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Angel 01 - Die Engel

Angel 01 - Die Engel

Titel: Angel 01 - Die Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Kilworth
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den Fernsehnachrichten wurden Experten befragt, die erklärten, dass nur sehr wenige Läusearten tatsächlich Fleisch fraßen. Die meisten seien nur Blutsauger. Seltsamerweise trug das nicht sonderlich dazu bei, die Bevölkerung zu beruhigen. Und es half definitiv nicht dabei, die Selbstmorde einzudämmen, von denen einige ziemlich grausam waren. Meistens handelte es sich um penible alte Herren und zimperliche alte Damen, für die Läuse eine große Erniedrigung darstellten, die ihnen unerträgliche Schmach zufügte.
    Dann gab es noch andere Experten, die tröstliche Gedanken äußerten, etwa: » Tja, wissen Sie, Katzen und Hunde haben ihr Leben lang Läuse. Wir versuchen natürlich, sie zu behandeln, aber man kann sie nicht völlig ausrotten. Vielleicht sollten wir uns nun wie unsere Haustiere verhalten und die Parasiten einfach hinnehmen. Einige Naturschützer halten das für eine gute Sache – immerhin sind Läuse auch Lebewesen. Und wir wollen ja nicht, dass sie irgendwann vom Aussterben bedroht sind wie die Elefanten, oder?« Der Nachrichtensprecher starrte den Experten böse an, während er zwischen Daumen- und Zeigefingernagel ein winziges Tier zerquetschte und hoffte, dass es bald ganz oben auf der Liste der bedrohten Tierarten landen würde.
    Einige flohen in einem verzweifelten Versuch, dem Ganzen zu entkommen, aus der Stadt und nahmen ihre Läuse mit. Ihnen standen furchtbare Tage bevor, und jeder wusste es. Chemiekonzerne würden ein Vermögen machen. Raffinierte Spekulanten hatten sich bereits Anteile gesichert.
    London krabbelte.
    Die Einzigen, die sich durch die Plage nicht stören ließen und ihr Leben ohne Aufregung weiterführten, waren die Obdachlosen, die Straßenkinder und die Penner. Für sie ging das Leben ganz normal weiter, und sie verstanden nicht, was das ganze Theater sollte. Viele von ihnen hatten schon so lange Läuse, wie sie auf der Straße lebten.
    Und natürlich die Affen im Londoner Zoo. Sie müssen den Aufstand auch ziemlich seltsam gefunden haben. Immerhin war es ein soziales Ritual, den Partner oder Freund zu entlausen, vorsichtig sein Fell abzusuchen und sich dabei zu unterhalten. So konnte man prima ein oder zwei Stunden rumbringen, und es war therapeutisch fast so wertvoll wie eine Gruppenumarmung.
    Genau das erzählte Rajeb Daphne, als er später am Abend ihren Schädel absuchte, wofür er sich einen harten Schlag in die lausverseuchten Teile einfing.

18
    S elbst die Betten in den Krankenhäusern waren voller Läuse, doch der Mensch ist ein erstaunlich anpassungsfähiges Wesen. Wenige Tage nachdem das Ungeziefer aufgetaucht war, zerquetschten Leute, die vorher noch geschworen hätten, sie würden durchdrehen, wenn man auch nur eine Laus bei ihnen fände, genervt aber geduldig ihre Parasiten. Man tat, was man konnte, um die Zahl der Parasiten so niedrig wie möglich zu halten, aber man konnte ja auch nicht ewig hysterisch kreischend durch die Straßen rennen.
    Der Ozonschicht wurde durch Antiläuse-Sprays aus Armeebeständen ein herber Schlag versetzt. Eine Quelle dieser Ware waren die A&N-Läden, da das Militär die einzige größere Institution war, die seit über fünfzig Jahren Pläne für eine Läuseinvasion entwickelt hatte. Da die Sprühdosen allerdings Mitte des vergangenen Jahrhunderts hergestellt worden waren, waren sie nicht besonders umweltfreundlich.
    Danny und Dave saßen am Bett des Erzdiakons. Lloyd lag auf dem Rücken, hatte Schweiß auf der Stirn und umklammerte sein Taschentuch, als wollte er Wasser aus einem Stein pressen.
    » Es hat wehgetan«, sagte Lloyd kläglich. » Siebenundzwanzig Stiche.«
    » Das glaube ich Ihnen«, erwiderte Dave, » aber wenigstens leben Sie noch.«
    » Oh Gott, der arme Junge, er ist bei lebendigem Leib verbrannt. Aber er hat mir auch so wehgetan. Er muss wahnsinnig geworden sein.« Lloyd liefen die Tränen über das Gesicht und straften seine Worte Lügen. » Was ich so hart finde, ist, dass der Schmerz, den er mir zugefügt hat, alle guten Gefühle auslöscht, die ich für ihn hatte. Er war wie ein Sohn für mich.«
    Trauer und Schmerz vermischten sich und verursachten einen komplexen Aufruhr der Gefühle in Lloyd Smith. Sowohl Dave als auch Danny war es unangenehm, das miterleben zu müssen. Lloyd wollte die Person hassen, die ihm solche Qualen zugefügt hatte, aber diese Person war ein junger Mann gewesen, der ihm sehr nahegestanden hatte, und so kämpfte Liebe gegen Hass. Lloyd war offensichtlich emotional ebenso

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