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Angelglass (German Edition)

Angelglass (German Edition)

Titel: Angelglass (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Barnett
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so tief er kann. »Wie Euch ohne Zweifel bekannt ist, stellt Schah Abbas ein Heer auf, um den Türken eine Lektion zu erteilen. Das gottlose Osmanische Reich schnappt den zivilisierten Ländern wie ein tollwütiger Hund nach der Wade. Schah Abbas ist durchaus der Ansicht, dass es der Macht Böhmens ohne großen Aufwand gelänge, die Türken ganz alleine zu bezwingen. Dennoch schlägt er eine geeinte Front verbündeter Länder vor, um dem Osmanischen Reich zu verdeutlichen, dass ein derartiges Verhalten nicht entschuldbar ist.«
    »Ganz richtig«, unterbricht ihn Lang, »das Heilige Römische Reich könnte die Türken wie eine Pferdebremse zerquetschen, wenn Seine Exzellenz den Befehl dazu erteilte. Warum sollte Böhmen unter dem Banner Eures Schahs Abbas reiten, der doch wie die Osmanen nur ein Ungläubiger ist?«
    Sir Anthony wirft Percy einen Blick zu und scheint zu hoffen, dass die Redegabe seines Leutnants ihn jetzt nicht im Stich lässt. Percy ignoriert Lang und wendet sich wieder an den Kaiser, der zusammengesackt auf dem Thron hockt und vor lauter Langeweile träge an seinem Daumen lutscht. »Exzellenz, die Türken werden mit jedem Tag mutiger. Eure Familie in Wien hat bereits Einfälle der Osmanen in das Habsburgische Reich erleben müssen. Es scheint uns nur angemessen, dass wir alle Erkenntnisse, die wir von unseren Spionen tief im Innern des Osmanischen Reichs erhalten haben, mit Euch teilen.«
    Rudolf zieht eine Augenbraue hoch und bittet Percy, fortzufahren. Mit theatralisch anmutendem Selbstvertrauen beugt sich Percy näher zum Kaiser hin. »Der Türke«, flüstert er eindringlich, »richtet sich nach astrologischen Zeichen, Eure Exzellenz. Zwar mag es gottlos sein, aber das Osmanische Reich hat den Wert der Wissenschaften entdeckt, die Ihr hier in Prag selbst zu ergründen sucht. Es wird gesagt, dass …« – Percy blickt umher, als wollte er im Thronsaal selbst nach feindlichen Spionen Ausschau halten – »… dass die Türken über Seher und Mystiker verfügen, die die Sternenkonstellation für eine erfolgreiche Schlacht genau vorhersagen können.«
    Durch die Erwähnung von Astrologie und Mystik wirkt Rudolf plötzlich ganz hingerissen. »Bei Gott«, stößt er aufgeregt hervor. »Und mich haben sie einen Narren genannt, als ich den Sitz des Kaiserreichs nach Prag verlegt und angefangen habe, die okkulten Künste zu fördern. Ich hatte recht. Ich hatte recht.«
    Lang sieht beunruhigt aus und hat die Lippen zu einem feinen, blassen Strich zusammengepresst.
    »Exzellenz«, sagt er skeptisch. »Ich muss vor diesem Wagnis deutlich warnen. Die Kosten zur Finanzierung eines umfassenden Kriegs gegen die Türken würden sich als untragbar erweisen. Außerdem glaube ich nicht, dass es der rechte Zeitpunkt ist, die Habsburger in einen Konflikt zu stürzen, für den das Kaiserreich vielleicht noch nicht ganz gerüstet ist …«
    Rudolf seufzt und hebt abwehrend die Hände. »Sir Anthony, Ihr und Euer Hauptmann habt einen durchaus reizvollen Vorschlag vorgebracht. Gleichwohl bin ich wieder einmal meinem Kammerherrn für seine warnenden Worte in dieser Angelegenheit dankbar. Ich muss eine Weile darüber nachdenken und mich mit meinen Generälen beraten. Ich werde Euch wieder rufen lassen, sobald ich meine Entscheidung getroffen habe.«
    Sir Anthony wirkt etwas geknickt; offenbar hat er einen schnelleren Beschluss erwartet. Er blickt Lang stirnrunzelnd an und verbeugt sich dann. »Sehr wohl, Exzellenz. Wir werden Eurem Ruf folgen.«
    Als Sir Anthony und Percy den Thronsaal verlassen, wendet sich Lang an den Kaiser. »Exzellenz, Meister Arcimboldo hat darum gebeten, dass er heute Morgen an Eurem Porträt weiterarbeiten darf. Wenn es Euch beliebt, werde ich ihn sogleich herbeirufen. Das würde mir auch die Gelegenheit verschaffen, Euren Findling weiter im Schloss herumzuführen und ihn Meister Brahe und Meister Kepler für erneute Untersuchungen zu überlassen.«
    Rudolf drückt mit einem Nicken sein Einverständnis aus. Erneut in irgendeine Träumerei versunken, hockt er mit herabhängenden Wangen auf seinem Thron. Lang packt mich fest am Arm und führt mich zur Tür des Thronsaals. »Kommt, ›Spiegel von Prag‹«, murmelt er.
    Ich muss mich anstrengen, um Schritt halten zu können, als Lang mich durch die dunklen Gänge des Schlosses nach draußen führt, wo die Sonne hoch am Himmel steht, die Luft jedoch kalt ist. »Lasst uns in die Königlichen Gärten gehen«, schlägt er vor. Sein schwarzer Umhang bauscht

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