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Angélique - Am Hof des Königs

Angélique - Am Hof des Königs

Titel: Angélique - Am Hof des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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Unglück, dass ich mich damals bei Leuten wiederfand, denen ich durch meine Ehre verpflichtet war, sodass ich nicht anders konnte, als so zu handeln, wie ich es tat.«
    »Es ist schwer, immer genau zu wissen, was Ehre und Pflichtgefühl von einem verlangen«, entgegnete die Königin.
    Beide seufzten tief.
    Während Angélique ihnen zuhörte, dachte sie bei sich, dass die Streitigkeiten der Großen denen der Kleinen sehr ähnlich waren, nur dass dort, wo die Kleinen mit Fausthieben kämpften, bei den Großen Kanonen donnerten. Wo dort nur ein dumpfer Groll zwischen Nachbarn zurückblieb, gab es hier eine drückende Vergangenheit voller gefährlicher Intrigen. Sie sagten, sie hätten alles vergessen, sie lächelten dem Volk zu, sie empfingen M. de Condé, um den Spaniern zu Gefallen zu sein, sie hätschelten M. Fouquet, um an sein Geld zu kommen, doch die Erinnerungen lagen immer noch auf dem Grund ihrer Herzen.
    Wenn die Briefe aus der vergessenen kleinen Schatulle im Ecktürmchen von Schloss Plessis ans Tageslicht kämen, würden sie gewiss ausreichen, um erneut die große Feuersbrunst zu entfachen, deren Glut vor sich hin schwelte und nur darauf wartete, wieder aufzulodern …
    Es schien Angélique, als hätte sie dieses Kästchen in ihrem eigenen Inneren versteckt und nun laste es wie Blei auf ihrem Leben. Sie hielt die Augen geschlossen, denn sie hatte Angst, man könne in ihrem Blick seltsame Bilder vorbeihuschen sehen: den Prinzen von Condé, der sich über das Fläschchen mit dem Gift beugte oder den Brief las, den er gerade unterzeichnet hatte:
    »Für M. Fouquet … Ich versichere, dass ich niemals einem
anderen folgen werde als ihm, dass ich niemals einem anderen gehorchen werde …«
    Angélique fühlte sich einsam. Sie hatte niemanden, dem sie sich anvertrauen könnte. Diese angenehmen Hofbekanntschaften waren wertlos. In ihrer Gier nach Schutz und großzügigen Geschenken würden sich alle beim geringsten Anzeichen von Ungnade von ihr abwenden. Bernard d’Andijos war ihr treu ergeben, aber so leichtfertig! Sobald sie die Stadtgrenze von Paris passiert hätten, würde sie ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen, denn am Arm seiner Mätresse, Mlle. de Montmort, würde er die Bälle des Hofes besuchen und nachts zusammen mit den übrigen Gascognern die Tavernen und Spielhäuser unsicher machen.
    Aber im Grunde war das alles ohne Bedeutung. Das Wichtigste war jetzt, nach Paris zu kommen. Dort würde sie wieder festen Boden unter den Füßen haben. Sie würde sich in ihrem wunderschönen Haus im Stadtteil Saint-Paul einrichten und dann mit den nötigen Schritten und Nachforschungen beginnen, um herauszufinden, was mit ihrem Gemahl geschehen war.
     
    Die Straße war in gutem Zustand und die Karosse ausgezeichnet gefedert.
    Sie musste eingeschlafen sein, denn wie im Traum hörte sie die nachdenkliche Stimme der Königinmutter: »Habt Ihr erkannt, welchen Streich er uns gespielt hat, als er sich unter dem Vorwand von uns getrennt hat, er wolle seinen Besuch in dieser Gegend nutzen, um den Hafen von La Rochelle in Augenschein zu nehmen? Man hat mich darüber unterrichtet. Nachdem er hastig ein, zwei Schiffe inspiziert hat, ist er gleich nach Brouage weitergeritten.«
    »Aber da war sie doch nicht mehr …!«
    »Maria? Nein, sie war nicht mehr dort, und das wusste er auch. Aber das ist ja das Schlimme. Er wollte das Haus wiedersehen,
in dem sie gewohnt hat, und auf dem Bett liegen, in dem sie geschlafen hat. Er hat die ganze Nacht geweint.«
    Wieder seufzten sie.
    »Die Liebe führt ein wahrhaft strenges Regiment«, sagte Mademoiselle.
    »Es ist besser, sie niemals kennenzulernen«, entgegnete die Königinmutter.
    Nach kurzem Schweigen unterhielten sie sich weiter über das Thema, das ihnen keine Ruhe ließ.
    »Anscheinend schläft er, abgesehen von diesem einen Ausflug, jede Nacht im Bett der Königin«, sagte Mademoiselle.
    »Ja. Aber er ist endgültig unserem Einfluss entwachsen. Jetzt ist es vorbei mit seiner Umgänglichkeit, er wird nicht mehr auf uns hören und uns gehorchen. Ich wusste immer, dass er eines Tages noch härter und verschlossener werden würde als sein Vater, mein verstorbener Gemahl, König Ludwig XIII.«
    Sie schwiegen erneut, länger diesmal. Anna von Österreichs Gedanken kehrten in die Gegenwart und die nahe Zukunft zurück.
    »Wieder eine Rückkehr nach Paris … Wieder ein Einzug des Königs in seine Hauptstadt.«
    Die Kutsche fuhr jetzt langsamer, vermutlich um einen Hügel zu erklimmen,

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