Angelfall: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
ihre Kinder nicht schlagen.
Ich strecke die Hand nach ihm aus. »Schon gut. Mach dir darüber keinen Kopf.« Dann wende ich mich meiner Mutter zu. »Er hilft mir, Paige zu finden.«
»Er lügt. Schau ihn dir doch nur an!« Ihre Augen füllen sich mit Tränen. Sie weiß, dass ich nicht auf ihre Warnungen hören werde. »Er wird dich austricksen, dich durch ein schmutziges Loch in die Hölle hinabziehen und dich nie wieder rauslassen. Er wird dich an die Wand ketten und dafür sorgen, dass Ratten dich bei lebendigem Leib auffressen. Siehst du das denn nicht?«
Dei-Dum blickt überrascht zwischen mir und meiner Mutter hin und her. Mehr denn je sieht er aus wie ein kleines Kind.
»Das reicht, Mom.« Ich gehe wieder zu der Metalltür neben der Auffahrt. »Entweder bist du jetzt still, oder ich suche allein nach Paige.«
Sie sprintet auf mich zu und packt mich flehend am Arm. »Lass mich nicht allein hier …« In ihren wilden Augen sehe ich den Rest des Satzes: … allein mit den Dämonen .
Ich weise nicht darauf hin, dass sie selbst mir als größte Bedrohung auf den Straßen erscheint. »Dann sei ruhig, okay?«
Sie nickt. Angst spiegelt sich in ihrem Gesicht wider.
Ich bedeute Dei-Dum, uns den Weg zu weisen. Er blickt uns an und versucht wahrscheinlich, sich einen Reim auf das alles zu machen. Nach einer Pause zieht er seine Schlüssel hervor, wobei er meine Mom sorgsam im Auge behält. Er probiert mehrere Schlüssel aus, bis endlich einer funktioniert. Die Tür schwingt mit einem Quietschen auf, das mich schaudern lässt.
»Am anderen Ende der Garage ist zu deiner Rechten eine Tür. Versuch es da.«
»Was erwartet mich dort?«
»Keine Ahnung. Das Einzige, was ich dir sagen kann, ist, dass unter den Bediensteten Gerüchte kursieren, die besagen, dass … etwas da drin ist, bei dem es sich um Kinder handeln könnte. Aber wer weiß? Vielleicht sind es auch nur Kleinwüchsige.«
Ich atme tief aus und versuche, mich zu beruhigen. Mein Herz flattert in meiner Brust wie ein sterbender Vogel. Entgegen jeder Wahrscheinlichkeit hoffe ich, dass Dei-Dum anbieten wird, mit mir zu kommen.
»Das ist ein Himmelfahrtskommando, ist dir das klar?«, sagt er. So viel zu meiner Hoffnung auf ein Angebot seinerseits.
»War das die ganze Zeit über dein Plan? Mir zu zeigen, wo meine Schwester ist, und mir dann einzureden, dass es nichts gibt, was ich tun kann, um sie zu retten?«
»Eigentlich war es immer mein Plan, Rockstar zu werden, durch die Welt zu reisen, weibliche Fans zu sammeln, dann fett zu werden und den Rest meines Lebens mit Videospielen zu verbringen, während die Mädels Schlange stehen und denken, ich sähe immer noch genauso gut aus wie in den Musikvideos.« Er zuckt die Achseln, als wollte er sagen: Wer hätte gedacht, dass sich die Welt so verändert?
»Wirst du mir helfen?«
»Sorry, Kleine. Wenn ich schon Selbstmord begehe, dann wird das ’ne sehr viel größere Show, als in einem Keller abgemurkst zu werden, während ich versuche, jemandes Schwester zu retten.« Er lächelt im dämmerigen Licht, um seinen Worten die Schärfe zu nehmen. »Abgesehen davon habe ich noch ein paar sehr wichtige Dinge zu erledigen.«
Ich nicke. »Danke, dass du mich hergebracht hast.«
Meine Mutter drückt meinen Arm – eine stille Erinnerung daran, dass sie alles, was er von sich gibt, für Lügen hält. Ich merke, dass ich mich von ihm verabschiede, als würde auch ich meine Mission für ein Himmelfahrtskommando halten.
Entschlossen schiebe ich alle meine Zweifel an einen Ort, wo ich sie nicht länger fühlen kann. Das hier ist, als würde man über einen Abgrund springen. Wenn du nicht glaubst, dass du es kannst, dann kannst du es auch nicht.
Ich trete durch die Tür.
»Du willst es also wirklich tun?«, fragt Dei-Dum.
»Was würdest du tun, wenn dein Bruder da drin wäre?«
Er zögert und blickt sich dann vorsichtig um, um sicherzugehen, dass niemand in Hörweite ist. »Hör mir gut zu. Du musst in einer Stunde hier weg sein. Ich meine es ernst. Lauf so weit weg, wie du kannst.«
Bevor ich noch fragen kann, was vor sich geht, verschwindet er in den Schatten.
Eine Stunde?
Kann der Widerstand wirklich schon so bald angreifen?
Die Tatsache, dass er mich überhaupt gewarnt hat, setzt mich unter Druck. Dei-Dum würde kein Leck riskieren, was bedeutet, dass ich keine Zeit haben werde, Schaden anzurichten, sollte man mich erwischen und verhören.
In der Zwischenzeit gelingt es mir nicht, das Bild von Raffe aus
Weitere Kostenlose Bücher