Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
knurrender Laute klang. Dann trat plötzlich einer der Wölfe hervor und senkte ehrfurchtsvoll sein Haupt. Eine lange Narbe zierte das linke Auge des Tieres, das jetzt von Zirons Horn berührt wurde.
„Das ist Askart“, sprach Ziron zu Renyan. „Er ist der höchste und treueste meiner Untertanen. Er wird die weißen Wölfe für die Zeit meiner Abwesenheit führen. Und nun, da ich meinen Stellvertreter bestimmt habe, sollten wir aufbrechen.“
Daraufhin wandte sich Askart wieder den anderen Wölfen zu und zusammen verabschiedeten sie ihren König, der im selben Moment durch ihre Reihen schritt und sich aufmachte, Asmadar in Begleitung des Menschen und des weißen Raben zu verlassen.
Der Jaraansee
Candol nahm einen Krug Wasser, befeuchtete ein dickes Tuch und legte es Crydeol auf die Stirn. Danach füllte er zwei kleinere Tonkrüge, von denen er einen an Jesta reichte.
„Solange wir hier auf Renyans Freunde warten, könntest du mir eigentlich erzählen was du mit der Fehde zwischen Crydeol und Renyan zu tun hast. Denn darüber habe ich mir, um ehrlich zu sein, noch gar keine Gedanken gemacht. Warum hast du Crydeol bei seiner Suche nach Renyan begleitet?“
Und da erzählte ihm Jesta alles von Anfang an, wobei er bemüht war nichts auszulassen. Jede Kleinigkeit, an die er sich noch erinnern konnte, erzählte er dem Zauberer und der hörte sich alles aufmerksam an, ohne den Durandi auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen.
Als Jesta mit seiner Erzählung fertig war, starrte Candol einige Zeit lang ins Leere. Jesta beobachtete ihn, wie er gedankenverloren dasaß und im ersten Moment hatte er das Gefühl, dass der alte Zauberer über seine Geschichte hinweg eingeschlafen wäre.
„Candol?“, flüsterte er leise. „Was ist denn? Stimmt etwas nicht?“
„Ich weiß es nicht“, erwiderte der Zauberer und sah ihn nachdenklich an. Schließlich stand er auf und ging einige Schritte durch das Zimmer. „Was hat ihn nur nach all den langen Jahren wieder an die Oberfläche getrieben? Was hat das zu bedeuten?“
„Sprecht ihr über den Wolkenwal, Candol?“
Der Zauberer drehte sich mit ernster Miene zu ihm um. „Ja. Die Beobachtung, die du über den Hügeln jenseits von Panjan gemacht hast, ist es, die mich beunruhigt. Der alte Urca ist schon seit Ewigkeiten nicht mehr aus den Tiefen des Jaraansees aufgetaucht und sein erneutes Erscheinen verheißt möglicherweise nichts Gutes.“
„Ihr hört euch schon an wie der alte Fegard Knaudelmann, der Wirt des purpurnen Ebers“, lachte Jesta. „Auch er vermutete, dass sich etwas Unheilvolles anbahnen könnte, jetzt, wo sich der Wolkenwal wieder gezeigt hat.“
Candols Blick verfinsterte sich schlagartig. „Und damit könnte er auch durchaus recht haben, du Narr! Aber was weißt du schon? Gar nichts!“
Jesta wich erschrocken zurück. Solch eine Reaktion hatte er von Candol nicht erwartet. Verschüchtert sah er zu Boden und wagte es nicht dem Gesprochenen des Zauberers noch etwas entgegenzusetzen.
„Tut mir leid, Jesta“, seufzte Candol, und der Zorn war wieder aus seinem Gesicht gewichen. „Ich bin für gewöhnlich nicht so aufbrausend und muss mich für mein Verhalten entschuldigen. Aber Urcas Erscheinen bereitet mir tiefe Sorge!“
„Aber kann es nicht sein, dass er sich nach all den langen Jahren seiner Abwesenheit nur mal wieder erkundigen wollte, was sich in der Zwischenzeit alles auf Andular ereignet hat?“
„Das bezweifle ich.“
„Weshalb?“
Der Zauberer spähte durch das offene Fenster und betrachtete den strahlend blauen Himmel. „Zuviel Zeit ist inzwischen vergangen“, antwortete er und schloss das Fenster. „Vielleicht ist sein plötzliches Erscheinen nur die Ruhe vor dem Sturm. Zu lange hat er sich in den dunklen Gewässern des Jaraansees zurückgezogen, nur um jetzt nach dem Rechten zu sehen. Nein, irgendetwas ist im Begriff zu geschehen, nur kann ich nicht genau sagen, was es ist!“
„Und nun? Was gedenkt ihr zu tun?“
Candol sah ihn eine Weile lang an, dann ging auf das Bücherregal zu, das über seinem Bett an der Wand hing. Sein Blick wanderte über die vielen Bücherrücken, bis er schließlich ein dickes und ziemlich abgegriffenes Buch hervorzog und sich mit diesem in der Hand wieder zu dem Durandi setzte.
„Was ist das für ein Buch?“, fragte Jesta und betrachtete, wie sich die dünnen Finger des Zauberers durch den Wälzer tasteten.
Kurz darauf hatte Candol die Stelle gefunden, nach der er gesucht hatte, und hielt
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