Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)
gehörten außer Uschi und mir Sabine Roterberg und Beate Barwandt. Beate war bildhübsch und sang gut. Berühmt wurde sie durch ihr Duett „Baby it’s cold outside“ mit Manfred Krug, das auf seiner LP „Greens“ erschienen ist. Später war sie lange beim Michaelis-Chor. Leider erkrankte sie an einem heimtückischen Virus und starb viel zu jung. Sabine hatte klassischen Gesang studiert und wir arbeiteten auch danach noch lange zusammen.
Klaus Lenz wohnte in einem kleinen Häuschen in der Nähe der damaligen Leninallee. Dort fanden die ersten Proben statt. Ich war in meinem Element. Chorsingenhat mir schon in der Schule Spaß gemacht und hier konnte ich viel dazulernen. Uschi sang Songs von Blood, Sweat & Tears , Don Ellis und Aretha Franklin. Da waren wir Backgroundmädels ebenfalls sehr gefordert.
Für die Konzerte hatte ich mir ein schönes Kleid aus Malimo gekauft. Malimo war eine Erfindung aus Limbach-Oberfrohna im Vogtland. Der Stoff wärmte im Sommer und kühlte im Winter. Und, was ich nicht ahnte, er wärmte natürlich auch schön im Scheinwerferlicht. Ja, das war nicht so einfach damals. Ich hatte keine Westverwandtschaft und musste sehen, wie ich zurechtkam mit dem, was es so an Kleidung in der DDR gab. Für mich war es besonders schwierig, da ich bei 1,49 Meter aufgehört hatte zu wachsen. Dafür gingen meine Maße in die Breite, und darauf war die Modeindustrie der DDR leider überhaupt nicht eingestellt.
Die Tourneen führten uns durch das ganze Land. Wir spielten in allen großen Kulturhäusern. Dabei habe ich es außerordentlich genossen, dass Techniker die Anlage aufbauten. Diesen Luxus hatten wir mit unserer kleinen Band nicht genießen können. Jeder von uns hat fleißig mit auf- und abgebaut, Kabel aufgerollt und alles im LKW verstaut. Nun kam ich auf die Bühne und alles stand an seinem Platz.
Die Konzerte waren stets ausverkauft, egal, wo wir spielten. Überall hat das Publikum gejubelt. Wir hatten viel Spaß, auch danach, in den Hotels. Dort war man, glaube ich, recht froh, wenn wir wieder abreisten. Ein Musikant kann nach so einem Konzert nicht gleich artig ins Bett gehen. Da wird erst gefeiert, und zwar feuchtfröhlich und laut.
In der DDR war es schwierig, Musikinstrumente nach unseren Wünschen zu bekommen. Zwar gab es im Vogtland tolle Gitarren- und Geigenbauer, aber die waren mehr für die klassische Musik zuständig. Das, was an elektronischen Instrumenten angeboten wurde, warmehr als dürftig. Gut, wenn man Westbeziehungen hatte. Allerdings experimentierten damals schon findige Bastler an ganz ordentlichen Verstärkern und Lautsprecherboxen und bauten sie dann auch.
Das Equipment für unsere Tour passte in einen Autoanhänger. Unser Tontechniker war ein Berliner Original. Alle kannten ihn unter dem Namen „Jazzer“. Jazzer fuhr den Wolga mit dem Hänger, in dem die gesamte Anlage steckte. Irgendwann waren wir von Jena in Richtung Erfurt unterwegs, als sich der Hänger plötzlich selbstständig machte. „Jazzer“ fuhr fröhlich vor sich hin und wunderte sich, als sein Hänger ihn links überholte. Zum Glück ist nichts passiert. Damals war noch nicht so viel Verkehr auf der Autobahn und so konnte man das Ding irgendwie an der Seite zum Halten bringen. Hätten wir das nicht geschafft, wäre das einer Katastrophe gleichgekommen. Es war ja vollkommen unmöglich, so einfach eine neue Anlage zu besorgen. Dafür brauchte man Westgeld und damit fingen die Probleme schon an.
Werner „Josh“ Sellhorn, ein profunder Kenner der Jazzszene dieser Welt und begeisterter Jazz-Fan, war als Moderator mit auf Tournee. Josh war lieb, sehr klug und hat auch gern mal tief ins Glas geschaut. In Erfurt hatten Uschi und ich eine schöne Flasche Rotwein mit aufs Zimmer genommen und unsere Gespräche wurden tiefsinniger je leerer die Pulle wurde. Plötzlich hörten wir es im Nebenzimmer mächtig poltern. „Josh“ war in den Kleiderschrank gefallen. Mit vereinten Kräften schafften wir es, ihn ins Bett zu befördern. Ach „Josh“ – während ich an diesem Buch sitze, ist er leider gestorben. Er hat die Rundfunkaufnahme eines der legendären Lenz -Konzerte mit Uschi Brüning, Regine Dobberschütz, Klaus Nowodworski, Holger Biege, Stefan Trepte und mir ausgekramt und beim Plattenlabel Buschfunk herausgebracht.
■ Lütte und Lacky
Nach den Konzerten landeten wir oft noch in der „Rotte“. So nannten wir ein Restaurant im Hotel „Stadt Berlin“ am Alexanderplatz. Dort bekam man auch nach 22
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