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Angelglass (German Edition)

Angelglass (German Edition)

Titel: Angelglass (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Barnett
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das in sich aufnimmt, was darunter versteckt liegt. Welche Rolle spiele ich in ihren Dramen? Welche Rolle spiele ich hier?
    Ich seufze. Es ist sinnlos. Es gibt eine Art Feuerwand, die mich davon abhält, über den Augenblick hinauszusehen, an dem mich Karla vor ein paar Tagen im Letná Park gefunden hat. Wer auch immer ich davor gewesen bin, so muss ich mich jetzt neu erfinden – auf Grundlage dessen, was ich über diese Welt und ihre Bewohner lerne. Bleibt nur zu hoffen, dass ich in guten Händen bin.
    Ich werde von Karla, die an der Tür rüttelt und sie vorsichtig öffnet, aus dem Stillstand geweckt, der dem Schlaf vorausgeht. »Pooty? Es wird Zeit.«
    Schnell schlüpfe ich in die schwarzen Klamotten, die mir die anderen Hausbewohner geliehen haben, und gehe ins Wohnzimmer. Karla und Cody sind bereits da. Padraig taucht einen Augenblick nach mir auf; er gähnt, seine Haare stehen in lustigen Büscheln vom Kopf ab.
    »Wie spät ist es?«, fragt er und streckt seine Zunge aus, als Jenny mit einer Tasse Kaffee aus der Küche kommt.
    »Viertel vor drei«, erwidert Cody knapp. »Wo, zum Teufel, ist Petey?«
    »Oben in seinem Zimmer. Er betet zu Ganesha«, sagt Jenny.
    »Um Himmels willen«, murmelt Cody und überprüft ein paar Haltegurte, die er auf dem Sofa ausgebreitet hat.
    »Ganesha?«, frage ich.
    »Peteys Gott der Woche«, erklärt Karla. »Ein Hindu mit einem Elefantenkopf.«
    Petey kommt die Treppe heruntergeschlendert. »Die Vorzeichen sind gut, Leute«, verkündet er. »Die Türen sind geöffnet, die Hindernisse aus dem Weg geräumt. Es wird eine gute Session.«
    »Okay, wenn wir dann mit unserem Tee und den hinduistischen Elefantengöttern fertig wären«, faucht Cody, »dann könnten wir ja die Show vielleicht beginnen lassen.«
    Wir schlüpfen durch das Tor in die dunkle Kälte. Padraig führt uns zu einem plumpen, kastenförmigen Auto, das unter einer trüben Straßenlaterne in der Nähe parkt. »Es dürfte etwas eng werden«, sagt er, während er mit Cody die Farbdosen und vier Rucksäcke in den Kofferraum lädt. »Aber es wird schon gehen. Macht’s euch gemütlich!«
    »Ich hoffe, niemandem ist die Ironie entgangen, dass wir ein Auto benutzen, um gegen die Ölindustrie zu protestieren«, sagt Karla mit einem Seufzen.
    Cody dreht sich zu ihr. »Was hättest du denn vorgeschlagen? Dass wir in unseren schwarzen Klamotten und mit der ganzen Ausrüstung vielleicht ein Taxi bestellen?«
    »Es ist Noels Kiste«, sagt Padraig zu mir. »Immerhin ein Kompromiss, würde ich sagen. Aber Cody hat recht.«
    Wir quetschen uns in den Wagen. Padraig sitzt am Steuer, Cody neben ihm. Wir anderen drängen uns auf der Rückbank zusammen; ich hocke zwischen Karla und Jenny, Peteys schlaksige Gestalt ganz an der Seite. Jenny fasst nach meinem Knie. »Aufregend, was?«, sagt sie grinsend. Karla blickt finster vor sich hin, sagt aber nichts. Als Padraig einen Gang einlegt und vom Bordstein wegfährt, dreht sich Cody zu uns um.
    »Also, hört mir zu. Die Sache läuft folgendermaßen. Diese Werbetafel steht an der Hauptstraße, ungefähr einen Kilometer vor dem Flughafen. Normalerweise ist dort viel Verkehr, aber um diese Zeit dürfte es ruhig sein. Und wenn wir uns an den Plan halten, dauert das Ganze nicht länger als fünfzehn Minuten. Höchstens.«
    »Fünfzehn Minuten?«, fragt Karla zweifelnd.
    »Fünfzehn Minuten«, erwidert Cody bestimmt. »Du lässt mich und Jenny aussteigen, fährst ein Stückchen weiter und wendest dann. Und wenn du wieder zurück bist, sind Jenny und ich schon an der Reklametafel hochgeklettert.«
    »Ich bin eine erfahrene Kletterin«, sagte Jenny und drückt wieder mein Knie.
    »Padraig und Petey, ihr steigt dann mit der Farbe aus dem Auto, wir lassen die Gurte runter und ziehen euch hoch. Und Karla und Pooty parken den Wagen in einer Seitenstraße und halten die Augen offen.«
    »Und achtet ja auf die Kiste«, fleht Padraig. »Noel hängt mich auf, wenn auch nur ein Kratzer zu sehen ist.«
    »Nachdem wir die Werbetafel bearbeitet haben, lassen wir Padraig und Petey wieder runter. Sie trennen sich, während Jenny und ich uns auf der Rückseite abseilen und die Farbe wegwerfen. Dann treffen wir die beiden wieder an der Nachthaltestelle der Straßenbahn, und Karla und Pooty bringen den Wagen hierher zurück. Fünfzehn Minuten.«
    Den Rest der Fahrt verbringen wir in andächtigem Schweigen. Nach wenigen Minuten sind wir auf der breiten Straße, die zum Prager Flughafen führt. Plötzlich lenkt

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