Angélique - Am Hof des Königs
die Friedensverträge zu unterzeichnen! Was denkt dieser spanische König sich eigentlich?«
Doch die nächsten Nachrichten klangen wieder etwas ermutigender.
Seine Allerkatholischste Majestät hatte Tolosa verlassen, um in Hernani zu Mittag zu essen. Aber zwischen den beiden Städten war es zu einem bedauerlichen Unfall gekommen. Auf einer Straße, die am Fluss entlangführte, hatte ein Freund des spanischen Königs, dessen Name auch einigen Franzosen bekannt war – welche lautstark ihr Bedauern äußerten, als sie von dem Vorfall erfuhren -, zwischen der königlichen Kutsche und dem Straßenrand hindurchreiten wollen. Dabei hatte er sich aber so ungeschickt angestellt, dass er mit seinem Pferd ins Wasser gestürzt war und vor den Augen des gesamten Hofes ertrank!
»Was das Ertrinken angeht, steht die Unterzeichnung dieses Friedensvertrags auf beiden Seiten unter dem gleichen schlechten Stern«, erklärte die Grande Mademoiselle. »Das ist mir schon häufiger aufgefallen. Es hat fast den Anschein, als müssten solche hochherzigen großen Vorhaben mit einigen, wenn möglich menschlichen, Opfern erkauft werden, genau wie in alten Zeiten...«
Doch in Hernani erblickten die Spanier das Meer, und dort erwartete sie auch der Baron de Watteville, der königliche Statthalter von Guipúzcoa, einer der baskischen Provinzen auf spanischem Boden.
Kurz darauf zogen Philipp IV. und die Infantin unter dem Beifall der Menge in San Sebastián ein.
Den Exilierten in Saint-Jean-de-Luz erschien San Sebastián noch sehr weit entfernt.
Sie hatten gehofft, dass Seine Majestät Philipp IV. und seine Tochter wenigstens in Fuenterrabía absteigen würden, wo der königliche Aposentador Don Diego Velázquez alles für ihr Eintreffen vorbereitet hatte.
Doch anscheinend verspürte Philipp IV. den Wunsch, sein Königreich zu besuchen und sich seinem Volk zu zeigen.
Am Tag nach seiner Ankunft in San Sebastián wurde die Zeremonie des Handkusses abgehalten. Aus dem gesamten Gebirge, aus der ganzen Ebene und aus dem kleinsten Küstendorf strömten die Menschen herbei und zogen in langen Reihen an ihm vorbei, um vor ihm niederzuknien und die königliche Hand zu küssen, damit sie ihnen Kraft und Segen schenke bis ans Ende ihrer arbeitsreichen Tage.
Anschließend begaben sich der König und seine Tochter ins Hafenviertel La Marina, wo man zu ihrer Unterhaltung Wasserspiele vorbereitet hatte. In der allgemeinen Erregung kenterte ein kleines Boot voller einheimischer Kinder. Doch noch ehe sich die Infantin bekümmern konnte, »waren all die Kleinen gewandt zum Boot zurückgeschwommen und wieder hineingeklettert«.
»Das ist also die Waffe, mit der man sich gegen die tödlichen Wellen des Ozeans zur Wehr setzt«, bemerkte Mademoiselle. »Von der Wiege an schwimmen zu lernen.«
Am anderen Ufer des Bidassoa lauerten die Franzosen in Saint-Jean-de-Luz auf jede noch so unbedeutende Nachricht,
auch wenn man immer noch nicht wusste, wie diese überhaupt in die Stadt gelangten.
Doch sie trafen ein. Und die Menschen diskutierten begierig die geringsten Schwankungen in der Befindlichkeit des spanischen Königs, denn für jeden, angefangen bei Ludwig XIV. bis hin zum letzten Küchenjungen aus den herrschaftlichen Haushalten, hing der weitere Verlauf dieses außerordentlichen Abenteuers nur noch von einem einzigen Menschen ab: Seiner Allerkatholischsten Majestät König Philipp IV.
Also kommentierte man in allen Einzelheiten seine Erklärung, dass er, »erfreut über den Empfang in der Stadt Tolosa«, deren Honoratioren die ganze Nacht hindurch unter seinem Fenster feierliche Tänze aufgeführt hatten, in ebenjener Nacht beschlossen habe, dass die Hochzeitszeremonie mit dem spanischen Vertreter des Königs von Frankreich, Don Luis de Haro, vom Bischof von Pamplona vollzogen werden solle. Eine bedeutende Diözese, denn die Stadt war einst Hauptstadt von Navarra gewesen, bevor das Königreich gespalten und in verschiedene französische und spanische Reiche aufgeteilt wurde. Mazarin erinnerte daran, dass der spanische König lange gewünscht hatte, die Heirat durch Prokuration solle in Burgos stattfinden. Das wäre eine Katastrophe gewesen, vor allem für Mademoiselle, die fest entschlossen war, daran teilzunehmen, obwohl sie Trauer trug und die empfindliche spanische Etikette es ablehnte, auch nur einen Franzosen zuzulassen, dessen Anwesenheit nicht unbedingt erforderlich war.
Am Freitag, den 14. Mai, hielten es die Franzosen nicht mehr aus.
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