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Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition)

Titel: Angela Merkel – Die Zauder-Künstlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolaus Blome
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steht zur Disposition.
    Im beginnenden Wahljahr 2009 kritisiert Merkel den Papst wegen der Haltung des Vatikans zur umstrittenen Pius-Bruderschaft und deren möglicher Rehabilitierung durch den Papst – trotz anti-jüdischer Äußerungen eines hohen Vertreters der Bruderschaft. Viele, die sich in der CDU konservativ nennen, teilen in der Sache, was sie sagt. Aber sie hätten es niemals öffentlich gesagt und schon gar nicht als Kanzlerin. Das, den Tabubruch, werfen sie Merkel vor, es wird wirklich Sturm der Entrüstung daraus. Die Parteichefin lässt verlauten: Sie wisse, dass ihre öffentliche Kritik am Papst manchen in der CDU / CSU verletzen würde. Aber sie habe das bewusst in Kauf genommen. Denn an ihrer Ablehnung jedweden anti-jüdischen Gehabes dürfe sie als deutsche Regierungschefin keinerlei Zweifel aufkommen lassen. Das passt zu einem anderen öffentlichen Satz Merkels, gemünzt auf Partei- und Regierungsamt: »Ich habe dem deutschen Volk einen Eid geschworen, nicht meiner Partei.«
    Der zweite Fall ist der Erika Steinbachs, der langjährigen Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen. Ebenfalls Anfang 2009 droht das deutsch-polnische Zentrum für die Erinnerung an die Vertreibungen in Europa zu scheitern, weil die polnische Regierung Steinbach nicht im Stiftungs-Kuratorium akzeptieren will. Merkel entscheidet sich erneut, wieder gegen die Partei, wieder gegen das Konservative in der CDU , das Steinbach auf ihre Art repräsentiert. Wieder räumt Merkel ein, dass sie den Aufruhr in den eigenen Reihen sehenden Auges in Kauf genommen hat. Sie habe gewusst, dass »es eine krachende Landung in den eigenen Reihen geben würde«. Das Zentrum sei ihr wichtiger gewesen.
    So kann man es machen mit den Konservativen, mit dem Konservativen. Aber wahrscheinlich macht es sich Angela Merkel zu leicht. Das Problem auf Einzelfall-Entscheidungen zu reduzieren oder auf die zwergenhafte Größe derer herunterzuspielen, die es ungelenk zur Sprache bringen zu wollen, ist auf Dauer hoch riskant. Denn zum einen steckt im vagen Sehnen nach dem Klaren, Kantigen, Konservativen der ziemlich reale Schmerz der alten CDU , bei Wahlen zumeist nicht einmal mehr in die Nähe von 40-Prozent-Ergebnissen zu kommen. Diese konservative Sehnsucht, die in Wahrheit also auch eine nach den Erfolgen von früher ist, kann Merkel nicht befriedigen. Sie hat für die CDU den Begriff der »Mitte« zum Mantra gemacht, Mitte ist gut, Mitte hat recht, die Mitte sind wir und so weiter und so fort. Sie hat die Partei bei manchen Themen bis ziemlich weit nach links geführt, zugleich in Richtung der Grünen geöffnet. Das macht die CDU 360 Grad anschluss- und koalitionsfähig – und könnte Angela Merkels zentraler Nachlass für die CDU werden.
    Aber weniger Mitglieder hat die CDU trotzdem und deutlich weniger politische Mandate auch. Das zehrt.
    Und es reicht als Ausgleich auf Dauer eben nicht, Helmut Kohl zu einem Polit-Jubiläum über Tage hinweg von der Partei feiern zu lassen und die Versöhnung des »Mädchens« mit dem vermeintlichen Übervater eigenhändig zu zelebrieren. Das tut der Parteiseele zwar wohl. Angela Merkel weiß es. Aber sie weiß auch: Ihre Halbdistanz zum konservativen Milieu der eigenen Partei und seinen Wärme-Wünschen bleibt – und kann sich jederzeit dramatisch rächen. So geschehen bei der holperigen Wahl des Bundespräsidenten Christian Wulff am späten Nachmittag des 30. Juni 2010. Zwei Wahlgänge in der Bundesversammlung sind bereits gescheitert – an den eigenen Leuten. Kandidat Wulff ist beschädigt, die Kanzlerin auch. Aber vor dem dritten, alles entscheidende Gang ist es nicht sie, die die Wahlmänner von CDU / CSU zusammenstaucht und bei der Ehre packt. Es ist Roland Koch, der bekennende Konservative. Er tut, was Merkel nicht kann, vielleicht nicht will. Er donnert in den Saal: »Jetzt geht es um alles. Die oder wir.« Anschließend bekommt Wulff die nicht mehr für möglich gehaltene absolute Mehrheit der Stimmen. Und es fragen nicht wenige: Wer würde in einer solchen Notlage heute den Part von Roland Koch übernehmen? Es ist kein Wunder, dass Angela Merkel und ihr (gewesener) ehrlicher Rivale bis heute regelmäßig telefonieren.
    Mehr noch: Dass selbst CSU -Chef Horst Seehofer zum Beginn des Wahljahres verspricht, zu Merkel »so sanft wie ein Kätzchen« zu sein; dass auch sonst kein Konservativer ihre Macht in der Union bedrohen kann, heißt ja nicht, dass es nicht sehr wohl eine zeitgemäße Ausdrucksform für

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