Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
Vom Netzwerk:
muss man zurück in die Städte. Und das ist gar nicht so einfach, kann ich dir sagen … Wir waren in Tours, Châteaudun. Und irgendwann sind wir dann vor den Toren von Paris gelandet. Wir hatten einen Heidenärger mit den ganzen Häschern und Bütteln, die uns auf den Fersen waren! Wer sich an den Toren erwischen ließ, dem wurden die Augenbrauen und der halbe Bart abrasiert, und dann, ab mein Freund, wieder zurück zu deinem niedergebrannten Bauernhof, zu deinen geplünderten Äckern und zu deinem Schlachtfeld. Vielleicht sperren sie dich auch ins Hôpital Général oder ins Châtelet, wenn sie in deiner Tasche ein Stück Brot finden, das die Bäckersfrau dir gegeben hat, weil ihr nichts anderes übrig blieb. Aber ich habe die richtigen Stellen gefunden, wo man durchschlüpfen konnte: Keller, die von einem Haus zum anderen führen, Abflüsse, die in die Stadtgräben münden, und, weil es Winter war, auch die Boote, die auf der ganzen Länge der Seine von Saint-Cloud bis Paris im Eis feststeckten. Von einem Boot aufs nächste, und los. Eines Nachts sind wir alle wie die Ratten nach Paris eingedrungen...«
    Â»Wie konntest du nur so tief sinken?«, fragte Angélique gedankenverloren.
    Er zuckte zusammen und beugte sich mit zornverzerrter Miene zu ihr hinab.
    Â»Und was ist mit dir?«
    Angélique betrachtete ihr zerrissenes Kleid. Ihr offenes, ungekämmtes Haar stahl sich unter der Leinenhaube hervor, die sie mittlerweile trug wie die Frauen aus dem einfachen Volk.
    Â»Das ist nicht das Gleiche«, sagte sie.
    Nicolas’ Zähne knirschten, und er knurrte wie eine wütende Dogge.

    Â»O doch! Jetzt... jetzt ist es fast das Gleiche. Hörst du mich... du Dirne!«
    Angélique schaute ihn mit einem abwesenden Lächeln an... Er war es wirklich. Sie sah ihn wieder in der Sonne stehen, die große Hand voller Walderdbeeren. Und auf seinem Gesicht lag der gleiche zornige, rachsüchtige Ausdruck... Ja, nach und nach erinnerte sie sich wieder. Genauso hatte er sich vorgebeugt... Er war linkischer gewesen, bäuerlicher, aber schon damals strahlte er in der Süße des Frühlingswäldchens etwas Besonderes aus. Leidenschaftlich wie ein heißblütiges Tier, und trotzdem hatte er die Arme hinter dem Rücken verschränkt, um nicht in Versuchung zu geraten, sie zu packen und ihr Gewalt anzutun.
    Â 
    Â»Eines muss ich dir noch sagen... In meinem Leben hat es immer nur dich gegeben... Ich bin wie etwas, das nicht an seinem Platz ist und immer ziellos umherwandern wird, ohne ihn zu finden... Mein einziger Platz warst du...«
    Â 
    Keine schlechte Liebeserklärung für einen Bauern. Aber in Wahrheit war sein Platz genau der, an dem er jetzt stand, furchterregend und unverschämt: ein Räuberhauptmann in der Hauptstadt Paris...! Der Platz der Taugenichtse, die lieber anderen etwas wegnehmen, als sich selbst für ihren Lebensunterhalt abzurackern. Man hätte es bereits ahnen können, als er damals seine Rinderherde im Stich ließ, um den anderen kleinen Hirten ihr mitgebrachtes Essen zu stibitzen. Und Angélique war seine Komplizin!
    Â 
    Mit einem Ruck richtete sie sich auf und fixierte ihn mit ihrem blaugrünen Blick.
    Â»Ich verbiete dir, mich zu beleidigen. Für dich bin ich nie eine Dirne gewesen. Und jetzt gib mir etwas zu essen. Ich habe Hunger.«

    Plötzlich hatte sie einen Bärenhunger, und ihr Magen krampfte sich so stark zusammen, dass ihr beinahe übel wurde.
    Dieser Angriff schien Nicolas Calembredaine aus der Fassung gebracht zu haben.
    Â»Rühr dich nicht vom Fleck«, sagte er. »Das haben wir gleich.«
    Â 
    Er griff nach einem Metallstab und schlug damit gegen einen kupfernen Gong, der an der Wand funkelte wie eine Sonne. Gleich darauf hörte man das eilige Klappern von Holzschuhen auf der Treppe, und im Türspalt erschien ein verdutzt dreinschauender Mann. Nicolas deutete auf ihn.
    Â»Angélique, das ist Jactance, einer meiner Beutelschneider. Aber vor allem ein grunddämlicher Trottel, der es geschafft hat, sich letzten Monat an den Pranger stellen zu lassen. Also behalte ich ihn erst mal hier und lasse ihn kochen, bis die Kundinnen in den Markthallen sein blödes Gesicht vergessen haben. Dann verpassen wir ihm eine Perücke und ab mit der Schere! Leute, passt auf eure Börsen auf! Was hast du in deinem Kessel, du Faulpelz?«
    Jactance schniefte und fuhr

Weitere Kostenlose Bücher