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Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)

Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)

Titel: Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Desrochers
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gelesen?», fragt sie aufgebracht. «Für alles, was er getan hat, gab es ja wohl gute Gründe.» Oh, wie mir ihr Feuer gefällt.
    «Ach, für Mord und Diebstahl gibt es also gute Gründe? Tut mir leid, aber das wusste ich nicht.»
    «Manchmal ja. Selbst unser Rechtssystem kennt so etwas wie ‹mildernde Umstände›.»
    «Unser Rechtssystem ist ein Witz.»
    «Und was ist mit der Kirche? Auch da wird Mördern vergeben, wenn sie aus Notwehr getötet haben.»
    «Komm mir bloß nicht mit der Kirche.»
    «Weißt du was, Luc? Du bist der zynischste Mensch, den ich kenne.»
    «Ich bin nur Realist.»
    «Wahrscheinlich können meine Eltern dich deshalb nicht leiden. Hast du ihnen auch von deinen tollen Theorien erzählt?»
    Ihre Worte überschlagen sich, so aufgebracht ist sie. Ich muss mir ein Lächeln verkneifen. «Wie denn? Ich habe sie ja kaum begrüßen können.»
    «Meine Eltern mögen sonst jeden. Sogar Taylor. So wie auf dich haben sie noch auf niemanden reagiert.»
    Wahrscheinlich, weil du nie zuvor einen Dämon eingeladen hast. «Tja, was soll ich dazu sagen? Es gibt eben Leute, die lehnen mich ab.» Frannie errötet. Sie lehnt mich eindeutig nicht ab. Auch das Bier tut seine Wirkung, denn langsam entspannt sie sich.
    «Mich wundert nur, dass deine Eltern Taylor mögen.»
    Frannies Lider scheinen ein wenig schwer zu werden. «Sie finden ihre rosa Haare lustig.»
    «Gut, dann werde ich mir die Haare auch rosa färben.»
    Frannie fängt an zu lachen, ein rückhaltloses, fröhliches Lachen. Es berührt etwas in mir, und plötzlich fühle ich mich – lebendig. Sie lehnt sich an die Bettkante und schließt die Augen. Aus ihrem Lachen wird Gekicher. Zwei Bier, und schon ist sie betrunken.
    «Rosa Haare», gluckst sie schläfrig. «Die würden sich aber mit deinen roten Augen beißen.» Und schon rutscht sie ein Stück tiefer und dämmert weg.
    Rote Augen? Hölle, wann hat sie das denn mitbekommen? Sie ist wirklich eine aufmerksame Beobachterin. Aber im Grunde bin ja ich derjenige, der nicht aufhören kann, sie anzuschauen. Ihr Atem verlangsamt sich und wird tiefer. Ich betrachte ihr Gesicht und spüre die Lust, langsam ist mir das Gefühl vertraut. Doch da ist noch etwas, das aus der Tiefe dringt und sich um mein Lustgefühl windet – nur habe ich dafür keinen Namen.
    Wenn ich wollte, könnte ich Frannie jetzt nehmen. Ein Teil von mir schreit förmlich nach ihrem Körper. Doch ein anderer, der mit diesem Namenlosen in mir zusammenhängt, meldet sich ebenso lautstark zu Wort und erinnert mich an Frannies Seele. Auch die könnte ich mir jetzt nehmen, und dann würden wir zusammen sein – auf jede erdenkliche Weise und bis in alle Ewigkeit.
    Nur ganz so einfach ist das nicht, denn bislang ist Frannie nicht einmal markiert worden, und den Platz in der Hölle muss man sich verdienen. Bislang habe ich noch keine Berechtigung, ihre Seele mit in die Hölle zu nehmen. Außerdem, mein König hat offensichtlich ganz besondere Pläne für Frannie. Er würde sie mir nicht lassen.
    Trotzdem, eine kleine Kostprobe könnte ja nicht schaden, oder? Frannie würde nichts davon bemerken und müsste es auch nie erfahren. Eine ganze Weile sitze ich da und kämpfe mit mir. Zuletzt gewinnt meine Neugier. Mit geschlossenen Augen beginne ich mich zu sammeln und verdichte mich zu meinem Geist, bis ich spüre, dass er meinen Körper verlässt und durch Frannies halbgeschlossene Lippen in sie fährt.
    Ich fühle mich sofort wohl. Erstaunlich, wie angenehm es in ihr ist. Wenn ich sonst auf diese Weise Besitz von jemandem ergreife, fühlt es sich eng und klaustrophobisch an, doch hier ist es schön – nein, wundervoll. Langsam arbeite ich mich zu ihrem Kopf hoch, nicht, um ihn zu beherrschen, sondern um einen kurzen Blick hineinzuwerfen. Ich wüsste gerne, was Frannie denkt, wovor sie Angst hat, wonach sie sich sehnt. Doch im letzten Augenblick weiche ich zurück. Ihre Gedanken gehören nur ihr, dort einzudringen wäre nicht richtig. Was ist nur mit mir los? Nicht richtig?
    Stattdessen begebe ich mich auf die Suche nach ihrer Seele. Als ich sie finde, raubt es mir den Atem. Noch nie habe ich etwas so Schönes gesehen; sie schimmert in cremigem Weiß, durchzogen mit glänzenden Fäden aus Silber, Zartgrün und Hellblau, als wäre sie aus reinem Perlmutt. Das ist wirklich etwas anderes als die dunklen Gebilde, die die Seelensammler mit in die Hölle bringen. Frannies Seele duftet süß nach Nelke und Johannisbeere. Der feine Geruch legt sich

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