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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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dabei gackerten wie eine Schar Hühner. Der Klang der Stimmen und die Themen ihrer Unterhaltungen verrieten Angélique, dass die meisten Badegäste selbst von sehr einfachem Stand waren, Dienstmädchen oder Marktweiber etwa, die nach der Messe ins Bad gingen, um dort den neuesten Tratsch zu hören, ehe sie zu ihrer Arbeit eilten.
    Man wies Angélique an, sich auf eine andere Bank zu legen. Nach einer Weile erschien Maître Georges, ohne dass die Frauen auch nur im Mindesten daran Anstoß zu nehmen schienen.
    Er hielt eine Lanzette in der Hand. Hinter ihm kam ein junges Mädchen herein, das einen Korb mit Schröpfköpfen und einem Zunderstab trug.
    Â 
    Angélique protestierte noch heftiger als zuvor.
    Â»Ihr werdet mich nicht zur Ader lassen! Ich habe schon genug
Blut verloren. Seht Ihr denn nicht, dass ich guter Hoffnung bin? Ihr bringt noch mein Kind um!«
    Ungerührt bedeutete ihr der Barbier und Wundarzt, sich umzudrehen.
    Â 
    Â»Sei still, oder ich hole deinen Freund, damit er dir den Hintern versohlt.«
    Entsetzt über die Vorstellung, den Advokaten tatsächlich in dieser Rolle zu erleben, verstummte Angélique und sagte kein Wort mehr.
    Der Barbier ritzte ihren Rücken an drei Stellen mit seinem Messer ein und setzte die Schröpfköpfe an.
    Â»Seht nur das schwarze Blut, das aus ihr herausläuft!«, sagte er entzückt. »So schwarzes Blut in einem so weißen Mädchen, ist das denn die Möglichkeit!«
    Â»Erbarmen, lasst mir noch ein paar Tropfen davon!«, flehte Angélique.
    Â»Ich hätte größte Lust, dich vollständig ausbluten zu lassen«, antwortete der Barbier mit wild rollenden Augen. »Und dann verrate ich dir, wie du deine Adern mit frischem, edlem Blut wieder auffüllen kannst. Ein gutes Glas Rotwein und eine Liebesnacht, das ist es.«
    Nachdem er sie fest verbunden hatte, ließ er endlich von ihr ab. Zwei Mädchen halfen ihr dabei, ihr Haar zu richten und sich wieder anzuziehen. Sie steckte ihnen ein Trinkgeld zu, bei dessen Anblick sie verblüfft die Augen aufrissen.
    Â»He, Marquise«, rief die Jüngere von beiden, »macht dir dein Rechtsverdreher in seiner abgewetzten Jacke so fürstliche Geschenke?«
    Â 
    Eine der alten Frauen stieß sie an, und nach einem forschenden Blick auf Angélique, die auf wackligen Beinen langsam die hölzerne Treppe hinunterstieg, flüsterte sie ihrer Kollegin zu: »Hast
du nicht gemerkt, dass das eine Adlige ist, die ein wenig Abwechslung von ihren langweiligen jungen Herren sucht?«
    Â»Normalerweise verkleiden die sich aber nicht«, widersprach die Erste. »Sie ziehen eine Maske auf, und Maître Georges lässt sie zur Hintertür herein.«
    Â 
    Vorn im Laden traf Angélique auf Desgrez, der sie frisch rasiert und mit geröteter Haut erwartete.
    Â»Jetzt ist sie bereit«, erklärte der Barbier und zwinkerte ihm vielsagend zu. »Aber haltet Euch mit Euren Grobheiten etwas zurück, solange die Wunde an ihrer Schulter noch nicht ganz verheilt ist.«
    Diesmal lachte die junge Frau. Sie war beim besten Willen nicht mehr zu Protest fähig.
    Â»Wie fühlt Ihr Euch?«, wollte Desgrez wissen, als sie wieder draußen vor der Tür standen.
    Â»Schwach wie ein junges Kätzchen«, antwortete Angélique, »aber im Grunde ist das gar nicht so unangenehm. Ich habe das Gefühl, das Leben mit großem Gleichmut zu betrachten. Ich weiß nicht, ob die rabiate Kur des Barbiers wirklich so gesund ist, aber die Nerven beruhigt sie ganz gewiss. Ihr könnt ganz unbesorgt sein, gleichgültig, wie mein Bruder Raymond reagiert, er wird eine bescheidene, fügsame Schwester vor sich sehen.«
    Â»Das ist ja großartig. Ich fürchte jedes Mal, Euer rebellischer Geist könnte erneut aufbegehren. Vielleicht solltet Ihr dem Schwitzbad einen weiteren Besuch abstatten, bevor Ihr das nächste Mal Seiner Majestät gegenübertretet...?«
    Â»Ach«, seufzte Angélique niedergeschlagen, »hätte ich das bloß getan! Es wird kein nächstes Mal geben. Ich werde nie wieder vor Seine Majestät treten.«
    Â»Sagt niemals nie. Das Leben hält viele Überraschungen bereit, und das Rad dreht sich immer weiter.«
    Ein Windstoß löste den Schal, den sie um ihr Haar gebunden
hatte. Desgrez blieb stehen und band ihn behutsam wieder fest.
    Angélique griff nach seinen warmen braunen Händen mit den

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