Andy und Ryan
Mia die Treppe herunter. Sie trug ein knielanges schwarzes Kleid und hatte ihre Haare in einem strengen Dutt zusammengebunden. Andy folgte ihr und sah beim Laufen auf den Boden. Ihr schlanker Körper war in einen langen schwarzen Rock und eine schwarze Bluse gehüllt, welche die Blässe ihrer Haut betonten. Ihre blonden Haare hatte sie mit zwei Klammern locker zurückgesteckt. Sie sah mal wieder umwerfend aus.
››Können wir?‹‹, fragte ich gelassen in die Runde. Mia und Andy nickten synchron und wir gingen zusammen nach draußen. Vor dem Haus, am Rande der kleinen Seitenstraße, stand schon unser bestelltes Taxi. Schweigend stiegen wir ein und wiesen den Fahrer an zum Friedhof zu fahren. Die anderen fuhren ebenfalls mit Taxis dorthin. Vermutlich waren sie sogar schon da.
Die ganze Fahrt über herrschte im Taxi eine drückende Stille. Niemand traute sich etwas zu sagen und ich hatte sogar schon fast Angst zu laut zu atmen. Andy saß die ganze Zeit starr in ihrem Sitz und starrte mit leerem Blick aus dem Fenster. Sie schien mit den Gedanken überhaupt nicht anwesend zu sein. Zuerst wollte ich sie ansprechen und aufmuntern, doch dann überlegte ich es mir anders. Sie schien im Moment einfach ihre Ruhe zu brauchen und ich wollte sie ihr auch geben. Mia schien es ebenso wie mir zu gehen. Wir warfen uns ab und zu unschlüssige Blicke zu, doch sagten wir ebenfalls kein einziges Wort.
Nach einer halben Stunde Fahrt, durch den Verkehr von Barcelona, kamen wir endlich am Friedhof an, welcher sich am Stadtrand befand. Der Friedhof war ziemlich groß und von alten Backsteinmauern umgeben. Er wirkte jedoch gut gepflegt und die vielen Blumen auf den Gräbern waren schön anzusehen. Trotzdem stieg in mir ein unwohles Gefühl auf. Ich war nicht gern auf Friedhöfen. Die ganze Atmosphäre behagte mir nicht und zog mich runter. Der Gedanke, dass unter dem Boden tausende von Toten lagen… Eine unangenehme Gänsehaut überzog meinen Körper.
Als ich aus dem Taxi stieg, presste ich meine Lippen fest aufeinander und versuchte das ungute Gefühl zu unterdrücken. Ich musste mich immerhin zusammenreißen. Ich wollte für Andy da sein und nicht selber Beruhigung von jemandem brauchen.
Auf dem Friedhofsgelände waren schon ein paar Leute versammelt. Unter ihnen konnte ich auch meine Freunde erkennen. Zusammen mit Andy und Mia ging ich auf sie zu. Als sie uns entdeckten winkten sie uns zu, doch sie lächelten nicht wie sonst. Alle wirkten sehr ernst und traurig. Die Wirkung des Friedhofs hatte also auch auf sie einen Einfluss. Nacheinander nahm jeder Andy in die Arme und begrüßte sie mit netten und bedacht gewählten Worten. Sogar Clary und Toby wirkten mal angespannt und ernst, was bei den beiden wirklich einem Wunder glich.
Während die anderen sich noch um die schweigende Andy kümmerten, sah ich mich ein wenig auf dem Friedhof um. Vor der großen Portaltür der Kirche hatten sich einige Leute versammelt. Es waren nicht viele. Ich sah drei Frauen und zwei Männer. Natürlich war mir klar das Andys Mutter nicht sonderlich viele Bekannte hier in Barcelona haben konnte, da sie erst zwei Jahre hier gewohnt hatte, doch trotzdem ließ mich dieser Anblick traurig werden. Ich hatte zwar mit Andys Mutter keinen wirklichen Kontakt, aber als ich sie gesehen hatte, hatte ich sofort bemerkt was für eine nette und gutmütige Person sie gewesen war und ich hätte sie wirklich sehr gerne besser kennengelernt.
Nach einer Weile trauten sich die fünf fremden Personen auch zu unserer kleinen Gruppe und sprachen Andy ihr Beileid aus. Ich bekam mit, dass es sich bei den Personen um flüchtige Bekannte handelte. Bei einem der Männer hatte Andys Mutter sich jeden Arbeitstag ihr Mittagessen geholt und sie hatten immer nette Gespräche geführt, wie er sagte. Doch unter den ganzen Leuten war kein wirklich enger Bekannter der Frau. Mia war mit Abstand ihre engste Freundin gewesen und sie hatte nicht einmal in Barcelona gelebt. Ich fand das alles ziemlich traurig.
Wie von selbst glitt mein Blick mal wieder zu Andy. Sie stand etwas abseits der Gruppe und sah auf den Boden. Wieder verdeckte mir ihr langer Pony die Sicht auf ihr Gesicht. Ohne lange zu zögern ging ich auf sie zu und nahm ihre Hand in meine. Ich wollte ihr zeigen, dass ich für sie da war und dass sie das alles nicht allein durchstehen musste. Langsam hob sie ihren Kopf an und sah zu mir auf. Ihre grünen Augen glänzten feucht und auf ihren Wangen hatten sich kleine rote Punkte
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