Angel Eyes. Zwischen Himmel und Hölle (German Edition)
stößt ein Lachen aus, so ausgelassen, dass ich mitlachen muss. Das Lachen kommt irgendwo tief aus mir heraus. Es klingt fremd in meinen Ohren – glücklich.
Gleich darauf brüllt Frannie: «Oh, Scheiße!» Als Nächstes ertönt lautes Platschen, und Wasser spritzt auf.
Mein Lachen erstirbt. «Frannie!», schreie ich und springe mit einem Kopfsprung in den See. Als ich auftauche, schaue ich mich suchend um. Von Frannie ist nirgends etwas zu sehen. Aber ich meine, ein leises Kichern von der anderen Seite des Sees aus zu hören. Aber es verliert sich im Rauschen der Blätter. «Frannie!», schreie ich noch einmal. Keine Antwort. Panisch schwimme ich zu der Stelle, an der das Schaukelbrett seinen höchsten Schwung erreicht, und tauche unter. Mit Hilfe meiner Macht erhelle ich das trübe Gewässer mit rötlichem Schein und schwimme langsam zum Ufer zurück. Kurz bevor ich die Steine erreiche, streckt sich mir von unten eine Hand entgegen, die ich packe und hochziehe. Frannie! Wassertretend umschlinge ich ihren Körper und stoße uns in die Höhe. Als Frannie auftaucht, spuckt sie Wasser, hustet und schnappt nach Luft.
«Was war das?», keucht sie mit schreckgeweiteten Augen. «Irgendwas hat mich da unten gepackt und festgehalten.»
Ich helfe ihr über die Steine ans Ufer. Als wir beide festen Grund unter den Füßen haben, mustere ich sie besorgt. «Ist alles okay?»
«Ja – nur kalt», antwortet sie mit klappernden Zähnen.
Dagegen steigt aus meiner nassen Kleidung Dampf auf. Um sie zu wärmen, drücke ich Frannie fest an mich, streiche ihr das triefende Haar zurück. Frannie zittert wie Espenlaub. Um sie zu wärmen, stoße ich mehr Hitze aus. Gleich darauf beginnt auch Frannies Kleidung zu dampfen.
«O Gott», flüstert sie. «Wie heiß du bist.»
Ich lächle in mich hinein. Gott ist so ungefähr der Letzte, der dabei eine Rolle spielt.
«Es war, als hätte jemand mein Bein festgehalten», murmelt Frannie, während ihr Zittern langsam nachlässt.
«Vielleicht hat dein Fuß sich in einer Baumwurzel verhakt?»
«Vielleicht. Aber eigentlich hat es sich anders angefühlt.»
Sanft wiege ich Frannie hin und her, höre die zirpenden Grillen und sehe die Mondsichel am Himmel. Diesen Augenblick möchte ich festhalten. Noch nie hat sich etwas so richtig angefühlt – und gleichzeitig so falsch. Wie verzaubert halte ich Frannie in den Armen und lausche dem nächtlichen Grillenkonzert. Frannie und ich, mehr kann ich nicht mehr denken.
Meine Angriffspläne haben sich in Rauch aufgelöst.
Frannie
Als meine Kleidung und Haare halbwegs getrocknet sind, fährt Luc mich nach Hause. Doch auf dem ganzen Weg überlege ich, was ich meinen Eltern sagen soll. Wie soll ich ihnen Luc und meine feuchten verknitterten Sachen erklären? Als unser Haus in Sicht kommt, bin ich noch immer so ratlos wie zuvor.
Auch das mit Luc versuche ich zu begreifen oder vielmehr das, was ich empfinde, wenn ich in seiner Nähe bin. Es ist etwas vollkommen anderes als meine Gefühle für Gabe, aber genauso beängstigend. Nein, das stimmt nicht. Gabe ängstigt mich auf andere Weise. Meine Gefühle für Gabe sind tief und stark. Die für Luc wild und ungezähmt. Luc traue ich nicht. Wie könnte ich auch? Aber das, was ich für ihn oder bei ihm empfinde, will ich nicht verlieren.
Luc biegt in unsere Einfahrt ein und stellt den Motor aus. Ich sitze da und wünschte, ich könnte einfach für immer hier bleiben.
«Da wären wir», sagt er.
«Tja», antworte ich. Mehr fällt mir nicht ein. Luc greift nach mir, um mich zu küssen. Ich sinke in seine Arme. Erst nach einer kleinen Ewigkeit, die aber trotzdem nicht lang genug ist, lässt er mich wieder los.
«Soll ich dich zur Tür begleiten?»
Ich raffe mein wirres Haar zusammen und schlinge es zu einem Knoten. «Ich denke, das wäre keine so gute Idee.»
Luc grinst. «Sie schauen doch sowieso schon aus dem Fenster.»
Erschrocken werfe ich einen Blick zum Wohnzimmerfenster. Die Vorhänge bewegen sich und werden fallen gelassen. Gleich darauf fliegt die Eingangstür auf. Meine Mutter erscheint auf der Schwelle, in flachen Pumps und blauem Trägerkleid, starrt mich an und verschränkt die Arme vor der Brust.
«Sie weiß, dass du mich geküsst hast», lacht Luc.
Mist, Mist. «Mist.»
Leise lachend steigt Luc aus und öffnet mir die Tür. Luc, der Gentleman. Er nimmt sogar meine Hand, um mir beim Aussteigen zu helfen. Auch auf dem Weg zur Tür lässt er meine Hand nicht los, und ich spüre, wie
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