor, packte das Schwert mit den Zähnen und mit einem gewaltigen Druck seines Kiefers, zerbrach er die Klinge wie einen dünnen Ast.
Renyan starrte auf die mit Geifer überzogenen Teile seines Schwertes. Mit ganzer Kraft versuchte er sich jetzt aufzubäumen, doch Zirons Zähne verbissen sich sogleich in seiner Schulter und schleuderten ihn im hohen Bogen hinter sich. Ein stechender Schmerz fuhr ihm
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