Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)
in dem Song „Jede Blume blüht nur einmal auf“ heftig grölen. Mit Hansi, Manne Möller und Rainer Riedel gründeten wir eine weitere Band – mit mir am Klavier. In den Tiefen meiner Tonbandsammlung gibt es sicher noch eine Aufnahme, auf der man mich und Hansi Biebl „It’s the family affair“ von Sly and the family Stone singen hört.
Nun stand ich fast jeden Tag entweder in einem Studio oder auf der Bühne. Unser Konzertprogramm bestand zum großen Teil aus Lakomy-Kompositionen. Lackys Titel waren regelrechte Gassenhauer, jeder kannte sie. Aber er hat mir auch genügend Raum gelassen zu zeigen, was ich kann. Ein besonderes Highlight war das „Brandenburgische Konzert Nr. 3 G-Dur“ von Johann Sebastian Bach, das ich in der Version von Emerson, Lake & Palmer auf dem Klavier spielte.
Daneben interpretierte ich internationale Hits. Vor allem bei Janis Joplins „Me and Bobby McGee“ tobte der Saal. Ein Gospel-Song von den Stapel-Singers hat den Leuten vom DDR-Fernsehen so gut gefallen, dass ich ihn live in einer Musiksendung präsentieren durfte. Schade, dass die Sendung im Archiv nicht mehr zu finden ist. Mich würde sehr interessieren, wie das geklungen hat, vor allem, wenn ich an mein eigenwilliges Englisch denke. Da wir ja nicht an die Original-Texte herankamen, haben wir sie einfach vom Tonband abgeschrieben. Wir Musikanten nannten das despektierlich „Fidschi“-Englisch. Wahrscheinlich klang es sehr komisch und ergab selten einen Sinn.
Mittlerweile waren wir auf allen Bühnen und in den Fernseh- und Rundfunkstudios der DDR zu Hause. Ich erinnere mich noch gut an meine allererste Fernsehsendung. Sie hieß „Sechs Mädchen und Musik“, heute würden wir das „Deutschland sucht den Superstar“ nennen. Von den sechs blutjungen Sängerinnen konnte nur eine gewinnen – das war Gabi Munck, die später im Duett mit Ingo Krämer ganz erfolgreich war. Viel berühmter wurde aber die Zweitplazierte, Ute Freudenberg.
„Sechs Mädchen und Musik“ mit Sabine Roterberg, Uschi Brüning und Beate Barwandt (v.l.), 1972
10. Weltfestspiele der Jugend 1973 auf dem Alexanderplatz
Im Jahr 1973 fanden die 10. Weltfestspiele der Jugend in Ostberlin statt. Erich Honecker hatte Walter Ulbricht abgelöst und wir hatten den Eindruck, dass bessere, weltoffenere Zeiten angebrochen waren. Berlin wimmelte nur so von jungen Leuten aus aller Herren Länder und an jeder Ecke spielte eine Rockband. Wir natürlich auch und das Konzert des Lakomy-Ensembles vor tausenden Menschen auf dem Alexanderplatz werde ich niemals vergessen.
Für Musiker waren das herrliche Zeiten, es gab richtig viel Arbeit. Das DDR-Fernsehen hatte anlässlich der Weltfestspiele die Sendung „rund“ aus der Taufe gehoben, eine monatliche Samstagnachmittagsshow – natürlich sehr ideologisch geprägt, aber garniert mit viel Musik. Das Lakomy-Ensemble war neben den Puhdys bei der allerersten Sendung dabei.
Das Reinhard-Lakomy-Ensemble bei der allerersten „rund“-Sendung im Fernsehen der DDR, 1973
Es war endlich an der Zeit, dass man deutschsprachige Titel für mich schrieb. Der erste, den Lacky für mich komponierte, hieß „Na und“ und stürmte gleich die Hitparaden. Fred Gertz, der bei unseren Konzerten durch das Programm führte, hatte mir aufs Maul und ins Herz geschaut. Da ich meist mein Herz auf der Zunge trage und wir durch die zahlreichen Auftritte oft zusammen waren, fiel es ihm nicht schwer, für mich zu texten. Erwusste, wie es in mir aussah. Einzig gut zuhören musste er, so sammelte er sein „Material“. Das nächste Lied hieß: „Ich wünsch mir ein Baby sehr“ und machte Furore. Noch nie hatte eine Frau auf so unkonventionelle Art ihren Kinderwunsch artikuliert. Selbst das West-Wochenmagazin der „stern“ erwähnte mich und das Lied in einem Bericht. Gelogen war es nicht, ich war ja auch schon immer verrückt nach Kindern.
Von Lakomy und Gertz wurde ich nun mit Titeln bestens bedient. Ich fand zwar – und denke das auch noch heute – es hätten ein paar mehr sein können, aber die Lieder, die mir die beiden schrieben, folgten nicht dem Mainstream, sie waren recht originell. Zu dieser Zeit wurden Chris Doerk und Frank Schöbel als das Schlager singende Traumpaar der DDR bewundert.
Lacky und ich sahen uns auch als Traumpaar und hätten uns gern Schoerk/Döbel genannt, aber das fanden wahrscheinlich nur wir beide lustig. Dennoch, ein Duett stand auf unserer Wunschliste. Ein geflügeltes Wort in der Band war „Mir doch
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