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Angélique - Am Hof des Königs

Angélique - Am Hof des Königs

Titel: Angélique - Am Hof des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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sie all jenen schuldete, die ihr dieses Willkommensmahl bereitet hatten.
    Andere hingegen wunderten sich über ihren Appetit, nachdem die junge Königin zuvor bei der Trennung von ihrem Vater solchen Kummer und so große Verzweiflung offenbart hatte, dass ihr Heißhunger und ihre Naschhaftigkeit die Zuschauer nun geradezu schockierten.
    Doch als Angélique davon hörte, konnte sie ihre Reaktion verstehen.
    Erschüttert von dem bewegenden Moment, in dem sie zum ersten Mal französischen Boden betrat, von der Angst, als sie beinahe gezwungen worden wäre, sich von ihrem engsten Gefolge zu trennen, obwohl das nicht den Vereinbarungen entsprach, und von dem schmerzlichen Gefühl, ihren Vater nicht mehr an ihrer Seite zu wissen, hatte Maria Theresia mit einem gesunden Reflex reagiert. Denn wenn eine junge Frau von zwanzig Jahren größter Anspannung ausgesetzt war, gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder brachte sie keinen einzigen Bissen mehr herunter, oder sie sammelte auf die angenehmste Art neue Kräfte, die ihr zur Verfügung stand, nämlich indem sie herzhaft zulangte. So hatte sie den ersten Abend im Kreise ihrer neuen Untertanen und ihrer neuen Familie überstanden. Erst später erfuhr man, dass sie die Abwesenheit von Mademoiselle bedauert hatte.

    Am 8. Juni war es plötzlich für alle an der Zeit, sich Gedanken über die Festkleidung zu machen, die sie am nächsten Tag anziehen wollten.
    Glücklicherweise war es ein freier Tag, der allen die Gelegenheit gab, ihren prächtigsten Putz in Augenschein zu nehmen.
    Die Infantin wurde an diesem Tag zum ersten Mal à la française gekleidet, »was sie mit Geduld und Sanftmut über sich ergehen ließ«. Sie vermisste ihre »guarda infantes«.
    Mademoiselle, die immer wieder auf den Balkon vor ihrem Zimmer hinaustrat, während sie ihre verschiedenen Roben und Trauerschleier anprobierte, erzählte Angélique von einem protokollarischen Zwischenfall, der sich ereignet hatte, als die Aufstellung des Hochzeitszuges geprobt wurde.
    Der Manteau von Königin Maria Theresia endete in einer langen Schleppe, deren abgerundetes Ende unglaublich schwer war. In Anbetracht ihres Ranges gebührte Mademoiselle die Ehre, sie zu tragen, und da ihre robuste Konstitution allseits bekannt war, traf sich diese Lösung wunderbar.
    Doch bald bemerkte man, dass der neuen Königin während der Messe ihre Opfergabe gereicht werden musste und dieses Recht ebenfalls Mlle. de Montpensier zustand. Somit war es ihr unmöglich, Maria Theresias Schleppe zu tragen. Diese Rolle wurde ihren beiden Schwestern übertragen. Da sie jedoch nicht über Mademoiselles Kraft verfügten, stellte man ihnen Mme. de Carignan zur Seite. Der Herzog von Roquelaure erbot sich, die Schleppe der Herzogin von Montpensier zu tragen, aber als man ebenfalls Herzöge wählen wollte, um die Schleppen ihrer Schwestern zu halten, fand sich keiner von ihnen dazu bereit. Sie mussten sich also mit Trägern von niedrigerem Rang begnügen, erklärte Mademoiselle verbittert! Doch sie empfand zärtlichste Dankbarkeit für die Grafen de Sainte-Mesme, de Gondrin und de la Feuillade, die sich spontan erboten hatten, die Schleppen der jungen Prinzessinnen zu tragen.

    Dieser Vorfall hatte sie sehr verletzt.
    »Meine jüngeren Schwestern sind genauso Enkelinnen von Heinrich IV. wie viele andere auch. Ihre Mutter ist eine Prinzessin von Lothringen von höchster Abkunft. Und nun das! Kaum ist Monsieur, Gaston d’Orléans, der Bruder von Ludwig XIII., gestorben, verweigert man ihm selbst und seinen Töchtern die Zuneigung und den Respekt, die man ihm entgegenbrachte, solange er noch am Leben war! Ach, mir ist bewusst, was für ein empfindsamer Mensch er war. Jemanden wie ihn gibt es am Hof nicht mehr. Er konnte sich nicht dazu durchringen, das Zeichen zu einem Mord zu geben, obwohl ihn die Verpflichtungen seines Ranges dazu drängten. Er liebte die Kunst und die Musik. Ich sehe ihn immer noch vor mir, wie er mitten in der Cinq-Mars-Affäre fröhlich vor sich hin pfiff.«
    Sie wischte sich die Tränen aus den Augen.
    »Glaubt mir! Alles hat sich verändert. Ich sehe nur noch oberflächliche, gleichgültige, gierige Menschen um mich herum … Ach, lasst uns nicht länger darüber nachdenken. Kommt, meine Liebe. Das Fest ist noch nicht zu Ende. Ich möchte, dass Ihr mir helft.«
    Jetzt ging es nicht mehr darum, den spanischen Feierlichkeiten als Zuschauerin beizuwohnen. Mademoiselle war sehr gerührt. Für sie war diese Hochzeit ein Familienfest,

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