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Angelglass (German Edition)

Angelglass (German Edition)

Titel: Angelglass (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Barnett
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hinaustrete, stoße ich mit Cornelius Drebbel zusammen.
    »Meister Poutnik«, sagt er. »Stimmt es, dass die Türken Prag angreifen?«
    »Nein«, antworte ich. »Es gibt zwar eine Armee, aber es sind keine Türken.«
    »Wie auch immer. Für mich und meine Mannschaft ist die Zeit zum Aufbruch gekommen. Ihr wäret gut beraten, uns zu folgen. Wir könnten bei Tagesanbruch die Elbe erreichen.«
    »Ich kann hier nicht fort, Meister Drebbel. Habt Dank für Euer freundliches Angebot, aber ich muss Hannah finden.«
    »Hannah? Die Dienstmagd? Die Hure des Kammerherrn?«
    Wütend wirbele ich herum. »Wie habt Ihr sie genannt?«
    Mit abwehrend erhobenen Händen weicht er zurück. »Ich sage nur, was meine Männer mir erzählt haben, Meister Poutnik. Sie teilt das Bett mit Lang, wie es heißt. Aber das geht mich nichts an.«
    Kann das möglich sein? Hannah hat mir doch ihre Liebe erklärt … War alles nur eine Scharade? Doch zu welchem Zweck?
    Dann fällt mir ein, wie sehr sie heute am frühen Abend darauf gedrängt hat, dass ich bei ihr bleibe. Könnte das alles nur eine List gewesen sein, um mich von meiner Verabredung mit Rudolf abzuhalten? Damit Lang sich ungestört mit dem Kaiser treffen konnte? Denn schon lange hat er sein Missfallen darüber ausgedrückt, dass Rudolf auf meine Anwesenheit bei jeder Zusammenkunft und jeder Konferenz besteht. Könnte das alles eine ausgeklügelte Ablenkung gewesen sein, um mich aus dem Weg zu räumen?
    Plötzlich höre ich das Geschrei der Truppen am Schlosstor. Ich habe mich von Drebbel auf den Schlosshof begleiten lassen, wo seine Mannschaft ihn mit Sorge erwartet. »Kommt«, sagt der Unterwasserkapitän freundlich. »Ihr habt in Prag nichts mehr verloren. Wir können über die Moldau entkommen, bevor die Türken eintreffen. Ich biete Euch eine Überfahrt, wohin auch immer Ihr wollt – und sei es England. Es ist ohnehin an der Zeit, dass ich mich mit meinem Unterseeboot auf dem offenen Meer versuche.«
    »Nein«, erwidere ich mit fester Stimme. Ich kann jetzt nicht gehen. Auch dann nicht, wenn ich von Hannah betrogen wurde. Der von Ripellino vorhergesagte Zwist ist eingetroffen. Ich darf mich nicht entziehen. »Vielen Dank, Meister Drebbel, aber ich muss bleiben. Und Ihr macht Euch besser auf den Weg.«
    »Seid Ihr sicher, dass ich Euch nicht überreden kann?«, fragt Drebbel, während seine Männer ihn in Richtung Schlosstor drängen. »Dann wünsche ich Euch viel Glück, Meister Poutnik. Vielleicht treffen wir uns irgendwann wieder.«
    »Vielleicht. Und Gott sei mit Euch!«
    Nachdem sie die Torwachen durchgelassen haben, sind sie verschwunden.
    Noch immer kann ich nicht glauben, was Drebbel mir erzählt hat. Bestimmt ist alles nur niederträchtiger Hofklatsch. Schnell laufe ich ins Schloss zurück, durchquere Säle und Flure, bis ich die Gemächer von Lang erreiche.
    Wie ich gehofft und erwartet habe, sind sie leer. Lang kann sich jetzt nur beim Kaiser aufhalten. Erschöpft und verdreckt wie ich bin, mache ich mich auf den Weg zur großen Halle.
    Zwei Wächter halten mich an der verschlossenen Doppeltür auf. »Niemand darf hinein«, sagt einer von ihnen. »Der Kriegsrat tagt.«
    »Lasst mich durch!«, herrsche ich sie an. »Ich bin es, der Spiegel von Prag.«
    Die Wächter sehen einander an. »Der Kaiser sucht Euch schon seit Stunden«, sagt der Wächter. »Ihr solltet besser sofort hineingehen.«
    Bevor ich reagieren kann, werden die Türen von innen geöffnet. Lang tritt in den Gang. »Ah, der Spiegel von Prag«, sagt er und registriert meine zerlumpte Erscheinung. »Ich glaube, Eure Anwesenheit ist nicht länger erwünscht. Der Kaiser hat festgestellt, dass er durchaus ohne Euch zurechtkommt.«
    Ich starre ihn an. »Dank Euch und Euren teuflischen Ränken, Kammerherr. Wo ist Hannah?«
    Lang scheint belustigt. »Wir haben hier Wichtigeres zu tun, als uns um den Verbleib irgendeiner Dienstmagd zu kümmern. Ich schlage vor, Ihr geht jetzt, Meister Poutnik. Vielleicht könnt Ihr Euch ja am Schlosstor nützlich machen. Die Türken greifen an, wisst Ihr das etwa nicht?«
    »Aber es sind gar keine Türken!«, brülle ich. »Warum hört mir niemand zu? Ich habe überaus wichtige Neuigkeiten …«
    »Schhhh«, sagt er und wendet sich dann an die Wachen. »Sorgt dafür, dass wir nicht mehr gestört werden.«
    Als Lang die Tür schließt, kommen die beiden Wachen auf mich zu. »Ihr habt es gehört«, sagt der eine in freundlichem Tonfall. Grenzenlos erschöpft drehe ich mich auf dem Absatz

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