Angélique - Am Hof des Königs
während die Diskussion der beiden Männer lebhafter wurde, als sie einander ihre jeweiligen Entdeckungen schilderten.
Wie üblich plauderte Joffrey mit einer Mischung aus Ironie und Präzision, als hätte er mehrere Leben gelebt, um dieses ganze Wissen in allen Winkeln der Erde aufzunehmen.
Unmerklich schritt die Nacht voran.
Allmählich wurde der Schein der Feuer und Lampen schwächer, hier und da wurden sie abgedeckt, um den kurzen, erholsamen Schlaf nicht zu stören. Es war immer noch stockfinster.
Robert Boyle stand auf und erklärte, dass er an diesem Tag
eine Audienz bei der Königin von England in Saint-Jean-de-Luz habe.
Die drei Besucher verschwanden in der Dunkelheit, und Angélique würde sich an diese Begegnung noch lange mit dem Gefühl erinnern, dass das Leben im Grunde freundlich und schön war. Diese drei Menschen hatten ihr in ihrer Fremdheit enthüllt, dass es vielleicht immer noch Orte gab, an denen sich unterschiedliche Charaktere entfalten, der perversen Verfolgung durch die gewöhnliche Welt entgehen und ihr mit Wissen und Plänen beladenes Boot friedlich und sicher zwischen allen Klippen hindurchsteuern konnten …
Die andere Begegnung dieses Tages, die sie so erschüttert hatte, erschien ihr inzwischen unbedeutend und lächerlich, eine Folge der mystischen Hysterie der Prozession. Verrückte gab es schließlich überall...!
Auch Joffrey schien glücklich darüber zu sein, dass der Zufall ihm diese Unterhaltung mit einem der berühmtesten Gelehrten der Welt beschert hatte.
Sie legte den Kopf an seine Schulter und schloss die Augen.
Als sie sie wieder öffnete, begann sich im Osten hinter den Bergausläufern am spanischen Ufer der Himmel zu röten.
Kapitel 10
28. Mai
E uer Gemahl hat doch gestern den König von Spanien gesehen... Wie ist es um die Laune Seiner Majestät bestellt?«
Nachdem die Herzogin von Montpensier mit diesen Worten die Unterhaltung eröffnet hatte, gelang es Angélique nicht, ihre Verblüffung zu verbergen. Und unter den gegebenen Umständen war das wahrscheinlich auch die einzig angemessene Reaktion. Mademoiselle schien sich davon zwar nicht täuschen zu lassen, aber Angélique ahnte inzwischen, dass man am Hof nicht zögerte, etwas Falsches zu behaupten, um die Wahrheit herauszufinden.
Sie wich aus.
»Eure Hoheit möge mir verzeihen! Um die Wahrheit zu sagen, ich hatte in den letzten Tagen kaum Gelegenheit, mit meinem Gemahl zu reden, da er von seinem Dienst bei Seiner Majestät ebenfalls recht stark in Anspruch genommen ist...«
»Ihr habt recht, ich belege Euch viel zu oft mit Beschlag, aber Ihr seid nun mal der einzige Mensch, mit dem ich hier gerne plaudere! Ihr verliert in diesem ganzen Durcheinander wenigstens nicht den Kopf. Aber ich weiß nicht, woran ich bin. Was hat Euer Gemahl Euch denn erzählt?«
Angélique entgegnete der Prinzessin, dass Männer in diplomatischen Angelegenheiten üblicherweise verpflichtet seien, Frauen gegenüber, und ihrer eigenen ganz besonders, Diskretion zu wahren.
»Aber wie es scheint, gilt das nicht für Eure Ehe«, beharrte Mademoiselle.
Angélique spürte, dass sie sehnsüchtig auf ein paar tröstliche Worte hoffte, und da das Zustandekommen der königlichen Hochzeit ohnehin unausweichlich schien, würden diese gewiss nicht schaden.
Also konnte sie auch ein wenig Optimismus und Zuversicht verbreiten und ihr sagen, was sie hören wollte.
Genau wie der Aposentador erklärte sie, dass sie nicht zu den Eingeweihten gehöre. Alles, was sie sagen könne – und sie betonte das Wort »könne« -, war, dass es sich allem Anschein und auch der Ansicht ihres Gemahls nach bloß noch um ein bis zwei Tage, wenn nicht sogar um Stunden handelte. Auf eigene Verantwortung fügte sie hinzu, dass alles von der Bereitschaft der Minister abhinge, aus Rücksicht auf den Stolz des spanischen Königs und der Infantin im Friedensvertrag hier und da ein paar kleinere Streichungen vorzunehmen. Alles hing von der Infantin ab...! Denn seit diese die Schrift auf dem Brief gesehen hatte, den sie nicht hatte lesen dürfen, war abzusehen, dass sie nicht so leicht auf die geplante Hochzeit mit diesem galanten Herrscher verzichten würde und zu gegebener Zeit schon den entscheidenden Schritt zu tun wisse.
»Eine Tochter hat alle Macht über das Herz ihres Vaters!«, stimmte ihr Mademoiselle beruhigt zu.
»Den Äußerungen von Madame de Peyrac nach zu urteilen«, vertraute Mlle. de Montpensier anschließend jedem an, der es hören wollte,
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