Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)
Gelächter, das ich mehr fühle als höre, wirklich meines ist, doch es heizt mich an. Mit dem Arm fege ich die Bücher von den mittleren zwei Regalbrettern, bevor ich mich den CDs zuwende, die ich bündelweise aus den Regalen zerre und durch das geschlossene Fenster auf den Parkplatz werfe. Das Klirren, mit dem das Glas birst, mischt sich unter mein Gelächter. Ich hebe eine Scherbe auf und ziehe damit einen dünnen blutigen Schnitt über meine Handfläche, lecke ihn ab und lasse mir den metallischen, salzigen Geschmack auf der Zunge zergehen. Mein Stöhnen erwächst aus Begehren … Verlangen. Dann höre ich meine Stimme … und doch nicht meine Stimme.
«Ich will …»
Liliths Flüstern in meinem Kopf lockt mit verbotenen Freuden. «Was, Fee? Was willst du? Wenn du irgendetwas haben, irgendetwas tun könntest, was wäre das?»
Ich sehe Luc vor mir, der sich wehrlos unter mir windet. Mich schaudert, als ich mir vorstelle, wie ich die Glasscherbe langsam über seine Brust ziehe, über den Hals, das Gesicht. Das Blut von meiner Hand vermischt sich mit seinem Blut – ein mit Blut besiegeltes Versprechen.
Ja, ich will Luc in Todesqualen sehen, wenn er stirbt vor Lust, will seine Seele in die Hölle schleifen und zusehen, wie sie im Hades verbrennt. Das Bild des Schattenreiches steht mir so deutlich vor Augen, als hätte ich es tausendmal gesehen.
«Sehr schön.» Liliths Stimme ist verführerisch, ermutigend. «Wir werden ein tolles Team, Fee. Ich kann dir ganz viel beibringen. Und wenn du bereit bist, wird mein König einen passenden Gastkörper für dich finden.»
Bei der Erwähnung von König Lucifer überkommt mich Angst, aber bevor sie mich lähmt, wird sie von Lust abgelöst. Lust auf Ihn und Seine Macht. Eine überwältigende Woge des Begehrens schlägt über mir zusammen. Ich brauche Ihn. Ich will in Seiner Gegenwart sein.
«Das lässt sich einrichten», sagt Lilith, und ich spüre, dass ihre schaudernde Vorfreude sich mit meiner deckt.
Plötzlich ist die Luft elektrisch geladen, und sämtliche Haare stellen sich mir auf. Mein gesamter Körper kribbelt vor Sehnsucht. Ich atme langsam gegen den Schwindel und mein wild pochendes Herz an, während ich auf Ihn warte.
Ein schmatzendes Reißgeräusch erfüllt die Luft, und Er erscheint in einem roten Blitz.
Er ist riesig und mächtig. Ich keuche angesichts Seiner Schönheit und zittere, als Er auf mich zukommt, stumm und ungeduldig. Seine schwarze Lederhaut scheint alles Licht aufzusaugen, um es durch die glühenden grünen Katzenaugen in Seinem scharfkantigen Gesicht wieder zu verströmen. Auf Seinen gedrehten blutroten Hörnern sitzt eine stachlige goldene Krone, das Zeichen Seiner unendlichen Macht. Und so sehr ich Ihn will – Ihn brauche –, bin ich doch wie gebannt. Ich kann nur ehrfürchtig zusehen, wie Er langsam auf mich zukommt, die Lippen zu einem höhnischen Grinsen verzogen.
«Frannie», dröhnt Er. «Endlich bist du wieder mein. Es hat lange gedauert.»
Als Er vor mir steht und mir Seine Klaue auf die Schulter legt, durchfährt mich eine unbeschreibliche Wonne.
«Erinnere dich», knarzt Er mir leise ins Ohr.
Er hüllt mich in Seine Flügel, und ich fühle plötzlich eine Vertrautheit, Trost – das flüchtige Bild eines schönen Engels mit unergründlichen grünen Augen. Seine Lippen brennen sich in meine Stirn, und Seine Macht durchströmt mich, als würde ich mit dem Universum verbunden … Feuer … bei lebendigem Leibe verbrennen … qualvolle Seligkeit. In dieser Ewigkeit, nicht länger als ein Blinzeln, stirbt ein Teil von mir ganz allmählich, bis die Welt nur noch ein dunkler, wirbelnder Abgrund ist, voller anstößiger Gedanken, abartiger Ideen und zerstörerischer Gefühle.
Die Welt ist die Hölle.
Ich bin verloren in der Finsternis.
Dann ist da das Nichts.
Luc
Als ich mich in meine Wohnung transferiere, bringt der Anblick dessen, was ich dort vorfinde, mich beinahe um. Mein Herz aus Schwefel wird schier erdrückt von der Last dessen, was ich zugelassen habe. Ich stürze durch das Zimmer zum Bett und ziehe Frannies leblosen Körper an mich.
Ich schaue zu Gabriel, der in seiner Engelsgestalt mit weit ausgebreiteten Flügeln in der Nähe der Tür schwebt. Er schaltet das Glühen ein und gleitet auf uns zu. Aber als ich mich über Frannie beugen will, um zu sehen, ob sie noch atmet, spüre ich eine sengende Hitze, und rotes Höllenfeuer erhellt den Raum, gefolgt von einem weißen Blitz. Ozon überlagert den Schwefel und
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