Angelique Der Gefangene von Notre Dame
könne.
Nachdem Maître Georges den »tapferen Krieger« schlieÃlich seinem Lehrling überlassen hatte, der ihm die Haare waschen sollte, was keine leichte Aufgabe war, wischte er die Klinge des Rasiermessers an seiner Schürze ab und kam mit einem beflissenen Lächeln auf Angélique zu.
»Hä, hä! Ich verstehe. Sie leidet an einer galanten Krankheit,
und du willst, dass ich sie wieder herrichte, ehe du dich ihrer bedienst, du unverbesserlicher Schürzenjäger? Eine VorsichtsmaÃnahme, die ich sehr begrüÃe. Vertrau mir, meine Schöne. Zuerst bekommst du ein anständiges Bad, das kann nicht schaden, ganz gleich, was die Herren Ãrzte behaupten. Dann setzen wir drei Schröpfköpfe an, um das schlechte Blut herauszuziehen, und zu guter Letzt gibt es noch einen Kräuterverband auf die bewusste Stelle, den hübschen Altar der Venus, auf dem Maître Desgrez anschlieÃend unbesorgt sein Opfer darbringen kann.«
»Nein, wir haben ein anderes Anliegen«, entgegnete der Advokat sehr ruhig. »Diese junge Dame wurde verletzt, und ich möchte, dass Ihr ihr ein wenig Linderung verschafft. Und anschlieÃend lasst Ihr ihr ein Bad bereiten.«
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Angélique, die bei den Worten des Barbiers trotz ihrer Blässe errötet war, schämte sich entsetzlich bei der Vorstellung, sich vor diesen beiden Männern auszuziehen. Sie war in ihrem bisherigen Leben immer nur von Frauen umsorgt worden, und da sie nie krank war, hatte sie keine Erfahrung mit den Untersuchungsmethoden der Ãrzte, geschweige denn der Barbiere, die in ihren Läden gleichzeitig als Chirurgen fungierten.
Doch bevor sie noch eine abwehrende Geste machen konnte, hatte Desgrez völlig unbefangen und mit der Fingerfertigkeit eines Mannes, für den die Kleider einer Frau kein Geheimnis mehr bargen, begonnen, ihr Mieder aufzuhaken. Dann löste er den Zugsaum ihres Hemds und lieà dieses an ihren Armen entlang bis zur Taille herabgleiten.
Maître Georges beugte sich vor und hob vorsichtig den Verband aus Salben und zerzupfter Leinwand an, den Mariedje auf den langen Schnitt gelegt hatte, den das Schwert des Chevalier de Lorraine ihr beigebracht hatte.
»Hm!«, brummte der Barbier vor sich hin. »Ich verstehe. Ein galanter Herr war der Ansicht, der verlangte Preis sei zu hoch,
und hat stattdessen mit eiserner Münze bezahlt, wie wir sagen. WeiÃt du denn nicht, dass man ihr Schwert sicher unter dem Bett verstauen soll, bis sie die Börse gezückt haben, Herzchen?«
»Und was sagt Ihr zu der Wunde?«, unterbrach ihn Desgrez, immer noch gleichmütig, während Angélique schlimmste Qualen litt.
»Hm! Hm! Sieht weder gut noch böse aus. Ich sehe da die ranzige Salbe eines ahnungslosen Apothekers. Wir waschen sie ab und tragen stattdessen eine stärkende, erfrischende Mixtur auf.«
Er ging davon und holte eine Dose von einem Regal.
Für Angélique war es eine Tortur, halbnackt in diesem Laden zu sitzen, wo sich der zweifelhafte Geruch der Arzneien mit dem von Seife vermischte.
Ein Kunde kam herein, um sich rasieren zu lassen.
»Was für ein herrlicher Busen«, rief er mit einem Blick auf Angélique. »Warum kann ich den nicht liebkosen, wenn der Mond aufgeht!«
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Sorbonne, der zu FüÃen seines Herrn gelegen hatte, sprang auf ein unmerkliches Zeichen von Desgrez hin auf und schlug dem Neuankömmling die Zähne in den Schritt.
»Auauau! Aua! Weh mir!«, rief der Kunde. »Das ist der Mann mit dem Hund! Dann gehören diese beiden göttlichen Liebesäpfel also dir, Desgrez? Du Teufelskerl!«
»Wenn es Euch nichts ausmacht, Messire«, entgegnete Desgrez ungerührt.
»Dann habe ich nichts gesagt und nichts gesehen. Oh, Messire, vergebt mir und sagt Eurem Hund, er soll meine armen abgewetzten Hosen loslassen.«
Mit einem leisen Pfiff rief Desgrez den Hund zurück.
»Oh, ich will gehen«, sagte Angélique mit zitternden Lippen, während sie unbeholfen versuchte, sich wieder anzuziehen.
Mit festem Griff zwang sie der junge Mann, sich wieder hinzusetzen.
»Spielt hier nicht die Spröde, Närrin«, zischte er grob. »Muss ich Euch an die Maxime der Soldaten erinnern: Krieg ist Krieg. Ihr befindet Euch in einer Schlacht, bei der sowohl das Leben Eures Gemahls als auch Euer eigenes auf dem Spiel stehen. Ihr müsst alles tun, um siegreich daraus hervorzugehen, und jetzt ist nicht
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