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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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neckte sie.
    Aurelia klopfte ihre Pfeife im Kamin aus und steckte sie in die Tasche. »Ich hab nicht geschlafen«, leugnete sie energisch. »Nur meine Augen ausgeruht. Ich sage Jessie, sie soll uns ein Tässchen Tee machen.«
    »Da hättest du aber Glück«, sagte Ellie lachend. »Sie ist drüben bei der Scheune und macht dem neuen Jackaroo schöne Augen.«
    Aurelia grunzte angewidert, stemmte sich aus dem Sessel und trat an den Kamin. Es hatte keinen Sinn, um den heißen Brei zu reden; sie wusste, warum Ellie gekommen war. »Es wundert mich, dass du so lange gewartet hast. Ich habe dich schon vor zwei Tagen erwartet«, sagte sie unverblümt.
    »Dann hast du also auch einen Brief bekommen«, sagte Ellie leise und strich sich das Haar hinter die Ohren. »Was stand drin?«
    Aurelia betrachtete die ausdrucksvollen braunen Augen und die Sommersprossen auf Ellies Stupsnase. Sie war zu einer ansehnlichen Frau herangewachsen, aber Aurelia erinnerte sich immer noch an die zerlumpte Göre, die sie einmal gewesen war. Sie war immer noch da – in dem schmalen Kinn und in der schlanken Gestalt, und auch in der Erfahrung, die in diesen Augen wohnte. Arme Ellie!, dachte sie betrübt. Sie hat so viel durchgemacht – es ist nicht fair, dass sie es noch einmal durchmachen soll. Aber es musste sein. Sie würden es beide tun müssen, wenn die Dinge in dieser Familie je wieder in Ordnung kommen sollten. »Sie will Antworten«, sagte sie schließlich.
    Ellies Augen waren dunkel vor Schmerz. »Ich hätte von Anfang an die Wahrheit sagen sollen«, murmelte sie. »Aber ich dachte, es ist richtig, wenn ich schweige. Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass es so enden könnte.«
    »Die Wahrheit hat die unangenehme Angewohnheit, mit aller Gewalt ans Licht zu wollen«, sagte Aurelia schroff. »Claire ist ein intelligentes Mädchen. Es war unausweichlich, dass sie die Dinge früher oder später hinterfragen würde.«
    »Das wird Leanne auch tun, wenn sie erst begriffen hat, warum Claire nach Hause kommt«, seufzte Ellie. Sie holt eine Packung Zigaretten aus der Tasche. Aurelia sah, dass ihre Hände zitterten, als sie versuchte, eine anzuzünden. Es gelang ihr erst nach mehreren Versuchen, und als sie den Rauch tief in die Lunge gesogen hatte, stand sie aus dem Sessel auf und fing an, auf und ab zu gehen.
    »Vielleicht solltest du ein Wort mit Leanne reden?«, schlug Aurelia leise vor. »Ich muss offen zu dir sein, Liebes. Mir hat diese ganze Geheimniskrämerei noch nie gefallen, und jetzt, da Weihnachten bevorsteht   …« Sie ließ den Satz unvollendet. Ellie brauchte wirklich nicht daran erinnert zu werden, was dann passieren würde.
    »Ich habe versucht, meine Töchter zu beschützen.« Ellie wandte Aurelia den Rücken zu und starrte aus dem Fenster. »Aber ich habe alles nur noch schlimmer gemacht.« Sie schlang die Arme um sich selbst und brach in Tränen aus.
    Aurelia legte ihr einen Arm um die Schultern. Sie wusste, dass sie sich kaum vorstellen konnte, welches Leid Ellie erfahren musste, und dass sie ihr nichts als ein bisschen Trost anzubieten hatte. Denn Claires bevorstehende Rückkehr hatte die Büchse der Pandora bereits geöffnet und die Erinnerungen herausfluten lassen – Erinnerungen, die jahrelang geschlummert hatten, machtvolle Erinnerungen, die diese Familie zerreißen konnten.

DREI

    C laires Puls raste, als sie vom Highway in die lange Zufahrt nach Gregory Downs abbog, die sie nach Warratah bringen würde. Hier war die Straße noch gut, aber ein paar Meilen weiter würde sie steinig werden, und Schlaglöcher und Wasserrinnen würden ihre Geschwindigkeit drosseln. Der Wagen protestierte schon, die Kühlwassertemperatur blieb anhaltend hoch. Die Angst vor dem, was kommen würde, bereitete Claire Kopfschmerzen. Sie brauchten beide eine Atempause, der Wagen und sie.
    Der weite Kiesplatz vor dem Hotel Gregory Downs war verlockend. Da sich hier die letzte Gelegenheit bot, etwas zu essen und zu tanken, bevor sie die letzte Etappe ihrer Reise antrat, bog Claire darauf ein und parkte neben einem ramponierten Kombi. Sie stellte den Motor ab und lehnte sich zurück. Auf den letzten paar hundert Meilen waren ihre Bedenken gewachsen. Sie hatte einen trockenen Mund und hämmernde Kopfschmerzen. Sie wühlte ein Aspirin aus der Tasche und schluckte es mit einem Mund voll lauwarmer Limonade.
    Mit einer Grimasse beäugte sie ihr schweißfleckiges Hemd und die schmutzigen Shorts. Am Morgen waren sie noch sauber gewesen, aber bei der

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