ANGEL - Wolfsmensch (German Edition)
nicht, dass er sich Dinge von mir versprach, die ich ihm nicht geben konnte. Geben wollte! Er war zwar die einzige Konstante in meinem Leben, war das, was mich im Gleichgewicht hielt, aber dennoch ... Er war nicht das, was ich wollte.
„Lass uns rein gehen“, sagte ich leise zu ihm und brach den Kontakt, indem ich aufstand. Langsam wurde mir diese plötzliche, unglaublich intime Verbindung zu viel. Ich konnte es nicht leiden, dass er mir das Gefühl gab, mich selbst nicht unter Kontrolle zu haben. Das musste aufhören!
Ich ging hinauf in mein Zimmer, und als ich die Tür hinter mir schloss, war ich mir nicht sicher, ob er zu mir kommen würde. War mir nicht sicher, ob ich wollte, dass er zu mir kommt. Fluchend über diese schreckliche, innere Zerrissenheit, legte mich aufs Bett und wartete.
Aber Claude kam nicht.
Kapitel XV
Dunkel war es in ihrem Traum. Sie schlief tief und fest, als er sie endlich fand. Behutsam drang Ira in ihren träumenden Geist ein. Griff nach den Fäden ihres Unterbewusstseins und verwob sich damit. Er wusste, was er ihr zeigen wollte. Das, was er sich wünschte, wollte er ihr eingeben. Aber das Erste, was er sah, waren Bilder vergangener Zeiten. Dinge, an die sich ihr Körper erinnerte, aber nicht ihr Bewusstsein.
Er sah hohe, weiße Räume. Erfüllt von kühler Luft und Licht. Die Stille, die diesen Ort erfüllte, war greifbar. Keine Vögel. Keine Stimmen. Nur endlose Stille. Und das alles erstickende Gefühl von Einsamkeit. Und Trauer. Ira konzentrierte sich noch mehr und versuchte mehr zu erkennen. Der Raum, in dem sie war, war komfortabel, beinah luxuriös, aber kalt und gefühllos.
Seinen Blick schweifte weiter durch ihre Erinnerungen und da sah er die Gitter vor den Fenstern. Die Schlösser an der Tür. Spürte die atemraubende, lähmende weiße Magie, die ihr die Kehle zuschnürte.
Das war ein verdammtes Gefängnis.
Ein schöner Hochsicherheitstrakt.
Und sie, Angel, war die Gefangene. Er fühlte ihren Hunger. Gnadenlos. Gewaltig. Ewig hatte man sie wohl hungern lassen. Ihr Geist war schwach und verschwommen. Ihr Körper ausgezehrt. Sie lag zusammengerollt auf einem riesigen, weißen Bett. Alles war so fürchterlich Weiß hier drin! Sie zitterte. Kratzte an den Fesseln, die ihre Hände und Füße aneinander ketteten. Sie weinte leise vor sich hin. Murmelte immer wieder dieselben, blassen Worte. In einer Sprache, die Ira seit Ewigkeiten nicht mehr gehört hatte. Und als er sich bewusst wurde, was sie sagte, welche Sprache sie da sprach, ergab alles um ihn herum plötzlich einen Sinn.
Schlagartig katapultierte ihn diese Erkenntnis in seinen eigenen Körper zurück. Zurück in sein Schlafzimmer. Atemlos, keuchend vor Überraschung saß er da und starrte in die dunkle Leere vor sich.
Das war unmöglich! Schlicht und ergreifend unmöglich! Das konnte überhaupt nicht sein! Denn wenn es tatsächlich der Fall sein sollte, dann…
Er konnte das Lachen, das ihm den Hals herauf kroch, nicht unterdrücken. Er brach in schallendes Gelächter aus, als ihm alles klar wurde.
Natürlich! Er hatte es ihm schließlich gesagt. Er hatte ihm gesagt, dass es früher oder später so kommen würde. Sein Vater hatte ihn verdammt noch mal gewarnt. Ira fuhr sich mit den Händen durchs Haar und konnte es nicht glauben. Er war seinem Schicksal begegnet. Kein Wunder, dass sie ihn so verrückt machte. Sie war es! Sie war sein Schicksal.
Sie war die Erste!
Schnell rang Ira wieder um seine Fassung. Er richtete sich auf, schloss die Augen und kehrte zu ihr zurück. Er fand sie sofort wieder. Blitzschnell war er in ihrem Traum und diesmal zögerte er keine Sekunde.
Nun war er ihr Traum ...
Sie lag in dem gewaltigen Bett. Weiche, duftende Kissen. Ihre ersten Gedanken warm und voller Zufriedenheit. Es war dunkel um sie herum. Der Tag war noch jung. Sie wusste es, weil sie das Geräusch der Schattierung geweckt hatte. Ein Geräusch, an das sie sich gut erinnerte. Er würde bald heimkehren ... Ein Lächeln trat auf ihre Lippen bei diesem Gedanken. Sie freute sich auf seine Rückkehr. Sehnte sich nach ihm. Konnte es kaum erwarten, ihn wieder bei sich zu haben. Immerhin hatte sie sich vorher zurechtgemacht und wartete nun auf ihn. Ihr nackter, gereinigter Leib verborgen unter der kühlen Satinbettdecke.
Schon hörte sie draußen auf dem Gang die Schritte von mehreren Stiefeln. Dunkle, laute Männerstimmen hallten durch die geschlossene Tür. Er und seine Brüder waren zurück. Sie lachten und scherzten. Sie
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