Angelglass (German Edition)
schiefgehen? Der Plan klingt doch einfach.«
Padraig sieht mich von der Seite an. »Im Prinzip sind Johns Pläne immer einfach. Wenn alles so verläuft, wie es soll.«
Gerade, als ich ihn etwas weiter ausfragen will, taucht Noel in der Tür auf. »Könnt ihr bitte wieder reinkommen? Wenn diese verdammten Ärsche nicht bald anfangen, mehr Bier zu bestellen, will ich, dass sie rausfliegen. Okay?«
Padraig klopft mir auf die Schulter und grinst mich breit an. »Mach dir keine Sorgen, Pooty. Ich bin sicher, dass alles gut geht.«
Nach meiner Schicht sitze ich mit geschlossenen Augen alleine im Wohnzimmer und versuche, dieses Ruhegefühl wiederzuerlangen, das mich während der Meditation mit Jenny überkommen hat. Vielleicht tauchen ja ein paar mehr Bilder aus meiner Vergangenheit auf, die irgendeinen Sinn ergeben könnten. Allerdings bin ich viel zu sehr mit der Gegenwart beschäftigt. John ist mir ein Rätsel. Beinahe hat er mich davon überzeugt, dass er mir sein Vertrauen schenkt und dass ich im Gegenzug auch ihm vertrauen sollte. Doch noch immer kann ich Jakobs Gesicht in der Erde nicht vergessen, und die vor Angst weit aufgerissenen Augen.
»Pooty?«
Ich öffne die Augen und entdecke Jenny, die mit einem Mantel bekleidet in der Tür steht.
»Ich hab nur gedöst.«
»Das kann doch hier auf dem Sofa nicht gerade bequem sein«, sagt sie mitfühlend und legt einen Stapel Akten und Bücher auf dem Tisch ab. In diesem Moment kommt Karla nach Hause. »Hey, Leute«, seufzt sie. »Gott, bin ich fertig.«
»Da bist du nicht die Einzige«, sagt Jenny. »Pooty hat auch gerade ein Schläfchen gemacht. Hör mal, Pooty, warum gehst du nicht hoch und legst dich ein bisschen auf mein Bett? Ich muss ins Krankenhaus und dort ein paar Sachen erledigen, bevor es am fünfzehnten losgeht. Ich werde mindestens drei Stunden wegbleiben.«
»Gute Idee«, stimmt Karla ein. »Du wirst in den nächsten Tagen all deine Kräfte brauchen.«
Ich habe nichts dagegen einzuwenden. Jennys Zimmer ist kühl und friedlich, ideal geeignet, um meine Meditationsübung wieder aufzunehmen. Ich lege mich auf ihr bequemes Bett, verschränke die Arme vor der Brust und versuche, meinen Kopf zu leeren.
Doch die Toten wollen mich nicht in Ruhe lassen.
Die Lebenden ebenso wenig. Erst seit ein paar Minuten bin ich in Jennys Zimmer, als es leise an der Tür klopft. Sie öffnet sich, und Karlas Gesicht erscheint. »Pooty?«
»Komm rein«, sage ich und setze mich auf. »Ich hab nicht geschlafen. Nur ausgeruht.«
Karla schließt die Tür und setzt sich aufs Bett. »Niemand ist zu Hause«, sagt sie. Ein Lächeln spielt auf ihren Lippen. »Hast du Lust zu vögeln?«
»Karla«, erwidere ich seufzend. »Und was ist mit Cody …?«
»Cody ist spätestens nach N15 nur noch Geschichte«, sagt sie mit fester Stimme.
»Hattest du nicht gesagt, dass er dich liebt?«
Sie zuckt mit den Schultern. »Mag sein. Aber ich liebe ihn nicht. Und nach dem fünfzehnten werde ich sowieso nicht mehr hier sein.«
»Du gehst weg aus Prag?«
Sie nickt. »Wie sieht’s mit dir aus?«
Ich muss zugeben, dass ich das nicht weiß. Viel weiter als bis zu den Protesten habe ich bisher nicht gedacht. »Was hast du eigentlich neulich damit gemeint, als du sagtest, du wolltest mich auf deiner Seite wissen?«
»Genau das, was ich gesagt habe. Ich traue John nicht über den Weg. Besonders nach dem, was du mit angehört hast.«
Ich beiße mir auf die Lippe, entscheide mich dann aber doch, ihr alles zu erzählen. »Da gibt es noch mehr. Erinnerst du dich an Jakob, den Eindringling? John und Cody haben ihn nicht entkommen lassen. Ich habe ihn im Garten gefunden. Sie haben ihn umgebracht. Ich weiß nicht wirklich, ob Cody beteiligt war, aber John ganz bestimmt.«
Karla wird blass. »Wahrscheinlich war er es. Schließlich ist er Johns Schoßhündchen. Umgebracht, sagst du? Du meine Güte.«
Sie kriecht unter die Bettdecke und schmiegt sich in meine Armbeuge. »Ich habe Angst, Pooty«, sagt sie mit schwacher Stimme. Ich lege meine Arme um sie, rieche an ihrem Haar.
Mit großen Augen sieht sie mich an und gibt mir einen kleinen Kuss. Dann folgt ein längerer Kuss, und schließlich liegen wir eng umschlungen da und zerren uns die Kleider vom Leib.
Später liegen wir schwer atmend in Jennys Bett, während der Schweiß auf unseren Körpern langsam abkühlt. Karla seufzt. »Gott, du bist ein verdammt guter Liebhaber, Pooty.«
Ich nehme ihr Gesicht in meine Hände und sehe ihr in die Augen.
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