Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)
paar Schritte zurück.
Ich stehe auf. «Oh, tut mir leid.» Achselzuckend halte ich mein Buch hoch.
Sie kneift die Augen zusammen, bewegt sich dicht an der gegenüberliegenden Wand an mir vorbei und geht rückwärts zu ihrer Wohnungstür. «Was machst du hier?»
«Ich warte auf Luc.» Ich zeige auf seine Tür. «Es tut mir wirklich leid. Ich wollte dich nicht erschrecken. Oder gar umbringen», füge ich lächelnd hinzu.
Das Lächeln scheint zu wirken, denn sie lässt die Schultern sinken und legt die defensive Haltung ab. «Du wartest auf Luc?»
«Ja. Ich hab geklopft, aber er scheint nicht da zu sein.»
Sie runzelt die Stirn. «Ich glaube, er hat gesagt, er müsste heute lange arbeiten.»
«Oh. Danke. Dann warte ich eben noch ein wenig.»
Wortlos wendet sie sich wieder ihrer Tür zu, doch ich schwöre, ein Lächeln blitzt um ihre Mundwinkel, als sie den Schlüssel ins Schloss steckt. Meine Stimmung sinkt, als sie hinter der Tür verschwindet und Riegel und Schlösser zuschnappen.
Ich warte, hoffe, dass sie wieder auftaucht, und bin kurz davor, mich zum Haus zurückzutransferieren, als die Schlösser und Riegel wieder geöffnet werden. Die Tür schwingt einen Spaltbreit auf, und sie steckt den Kopf heraus.
«Du kannst auch bei mir warten, wenn du willst.»
«Danke.»
Ich gehe zu ihr, und sie sieht mich eine ganze Weile nur an. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Aber dann öffnet sie die Tür ganz. «Willst du ein Bier oder so?»
Ich trete ein, und da schießt mir durch den Kopf: Was tust du hier eigentlich? Aber ich verdränge die Frage, denn mich durchfährt ein Kribbeln. «Klar.»
Sie schließt die Tür, und ich schaue mich um. Es herrscht das reinste Chaos. Es sieht aus wie bei Luc, außer, dass dieses Zimmer voll von schmutzigem Geschirr und … Müll ist. Die Post, die sie eben noch in der Hand hatte, entdecke ich auf einem großen Haufen Papier auf der Küchenarbeitsplatte.
«Tut mir leid, hier ist es ein bisschen chaotisch.» Sie nimmt einen kleinen Stapel Geschirr von der Couch und stellt ihn auf einen noch größeren Stapel in der Spüle. «Setz dich.»
Ich nehme Platz.
Mit zwei Bier aus dem Kühlschrank hockt sie sich zu mir auf die Couch – nah, aber ohne dass wir uns berühren – und gibt mir eins. Das Bier hilf meinem trockenen Mund, und wir plaudern eine ganze Weile. Meine Gedanken rasen, und ich kann dem Gespräch kaum folgen, aber ich bin schon froh, dass sie nichts fragt, was ich nicht beantworten kann.
«Noch ein Bier?» Sie schüttelt ihre leere Flasche und steht auf. Auch wenn wir uns nicht berührt haben, ist mir plötzlich kalt.
«Nein, danke.»
«Also, ich gehe heute Abend zu einer Party.» Sie holt noch ein Bier aus dem Kühlschrank und dreht sich um. «Ich könnte meine Freundin fragen, ob sie was dagegen hat, dass du mitkommst.» Sie senkt den Blick und kratzt das Etikett von ihrer Flasche. «Falls du Lust hast.»
Ein elektrischer Strom durchzuckt mich. Ich weiß, was ich sagen will, aber …
«Ich hab schon … Ich kann nicht. Tut mir leid.» Wie armselig! In solchen Augenblicken wünsche ich mir wirklich, ich könnte lügen.
«Kein Problem», sagt sie und öffnet das Bier, sieht mich aber immer noch nicht an.
«Ich würde wirklich gern mitkommen.» Ich sage das mit so viel Verve, dass mir die Hitze ins Gesicht steigt, und plötzlich fürchte ich, rot zu werden. Ich habe nicht gewusst, dass das möglich ist ohne Blut.
Da sieht sie mich an. «Aber du hast eine Freundin.»
«Nein!» Ich Trottel.
«Und warum kannst du dann nicht mitkommen?»
«Weil ich schon … was anderes vorhabe.» Dasselbe, was ich immer tue.
«Sag’s ab.»
«Ich wünschte, ich könnte.»
Sie senkt den Blick, aber sie lächelt. «Das geht mir immer so. Die Guten haben immer schon was Besseres vor.»
Sie hält mich also für einen «Guten». Es zerreißt mich schier. Können Engel einen Herzinfarkt bekommen? «Okay, ich bin dabei.»
Große Augen sehen mich an. «Ehrlich?»
«Klar.»
Was tue ich hier eigentlich?
Ich breche die Regeln.
In meinem Innern baut sich ein seltsames Gefühl auf, als würde ich gleichzeitig implodieren und explodieren. Ich zittere, und ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. «Klar.»
Ich bin nervös und aufgekratzt, ja, ich stehe regelrecht neben mir. Und es gefällt mir. So fühlt es sich also an, wenn ich eigene Entscheidungen fälle. Tue, was ich will. Es ist toll – als könnte ich tatsächlich ein eigenes Leben haben.
Ich warte im Flur,
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