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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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geistreichen
Art geschlossen hatte. Und später hatte sie ihrer Schwester noch mehr über diese Madame Scarron erzählt, die sie an jenem Tag begleitet und mit ihnen das Fenster im Hôtel de Beauvais geteilt hatte.
    Sie hatte Angélique die Geschichten über eine der außergewöhnlichsten Gestalten ihrer Provinz in Erinnerung gerufen, jenen mächtigen Adligen aus der großen Familie d’Aubigné, mit dem Madame Scarron angeblich verwandt war.
    Denn eigentlich hieß sie Françoise d’Aubigné. Und Hortense hatte ihre Enthüllung mit den üblichen Kommentaren ergänzt, dass es für diese so schöne und vornehme junge Frau ein Fehler gewesen sei, Scarron zu heiraten, der zwar ein ausgezeichneter Dichter war und aus guter Familie stammte, aber dennoch ein Bürgerlicher blieb, sodass sie durch die Verbindung mit ihm alle Vorteile einbüßte, die mit einer so angesehenen Verwandtschaft einhergingen. Françoise habe vielleicht keine andere Wahl gehabt, fuhr sie fort, da sie keinen Sol Mitgift gehabt habe, die es ihr erlaubt hätte, eine bessere Partie zu finden. In Ermangelung dieser Möglichkeit und statt in ein bescheidenes Kloster einzutreten, das arme Frauen aufnahm, um aus ihnen Laienschwestern zu machen, hatte sie Scarron vorgezogen, obwohl er bereits seit mehreren Jahren verkrüppelt war.
    Das war eine der wenigen Gelegenheiten gewesen, bei denen Angélique und Hortense in der beschaulichen Stille des Hauses im Sprengel Saint-Landry jene alten Geschichten ihrer Provinz wieder aufleben ließen, von denen die Abende in Monteloup erfüllt gewesen waren.
    Agrippa d’Aubigné war ein großer Söldnerführer und Räuberhauptmann in der Gegend von Maillezais gewesen, was ihn schon zu Lebzeiten zu einer Legende dieser Region hatte werden lassen. Darüber hinaus war er der beste Freund und Kampfgefährte von König Heinrich IV. gewesen, dem er seinen Übertritt zum katholischen Glauben niemals verziehen hatte. Unaufhörlich
hatte er in herrlichen Gedichten und harschen Episteln, die er im gesamten Königreich verbreitete, gegen ihn gewettert. Nachdem er sich auf seine sicheren, befestigten Güter zurückgezogen hatte, wo er als unangefochtener Gebieter herrschte, seine Werke druckte und Waffen herstellen ließ, wartete er auf seine Verbündeten aus England, mit denen er das Königreich zurückerobern und im ganzen Land die Reformation durchsetzen wollte.
    Die Tragödie dieses Mannes war sein einziger Sohn Constant gewesen, der Inbegriff eines schlechten Untertanen, der das väterliche Vermögen verprasste und bis über beide Ohren verschuldet war, weshalb er auch immer wieder verhaftet wurde. Er war ein Dieb, der angeblich seine erste Frau und deren Liebhaber umgebracht hatte, ein Hugenotte, der sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, zu konvertieren, um sich auf die Seite des Königs zu schlagen und seinen Vater gegen eine hohe Belohnung zu verraten. Schließlich hatte er seinem Vater Agrippa die Leibgarde abspenstig gemacht, ihn von seinen Gütern in Maillezais und der näheren Umgebung vertrieben und seinen gesamten Besitz an sich gerafft.
    Von den Häschern des Königs gejagt, hatte Agrippa d’Aubigné fliehen müssen und in Genf Zuflucht gesucht, einer protestantischen Stadt, die ihn mit allen Ehren aufgenommen hatte.
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    Françoise hatte sich seit jenen Augusttagen, als sie gemeinsam den herrlichen Umzug angeschaut hatten, nicht verändert. Angélique bemerkte, dass sie immer noch in den gleichen Stoff gekleidet war, der ihre Gestalt elegant umschmeichelte, aber nicht sehr teuer sein konnte. Dazu trug sie einen blütenweißen Kragen und wahrte einen rührenden Eindruck von Schicklichkeit.
    Trotz der Umstände war Angélique froh darüber, mit einer Poitevinerin plaudern zu können, und so bot sie ihr einen Platz am Feuer an und lud sie ein, mit ihr und Florimond ein Oblatenhörnchen zu teilen.

    Madame Scarron erzählte ihr, dass ihr Gemahl gestorben sei.
    Sie war in den Temple gezogen, weil man dort drei Monate bleiben konnte, ohne Miete zahlen zu müssen. Denn bis alle Erbschaftsangelegenheiten geklärt waren, verfügte sie über keinerlei finanzielle Mittel und stand kurz davor, von ihren Gläubigern auf die Straße gesetzt zu werden. Im Laufe dieser drei Monate hoffte sie, den König oder die Königinmutter dazu bewegen zu können, die

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