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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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Skandale zugetragen als in jenen Zeiten, als die höfische Liebe ›die Gesellschaft verfeinerte‹, wie die belesenen Geister sagen, und ganz sicher weniger, als sich heutzutage jeden Abend am Hof und in allen Schenken der Hauptstadt ereignen.«
    Angesichts dieser unverschämten Behauptung verdüsterten
sich die Mienen der Richter. Doch Joffrey de Peyrac hob die Hand und erklärte mit lauter Stimme: »Messieurs, dieses Gericht setzt sich aus königlichen Beamten und Juristen zusammen, und ich weiß sehr wohl, dass Ihr durch Eure makellosen Sitten und die Weisheit Eurer Lebensführung einen der tugendhaftesten Bereiche unserer Gesellschaft darstellt. Zürnt mir nicht wegen einer Äußerung, die auf eine andere Gruppe abzielt als die Eure, und wegen Worten, die Ihr selbst bereits oft genug in der Stille Eures Herzens vor Euch hin gemurmelt habt.«
    Â 
    Diese geschickt in aufrichtigem Ton vorgebrachte Einschränkung brachte die Richter aus dem Konzept, denn insgeheim fühlten sie sich geschmeichelt über diese öffentliche Würdigung ihres ehrenwerten, aber wenig vergnüglichen Daseins.
    Delmas hüstelte und blätterte in seinen Unterlagen.
    Â»Angeblich beherrscht Ihr acht Sprachen.«
    Â»Pico della Mirandola beherrschte im vergangenen Jahrhundert achtzehn, und damals hat niemand angedeutet, Satan persönlich habe sich die Mühe gemacht, sie ihm beizubringen.«
    Â»Außerdem ist erwiesen, dass Ihr Frauen behext habt. Ich möchte einen von Unglück und Ungnade gepeinigten Menschen nicht unnötig demütigen, aber wenn man Euch ansieht, fällt es schwer, zu glauben, dass es lediglich Euer Äußeres war, das auf die Frauen so anziehend wirkte, dass sie sich allein bei Eurem Anblick umbrachten oder in Ekstase gerieten.«
    Â»Man sollte nicht übertreiben«, entgegnete der Graf mit einem bescheidenen Lächeln. »Es haben sich nur diejenigen behexen lassen, wie Ihr es nennt, die gern dazu bereit waren. Und was vereinzelte überspannte Mädchen betrifft, nun, so kennen wir doch alle solche jungen Damen. Das Kloster oder eher noch das Hospital sind die einzigen Orte, in denen sie gut aufgehoben sind, und man darf nicht alle Frauen nach dem Beispiel einiger Närrinnen beurteilen.«

    Delmas setzte eine noch feierlichere Miene auf.
    Â»Kommen wir nun zu Euren ›Liebeshöfen‹ in Toulouse – einer an sich bereits gottlosen Institution, da der Herr gesagt hat: ›Du sollst lieben, um dich fortzupflanzen‹. Es ist allseits bekannt und durch zahlreiche Berichte belegt, dass Ihr während dieser Zusammenkünfte öffentlich die körperliche Liebe verherrlicht habt.«
    Â»Der Herr hat aber niemals gesagt: ›Du sollst dich fortpflanzen wie ein Hund oder eine Hündin‹, und ich wüsste keinen Grund, warum die Unterweisung in der Kunst der Liebe teuflisch sein sollte.«
    Â»Eure Hexenkünste sind es!«
    Â»Wenn ich in den Hexenkünsten wirklich so bewandert wäre, wie Ihr sagt, dann wäre ich doch jetzt sicher nicht hier.«
    Der Richter Bourié sprang auf.
    Â»Bei Euren Liebeshöfen habt Ihr die Missachtung der Gesetze der Kirche gepredigt«, schimpfte er. »Ihr habt behauptet, die Institution der Ehe schade der Liebe und das wahre Verdienst eines Menschen liege nicht in frömmlerischem Getue.«
    Â»Ich mag tatsächlich gesagt haben, dass das Verdienst eines Menschen nicht darin liegt, lediglich nach außen hin frömmlerisch zu tun, wenn man im Gegenzug geizig und herzlos ist. Stattdessen solle ein Mann sich bemühen, fröhlich zu sein, Gedichte zu verfassen und sich als ein geschickter und großzügiger Liebhaber zu erweisen, denn dadurch gefällt er den Frauen. Und wenn ich gesagt habe, dass die Ehe der wahren Liebe schadet, meinte ich damit nicht die von Gott gesegnete Institution, sondern die Tatsache, dass unsere Zeit daraus ein regelrechtes Geschäft gemacht hat, einen widerwärtigen Handel, bei dem die Eltern über Ländereien und Mitgift verhandeln und gelegentlich mit Gewalt und unter Drohungen junge Menschen verbinden, die einander nie zuvor gesehen haben. Durch dieses Vorgehen macht man das geheiligte Prinzip der Ehe zunichte, denn
Eheleuten, die durch solche Ketten aneinandergefesselt wurden, bleibt gar kein anderer Ausweg als die Sünde, um sich davon zu befreien.«
    Â»Jetzt besitzt Ihr auch noch die Frechheit, uns Moral predigen

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