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Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Titel: Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Mann
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derartige Stimme hatte ich live noch nie gehört. Ich habe sie genau so erlebt wie Ulrich Plenzdorfs Edgar Wibeau in „Die neuen Leiden des Jungen Werthers“. Uschi hatte und hat bis heute einen wunderbaren Schmelz in der Stimme. Ich himmelte sie von Weitem an und ließ mir keinen ihrer Auftritte entgehen.
    In der Szene war ich inzwischen so bekannt, dass ich selbst dann in die „Melo“ rein kam, wenn sie hoffnungslos überfüllt war. Die Türsteher kannten mich. Ich blieb immer so lange, bis der letzte Gast verschwunden war. Es gab nur ein Problem – ich wohnte noch immer in Berlin-Buch. Viel Geld hatte ich nicht, und so saß ich manche Nacht auf dem Bahnhof Friedrichstrasse und wartete, bis nach der nächtlichen Pause die erste S-Bahn kam. Zum Glück hatte ich einige Verehrer, die wenigstens ein paar Stationen mitgefahren sind. Oft begleitete mich ein kleiner, sehr witziger Typ, der singen konntewie Diana Ross. Er war außergewöhnlich musikalisch und bot mir die angesagten Hits in den Original-Tonarten dar. Wir hatten uns immer so viel zu erzählen, dass er mich nicht nur bis nach Buch brachte, sondern auch noch den langen Weg bis zu mir nach Hause nahm. Dann ist er brav wieder zum Bahnhof gelaufen. Er wurde später als Neumi Neumann bekannt, mit seiner Band Neumis Rockzirkus . Neumi ist nicht nur ein toller Sänger, er hat auch echte Entertainer-Qualitäten.
    Die Nachricht schlug ein, wie eine Bombe: Medoc sollte in der „Großen Melodie“ spielen. Eigentlich stand die Modern Soul auf dem Programm, aber die hatten aus irgendeinem Grund abgesagt. Das war unsere große Chance – und wir nutzten sie. Der Abend brachte einen gigantischen Erfolg. Neumi hüpfte immer um mich herum und schrie „Lütte, du hast es geschafft“. Inzwischen weiß ich, dass man es in diesem Beruf nie wirklich geschafft hat. Es gibt erfolgreiche Zeiten, nach denen man auch ganz schnell wieder in Vergessenheit geraten kann. Deshalb lohnt es sich überhaupt nicht, einen Höhenflug zu bekommen. Man ist schneller wieder unten als man glaubt.
    Doch damals ging es wirklich bergauf. An jenem Abend war Horst Krüger, ein bekannter Bandleader, in der „Melodie“. Er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, bei einer Aufnahme als Backgroundsängerin mitzuwirken. Klar hatte ich Lust! So kam ich zu meiner ersten Rundfunkaufnahme. Den Song hatte Franz Bartzsch geschrieben, Vlady Slezak sang ihn. Vlady war ein erstklassiger Sänger und gehörte zum harten Kern des Gerd-Michaelis-Chors , später Cantus-Chor . Als ich den Song zum ersten Mal im Radio hörte, war ich natürlich stolz wie ein Weltmeister obwohl ich sicher die einzige war, die herausgehört hat, dass ich da mitsinge.

■ Auf Tour mit Lenz
    Bei meinem ersten Auftritt in der „Großen Melodie“ passierte aber noch etwas viel Wichtigeres, das mein Leben entscheidend beeinflusste. Denn ER sprach mich an, der Gott aller DDR-Musikanten: Klaus Lenz! Wer bei Lenz spielte, gehörte zur Crème de la Crème. Wir sollten eine Woche nach diesem Abend im Eisenbahner-Kulturhaus spielen, nun als Vorgruppe für Lenz. Das war der Hammer. Und dann bot mir Lenz auch noch an, an diesem Abend auf der Farfisa-Orgel seines Keyboarders Mario Peters zu spielen. Ich hatte inzwischen zwar schon ein besseres Instrument als die „Harmona“, aber eine Farfisa-Orgel war der blanke Wahnsinn.
    Der große Abend kam. Ich erinnere mich genau, ich hatte ein enges, frühlingsgrünes Kleidchen an. Der Saal war übervoll und wir spielten uns die Seele aus dem Leib. Wir haben so abgerockt, dass selbst Klaus Lenz es nicht mehr aushielt und zu tanzen anfing. Der großen Ehre, mit der Lenz-Band auf einer Bühne zu stehen, erwiesen wir uns als würdig. In der Pause kam Lenz zu mir und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, als Backgroundsängerin mit seinem Orchester und Uschi Brüning auf Tournee zu gehen. Ich überlegte nicht lange, zumal ich 2.000 Mark für die Tournee bekommen sollte. 2.000 Mark! So viel hatte ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Mit Uschi hab ich mich auf Anhieb verstanden und wir freuten uns auf eine aufregende Zeit.
    Meine Band musste die Kröte schlucken. Ich versprach den Jungs, nach der Tour wieder dabei zu sein. Sie mussten verstehen, dass ich mir diese Riesenchance nicht entgehen lassen konnte. Auch meine Kollegen im „Musikfreund“ mussten künftig auf mich verzichten. Ich dachte nur noch: Welt, ich komme!

    Beate Barwandt, ich im Malimo-Kleid, Sabine Roterberg (v.l.)
    Zum Backgroundchor

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