Angel City Love (German Edition)
Teppich. Männliche Schutzengel in gut geschnittenen Anzügen, deren Göttliche Ringe im Glanz der Scheinwerfer funkelten, sowie weibliche Engel in rückenfreien Kleidern, die ihre Male der Unsterblichkeit reizvoll zur Schau stellten. Die Fans drängten sich gegen die Absperrungen und schrien sich die Seele aus dem Leib. Spaziergänger, die zufällig vorbeikamen, blieben stehen und starrten auf das Schauspiel, teils ungläubig angesichts des Glamours, der sich ihrem Auge darbot, teils einfach nur gebannt von diesem herrlichen Anblick.
Überall sah man Sicherheitspersonal: Im vergangenen Jahr hatte es ein Mitglied einer radikalen Anti-Engel-Gruppierung, genannt die Menschliche Verteidigungsfront, kurz MVF , während der Approbationsfeierlichkeiten auf den roten Teppich geschafft. Er hatte sich als Schutzengel verkleidet und war von oben bis unten mit Kunstblut beschmiert und mit einem Schild in der Hand auf die laufenden Kameras zugerannt. Auf dem Schild hatte gestanden: SIE SIND KEINE ENGEL . Er war rasch abgeführt worden, doch der Vorfall hatte seine Spuren hinterlassen. Die Europäische Zweigstelle der MVF hatte fünf Monate zuvor in München die bewaffnete Entführung eines Engels unternommen, ein Plan, der fehlschlug, weil der Engel seine Angreifer überwältigen hatte können. In Angel City war die MVF bislang nie gewalttätig geworden, aber sie waren eine ständige Bedrohung, und die Engel wollten in dieser Hinsicht kein Risiko eingehen.
Ob man die Engel liebte oder hasste – gegen das Flirren in der Luft kam man nicht an, es glich einer Art elektrischer Spannung, als wäre die Anwesenheit der Unsterblichen richtiggehend greif- und spürbar.
Und dann kam der große Augenblick: Als Jackson Godspeed den Fuß aus dem Wagen setzte und ins Scheinwerferlicht trat, tobten die Massen. Jackson trug einen grauen Anzug von Gucci, dazu ein weißes Hemd und eine schmale schwarze Krawatte. Sofort schwärmten die Paparazzi aus. Jackson holte tief Luft und setzte ein geübtes Lächeln auf, als die Kameras sein Abbild hungrig zu verschlingen begannen. Hinter den Barrikaden brüllten hysterische Fans Dinge wie » Rette mich, Jackson!« und » Ich wäre so gern dein erster Schützling!«. Jackson wandte sich um und versäumte es nicht, seinen vielen Verehrerinnen zuzuwinken. Er war charmant, ohne dass es aufgesetzt gewirkt hätte. Eine angespannt aussehende Dame mittleren Alters im schwarzen Hosenanzug kam zu ihm hinübergehuscht. Als er Darcy erkannte, musste Jackson erleichtert grinsen. Sie war seine Pressesprecherin, solange er denken konnte.
»Du siehst hinreißend aus«, sagte Darcy, nachdem sie ihn kurz gemustert hatte. »Und wenn du nackt hier angetanzt wärst, ich könnte nicht zufriedener sein.«
Jackson lachte. Sein Stiefvater Mark mochte Darcy, weil sie in ihrem Metier die beachtlichste Liste an Kunden vorzuweisen hatte. Doch Jackson gefiel an Darcy vor allem, dass sie unverstellt, ehrlich und ein wahres Energiebündel war. Bisweilen waren ihre Späße das Einzige, was ihm half, derlei Veranstaltungen zu überstehen.
»Die üblichen Verdächtigen aus dem Medienbetrieb warten schon, Access Angels, Angels Weekly, Angel News Network, ach ja, und natürlich die von A!« Während sie sprach, tippte sie etwas in ihren BlackBerry. »Vivian ist schon hier, also denk dran« – sie hörte auf zu tippen und richtete ihren Blackberry wie eine Waffe auf ihn –, »kein Wort über deinen Beziehungsstatus. Beschränke dich auf vage Andeutungen.«
Jackson zuckte mit den Schultern. »Ist das denn echt so wichtig?«
» Gerüchte sind es, die wirklich zählen, Jackson. Gerede. Beiträge auf Twitter. Klatsch und Tratsch.« Sie glättete das Revers ihres Jacketts. »Alles ist wichtig, was die Gerüchteküche anheizt. Und das gehört dazu, also pass auf. Es ist nur zu deinem und Vivians Bestem. Willst du, dass sich diese Nummer mit dir auf dem Cover gut verkauft? Dann lass sie im Dunkeln, was das betrifft, okay?«
Jackson suchte den roten Teppich in beide Richtungen nach Vivian ab, bis er sie entdeckt hatte. Da stand sie, in einem asymmetrischen schulterfreien Kleid, das wahrscheinlich aus ihrer eigenen Modelinie stammte. Sosehr er sich auch dagegen sperrte, Jackson konnte nicht leugnen, dass Vivian einfach umwerfend aussah. Er ermahnte sich, auf Distanz zu gehen. Sie würden kein Paar mehr werden, das war für ihn beschlossene Sache. Ganz gleich, wie glücklich Mark darüber gewesen wäre.
»Alles in Ordnung mit dir?«,
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